Inhalt der Printausgabe

Die Comedy wird politisch!

Nach Anke Engelkes mutiger Rede beim Eurovision Song Contest gegen das Regime in Baku (»Europe is watching you«) besinnen sich deutsche Comedians wieder auf ihr soziales Gewissen. Und zeigen: Heiterkeit und Engagement müssen sich nicht ausschließen!

Paul Panzer über deutsche Waffenexporte

Freunde! Habt ihr euch schon mal überlegt, wieviel Elend deutsche Waffen in die Welt bringen? Nee, nicht ich – ich heiße zwar Panzer, aber da gibt’s sonst keine Ähnlichkeit, außer daß ich vorne auch so’n langes Rohr habe! Aber ratet mal, wer in den letzten Jahren der beste Kunde unserer Rüstungsindustrie war? Griechenland – richtig! Kein Wunder, daß denen das Wasser jetzt bis in die Nasennebenhöhlen steht. Panzer von Krauss-Maffei Wegmann oder U-Boote aus den Kieler Howaldtswerken muß man sich auch erst mal leisten können, Freunde!

Mario Barth
über
die Kopftuchdebatte
Cindy aus Marzahn über
aktive Sterbehilfe
Atze Schröder
über Beschneidung bei Frauen
Da sagt meine Freundin…Freundin? Kennste? Dat is dat, wat hinterher immer kuscheln will… hähähä. Kuscheln? Kennste, ne? Kennste? Dat is dat, was Mann manchmal machen muß, damit die Alte nicht bockig wird. Alte? Kennste? Dat is meine Freundin. Und die sagt aus heiterem Himmel, warum, weeß ick ooch nich: »Kopptuch, find ick nich jut.« Neeee, findet se nich jut. Weil se dann nicht mehr tausend Euro fürn Frisör ausgeben kann, wa. Hähähä. Warte, dat geht noch weita: Sag ick: »Ich fänd’s jut – kann ich dir ruckzuck es Maul mit stopfen! Hähähä. Damit endlich mal Ruhe ist!« Sagt sie: »Mmmpfmmpf...« Hähähä. Kennste?Bürschchen, seh’ ick so aus, als würde ick jutfinden, wo det Wörtchen »aktiv« drinne steckt? Nee, im Ernst, ick verstehe nicht, weshalb dit in Deutschland tatsächlich noch verboten ist! Dit is wie mit meiner Alzheimerbulimie. Die Ärzte operieren, operieren und operieren, aber verjessen dabei, dit auch mal eener sterben muß, wa? Ick empfehle daher jedem Sterbewilligen, eenmal meen komplettes Programm anzukieken. Danach ist er zumindest mal hirntot.Ich dachte mir letztens: Komm Atze, probier’ mal wat Exotisches, mal wat Curry auf die Wurst! Also ich los und mir so’n kleines Südseeperlchen geangelt. Wir haben uns dann schön bei mir auf’m Tigerflokati lang gemacht, und Freunde, ihr glaubt es nicht! Da erwartet mich da unten dat reinste Trümmerfeld! Das fleischgewordene Fukushima! Ich sach so: »Hömma Täubchen, dat kommt davon, wenn man mit Nadeln sonst nur Puppen piekst!« Also ich erst mal zur Silikonkartusche gegriffen und das ganze fachmännisch verfugt. Schön is wat anderes, aber Entwicklungshilfe fängt spätestens im Bett an.

Dieter Nuhr über Entwicklungshilfe (u.v.m.)

Politisch? War ich doch schon immer. Geben Sie mir ein Thema! Entwicklungshilfe? Entwicklungshilfe. So! Klar! Gibt’s schon lange. Da sagt man sich so: Ooooooch jaaa, müßte sich da nicht langsam mal was entwickeln? So! Aber so sind die Deutschen: Kaum sehen sie Jammerafrikaner, zwingen sie ihre Kinder zum Aufessen. Klar, Hunger ist nicht schön, aber wie manche bei jedem Kindergerippe triumphieren, weil ihre politischen Ansichten bestätigt werden, da muß ich sagen: Das kotzt mich an! Noch eins? Klimawandel! Klar, auch nicht gut, aber wie das manche wieder zum Triumphieren nutzen, das kotzt…

Oliver Polak
über
Betreuungsgeld
Bülent Ceylan
über
Beate Zschäpe
Wuhuu, Betreuungsgeld! Vor siebzig Jahren hieß das Ganze ja noch Mutterkreuz. Kriegte man aber erst ab dem vierten Kind, und wir Juden durften wieder mal nicht mitmachen. Wobei, ohne Witz, ey: Eine jüdische Mutter dafür zu belohnen, daß sie bei ihren Kindern bleibt – das ist ja wie Eulen nach Athen deportieren! Für uns hieß damals Betreuungsgeld: Anne Frank verkauft einem holländischen Arier ihr rosa Kaninchen, dafür darf sie dann im Kinderzimmer bleiben, nee? Kinderzimmer: also abgekürzt KZ. Ohne Scheiß: Für uns Juden war ja Herdprämie, wenn der SS-Mann am Ofen bleiben mußte. »Jude«, darf man das überhaupt noch sagen als Jude? Ajo, die zwei annan Halunke vun de NSU sinn ja leidä schon hinüwwer. Aber die Zschäpe tut noch lebe. Unn isch hab ma gedacht – also mei Vadda is ja Türke, mei Mudda deutsch. Unn mit diesä Kombination von türkischä Blutrache und deutschä Gründlichkeit könnt isch ma vorstelle, daß ma die olle Brillenschlange nachts aus’m Knast nausholt und dann üwwer an paar Taach hinweg langsam in Streife schneidet, würzt und uff an Drehspieß steckt. Whoaaa – des wär escht Rock’n’Roll! Unn des wär dann endlisch ma en eschtä Döner-Mord!

Helge Schneider über Mikrokredite

Ob, wie von Nobelpreisträger Yunus vorgeschlagen, eine Vereinheitlichung der Zinssätze auf Mikrokredite ausreicht, um den Ärmsten der Welt sowohl stabile Märkte als auch Wohlfahrt zu schaffen, sei dahingestellt: Wenn Kleinkreditnehmer aus der Landwirtschaft in den Dienstleistungssektor gedrängt werden, damit der Westen seine Agrarüberschüsse in der Dritten Welt loswerden kann, kann man von Wohltätigkeit bzw. Entwicklungshilfe kaum sprechen – viel eher sollen hier »humane Ökonomien« (David Graeber) dazu gebracht werden, Kapitalismus zu spielen. Fatal.

 

Jožvaj / Tietze / Wolff / Ziegelwagner

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Nachdem wir, »Spiegel«,

Deine Überschrift »Mann steckt sich bei Milchkühen mit Vogelgrippe an« gelesen hatten, müssen wir selbst kurz in ein Fieberdelirium verfallen sein. Auf einmal waberte da Schlagzeile nach Schlagzeile vor unseren Augen vorbei: »Affe steckt sich bei Vögeln mit Rinderwahnsinn an«, »Vogel steckt sich bei Mann mit Affenpocken an«, »Rind steckt sich bei Hund mit Katzenschnupfen an«, »Katze steckt sich bei Krebs mit Schweinepest an« und »Wasser steckt sich bei Feuer mit Windpocken an«.

Stecken sich auf den Schreck erst mal eine an:

Deine Tierfreund/innen von Titanic

 Du, »MDR«,

gehst mit einer Unterlassungserklärung gegen die sächsische Linke vor, weil die im Wahlkampf gegen die Schließung von Kliniken plakatiert: »In aller Freundschaft: Jede Klinik zählt.« Nun drohen juristische Scharmützel nebst entsprechenden Kosten für beide Seiten. Wie wäre es, wenn die Linke ihr Plakat zurückzieht und im Gegenzug nur eine einzige Klinik schließt? Die Ersparnisse dürften gewaltig sein, wenn die Sachsenklinik erst mal dichtgemacht hat.

Vorschlag zur Güte von Deinen Sparfüchsen von Titanic

 Wie kommt’s, »Krautreporter«?

In einem Artikel zum Thema »Konkurrenz im Job« stellst Du die These auf: »Konkurrenz ist nicht so verpönt wie ihr Ruf.« Aber warum? Was hat der Ruf der Konkurrenz denn bitte verbrochen? Womit hat er seinem Renommee so geschadet, dass er jetzt sogar ein schlechteres Image hat als die Konkurrenz selbst? Und weshalb verteidigst Du in Deinem Artikel dann nur die Konkurrenz und nicht ihren Ruf, der es doch viel nötiger hätte?

Ruft Dir fragend zu:

Deine genau im gleichen Ausmaß wie ihr Ruf verpönte Titanic

 Mmmh, Futterparadies Frankfurt a. M.!

Du spielst in einem Feinschmecker-Ranking, das die Dichte der Michelin-Sterne-Restaurants großer Städte verglichen hat, international ganz oben mit: »Laut einer Studie des renommierten Gourmet-Magazins Chef’s Pencil teilen sich in der hessischen Metropole 77 307 Einwohner ein Sterne-Restaurant.«

Aber, mal ehrlich, Frankfurt: Sind das dann überhaupt noch echte Gourmet-Tempel für uns anspruchsvolle Genießer/innen? Wird dort wirklich noch köstlichste Haute Cuisine der allerersten Kajüte serviert?

Uns klingt das nämlich viel eher nach monströsen Werkskantinen mit übelster Massenabfertigung!

Rümpft blasiert die Nase: die Kombüsenbesatzung der Titanic

 Also echt, Hollywood-Schauspieler Kevin Bacon!

»Wie wäre es eigentlich, wenn mich niemand kennen würde?« Unter diesem Motto verbrachten Sie mit falschen Zähnen, künstlicher Nase und fingerdicken Brillengläsern einen Tag in einem Einkaufszentrum nahe Los Angeles, um Ihre Erfahrungen als Nobody anschließend in der Vanity Fair breitzutreten.

Die Leute hätten sich einfach an Ihnen vorbeigedrängelt, und niemand habe »Ich liebe Dich!« zu Ihnen gesagt. Als Sie dann auch noch in der Schlange stehen mussten, um »einen verdammten Kaffee zu kaufen«, sei Ihnen schlagartig bewusst geworden: »Das ist scheiße. Ich will wieder berühmt sein.«

Das ist doch mal eine Erkenntnis, Bacon! Aber war der Grund für Ihre Aktion am Ende nicht doch ein anderer? Hatten Sie vielleicht einfach nur Angst, in die Mall zu gehen und als vermeintlicher Superstar von völlig gleichgültigen Kalifornier/innen nicht erkannt zu werden?

Fand Sie nicht umsonst in »Unsichtbare Gefahr« am besten: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Unübliche Gentrifizierung

Zu Beginn war ich sehr irritiert, als mich der Vermieter kurz vor meinem Auszug aufforderte, die Bohr- und Dübellöcher in den Wänden auf keinen Fall zu füllen bzw. zu schließen. Erst recht, als er mich zusätzlich darum bat, weitere Löcher zu bohren. Spätestens, als ein paar Tage darauf Handwerkerinnen begannen, kiloweise Holzschnitzel und Tannenzapfen auf meinen Böden zu verteilen, wurde mir jedoch klar: Aus meiner Wohnung wird ein Insektenhotel!

Ronnie Zumbühl

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

 Beim Aufräumen in der Küche

Zu mir selbst: Nicht nur Roger Willemsen fehlt. Auch der Korkenzieher.

Uwe Becker

 Krasse Segregation

Wer bestimmten Gruppen zugehört, wird auf dem Wohnungsmarkt strukturell diskriminiert. Viele Alleinstehende suchen händeringend nach einer Drei- oder Vierzimmerwohnung, müssen aber feststellen: Für sie ist dieses Land ein gnadenloser Apartmentstaat, vor allem in den Großstädten!

Mark-Stefan Tietze

 Dialog auf Augenhöhe

Zu meinen Aufgaben als Marketingexperte in einem modernen Dienstleistungsunternehmen gehört es unter anderem, unzufriedene Kunden zu beschwichtigen. Vor kurzem beschwerte sich einer von ihnen darüber, dass wir in unseren Texten immer dieselben Bausteine verwenden. Die Mail ließ mich ganz irritiert zurück. Ein Glück, dass wir für genau solche Anfragen gleich fertige Antworten haben.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster