TITANIC Gold-Artikel

Corona-Traumreise

Corona macht viele Ferienpläne zunichte. Zeit, umzudisponieren! Wir zeigen Ihnen, wie Sie trotzdem verreisen können – mit der Kraft Ihrer Gedanken. Das funktioniert ganz einfach: Legen Sie Ihren Kopf auf den Tisch, geben Sie diesen Text an Ihre vorgesehene Reisebegleitung weiter, bitten Sie sie, vorzulesen, und schließen Sie die Augen. Magisch, was jetzt passiert: es ist wie ein Podcast, aber in echt!



Italien

Sie stehen auf einer riesigen piazza, die von hübschen palazzi umsäumt ist. In Ihrer einen Hand halten Sie eine Kugel gelato in der Waffel, in der anderen ein Glas mit viño rojo. Um Ihren Hals schält sich die verbrannte Haut san pellegrino. Ihre niños sind bei dem Versuch, Münzen aus einer fontana zu fischen, glatt dort hineingefallen und geben seit einigen Minuten keinen Laut mehr von sich. Der marido ist auch nicht mehr da, seitdem ihn einer dieser Ausländer in seinem ferrari probesitzen ließ. Was soll’s! Sie genießen die Ruhe - endlich. Darauf erstmal eine paella! Mit ordentlich Zaziki und einem großen Schuss Ballotelli. Smacznego und おいしい!___STEADY_PAYWALL___

Altersheim

Die Augen sind geschlossen, doch der Uringeruch steigt Ihnen in die Nase, als hätte Windel-Wilhelmine (94) gerade erst den Aufzug verlassen. Vereint mit den restlichen todgeweihten Pupsen ergibt diese olfaktorische Hochzeit den wohlbekannten, staubig-sauer-süßlichen Mief, für den man Seniorenresidenzen nur lieben kann. Augen auf! Sie sind auf der Fahrt ins Stockwerk sieben, wo der Großvater sich gerade auf einer Reise ins oberste aller Stockwerke befindet. Oder ganz nach unten, je nachdem, wie ernst das jüngste Gericht das mit den Juden nimmt. Na ja, Hauptsache den Enkeln geht es gut.

Fußballstadion

Halbnackte Körper reiben sich an den Ihren, gemeinsam brüllen Sie etwas, was wohl der Ursprache des Menschen näher kommt als jedes Affengrunzen. Unten schießt ein Millionär mit Nazifrisur fast ein Tor, Männertränen mischen sich unter den Schweiß der Menge. Es ist schon viel zu lange her, dass Sie jemanden grundlos verprügelt haben, der nicht Ihre Frau ist. Doch jetzt haben Sie Pause von Schreibtischjob und Ehekrach, das Testosteron pulsiert in Hirn und Glied. Sie erheben die Hand mit dem Molotovcocktail und schleudern ihn in Richtung Familien-Block. Papa wäre stolz.

Thailand

Einsamkeit ist vielleicht ein abstraktes Konzept, aber wir machen es für Sie erlebbar. Sie fliegen. Genauer: Sie sitzen in einem Flugzeug des Reiseunternehmens Tui, Mittelplatz, rechts und links zwei andere Männer mittleren, allerdings unbestimmbaren Alters zwischen 40 und 60. Sie alle drei blicken Ihrer Zeit im thailändischen Khao Lak entgegen, wo Mädchen auf Sie warten, die Ihre Töchter sein könnten, hätte Susi Sie nur nicht für Klaus verlassen. Sie blicken Ihre stummen Mitreisenden an und spiegeln sich in ihren leeren, aber geilen und mit Schweiß gefüllten Augen, der den Hawaii-Hemden-Trägern von der Stirn tropft. Gemeinsam alleine.

Australien

Du hast dein Abi in der Tasche, also das Zeugnis, in der Hosentasche, immer, weil, man weiß ja nie, die Welt ist groß und du bist voll crazy, aber echt! Zeit für deinen postpubertären Körper, damit die Welt zu erkunden. Vielleicht könnte ja jemand in der Surfschule, in der du gerade aus welchem Grund auch immer (du verstehst ihren Akzent nicht, drongo!) jeden Tag zehn Stunden lang Unterhosen bügeln musst, überraschenderweise nach deinen Qualifikationen fragen, und dann könntest du sagen, Feldhockey, 12 Punkte, Algebra, 11 Punkte mündlich, Immunsystem der Giraffe, 9 Punkte, aber war aufgeregt an dem Tag, leider.

Rock of the Desert Wind Park Ring

Kotze, Kotze, überall nur Kotze! Hatte der eine da, von der Cousine vom coolen Marco, auf dem T-Shirt, vor zehn Jahren, als es hier noch richtig wild und crazy war. Erzählt Ihnen gerade zum dritten Mal irgendein Typ mit Rasta-Locken und einem bunten Fahrrad, der seine erste eigene CD verkaufen will. Seine Augen leuchten. Ihre Augen starren auf einen Handybildschirm, ihr Mund gluckert Bier in den Magen, seit Stunden geht das so. In den anderen “Zelten” genau das Gleiche. Warum sind wir nochmal hergefahren? Hrrgh, jetzt kommt was, würg, würg, war wohl doch zu viel Bier? Oder bloß ein Anruf von Mutti? Oder beides?

Schulz/Stille

 

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gesundheit, Thomas Gottschalk!

In Ihrem Podcast »Die Supernasen« echauffierten Sie sich mit einem fast schon dialektischen Satz zu Ihrer eigenen Arbeitsmoral über die vermeintlich arbeitsscheuen jungen Leute: »Es gab für mich nie eine Frage – ich war nie in meinem Leben krank, wenn ich im Radio oder im Fernsehen aufgetreten bin. Ich habe oft mit Schniefnase irgendwas erzählt.«

Das hat bei uns zu einigen Anschlussfragen geführt: Wenn Sie »nicht krank«, aber mit Schniefnase und im Wick-Medinait-Delirium vor einem Millionenpublikum zusammenhanglose Wortfetzen aneinandergereiht haben – war das nicht eine viel dreistere, weil höher bezahlte Form der Arbeitsverweigerung als eine Krankmeldung?

Wünscht Ihnen nachträglich gute Besserung: Titanic

 Diese Steilvorlage, Kristina Dunz (»Redaktionsnetzwerk Deutschland«),

wollten Sie nicht liegenlassen. Die Fußballnation hatte sich gerade mit der EM-Viertelfinalniederlage gegen Spanien angefreundet, der verlorene Titel schien durch kollektive Berauschtheit an der eigenen vermeintlich weltoffenen Gastgeberleistung sowie durch die Aussicht auf vier Jahre passiv-aggressives Gemecker über die selbstverständlich indiskutable Schiedsrichterleistung (»Klarer Handelfmeter!«) mehr als wiedergutgemacht, da wussten Sie einen draufzusetzen. Denn wie es Trainer Julian Nagelsmann verstanden habe, »eine sowohl fußballerisch als auch mental starke National-Elf zu bilden«, die »zupackt und verbindet«, hinter der sich »Menschen versammeln« können und der auch »ausländische Fans Respekt zollen«, und zwar »auf Deutsch« – das traf genau die richtige Mischung aus von sich selbst berauschter Pseudobescheidenheit und nationaler Erlösungsfantasie, die eigentlich bei bundespräsidialen Gratulationsreden fällig wird, auf die wir dank des Ausscheidens der Mannschaft aber sonst hätten verzichten müssen.

Versammelt sich lieber vorm Tresen als hinter elf Deppen: Titanic

 So ist es, Franz Müntefering!

So ist es, Franz Müntefering!

Sie sind nun auch schon 84 Jahre alt und sagten zum Deutschlandfunk, Ältere wie Sie hätten noch erlebt, wozu übertriebener Nationalismus führe. Nämlich zu Bomben, Toten und Hunger. Ganz anders natürlich als nicht übertriebener Nationalismus! Der führt bekanntlich lediglich zur Einhaltung des Zweiprozentziels, zu geschlossenen Grenzen und Hunger. Ein wichtiger Unterschied!

Findet

Ihre Titanic

 Mahlzeit, Erling Haaland!

Mahlzeit, Erling Haaland!

Zur Fußballeuropameisterschaft der Herren machte erneut die Schlagzeile die Runde, dass Sie Ihren sportlichen Erfolg Ihrer Ernährung verdankten, die vor allem aus Kuhherzen und -lebern und einem »Getränk aus Milch, Grünkohl und Spinat« besteht.

»Würg!« mögen die meisten denken, wenn sie das hören. Doch kann ein Fußballer von Weltrang wie Sie sich gewiss einen persönlichen Spitzenkoch leisten, der die nötige Variation in den Speiseplan bringt: morgens Porridge aus Baby-Kuhherzen in Grünkohl-Spinat-Milch, mittags Burger aus einem Kuhleber-Patty und zwei Kuhherzenhälften und Spinat-Grünkohl-Eiscreme zum Nachtisch, abends Eintopf aus Kuhherzen, Kuhleber, Spi… na ja, Sie wissen schon!

Bon appétit wünscht Titanic

 Du wiederum, »Spiegel«,

bleibst in der NBA, der Basketball-Profiliga der Männer in den USA, am Ball und berichtest über die Vertragsverlängerung des Superstars LeBron James. »Neuer Lakers-Vertrag – LeBron James verzichtet offenbar auf Spitzengehalt«, vermeldest Du aufgeregt.

Entsetzt, Spiegel, müssen wir feststellen, dass unsere Vorstellung von einem guten Einkommen offenbar um einiges weiter von der Deiner Redakteur/innen entfernt ist als bislang gedacht. Andere Angebote hin oder her: 93 Millionen Euro für zwei Jahre Bällewerfen hätten wir jetzt schon unter »Spitzengehalt« eingeordnet. Reichtum ist wohl tatsächlich eine Frage der Perspektive.

Arm, aber sexy: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Verabschiedungsrituale

Wie sich verabschieden in größerer Runde, ohne dass es ewig dauert? Ich halte es so: Anstatt einen unhöflichen »Polnischen« zu machen, klopfe ich auf den Tisch und sage: »Ich klopf mal, ne?«. Weil mir das dann doch etwas unwürdig erscheint, klopfe ich im Anschluss noch mal bei jeder Person einzeln. Dann umarme ich alle noch mal, zumindest die, die ich gut kenne. Den Rest küsse ich vor lauter Verunsicherung auf den Mund, manchmal auch mit Zunge. Nach gut zwanzig Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und ich verpasse meine Bahn.

Leo Riegel

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

 Claims texten, die im Kopf bleiben

Ist »Preissturz bei Treppenliften« wirklich eine gute Catchphrase?

Miriam Wurster

 Unübliche Gentrifizierung

Zu Beginn war ich sehr irritiert, als mich der Vermieter kurz vor meinem Auszug aufforderte, die Bohr- und Dübellöcher in den Wänden auf keinen Fall zu füllen bzw. zu schließen. Erst recht, als er mich zusätzlich darum bat, weitere Löcher zu bohren. Spätestens, als ein paar Tage darauf Handwerkerinnen begannen, kiloweise Holzschnitzel und Tannenzapfen auf meinen Böden zu verteilen, wurde mir jedoch klar: Aus meiner Wohnung wird ein Insektenhotel!

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster