TITANIC Gold-Artikel
Batman im Ruhestand. Auf Besuch zum 80. Geburtstag
Durch edelste Selbstjustiz brachte er Superschurken zur Strecke und rettete Gotham City vor dem Bösen: Batman, der philanthropischste Geldsack seit Bill Gates. Nun feiert der „Dunkle Ritter“, der sich längst aus dem aktiven Superhelden-Geschäft zurückgezogen hat, seinen 80. Geburtstag. Was macht er in der Rente? Ist Batman schon bat-lägerig? Einblicke in den Lebensabend der „Kreatur der Nacht“
Gotham City Vorstadt, Kleingartenverein „Poison Ivy“. Ein Mann im beige-grauen Fledermauskostüm, weißen Socken und gelben Crocs gräbt gerade um. „Bat-Beet“ steht auf dem Schild über der Gartenparzelle. Früher kämpfte er gegen Superschurken wie Pinguin, Joker oder Two-Face, heute gegen Unkraut. Batman hält inne, wischt sich den Schweiß von der Maske und schnauft in tiefen, röchelnden Atemzügen. Plötzlich ein Flutlicht auf den Radieschen: „Ha, das Bat-Signal!“, ruft er energisch. Kraft und Energie scheinen im Superhelden außer Dienst zu erwachen. „Das schickt uns Robin. Es ist Zeit - für Kaffee und Kuchen.“ Er verstaut den Bat-Spaten in seinem Gürtel, wuchtet sich ins „Bat-Leichtmobil“ und brettert mit rund 5 km/h hin zu einer Gartenhütte.
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„Heilige Prostatavergrößerung, Batman, schnell! Der Kaffee wird kalt.“ Robin hat trotz seinen Falten, den Altersflecken und dem Rollator nichts von seinem jugendlichen Elan verloren. Der Tisch ist gedeckt. Das dynamische Duo sitzt in gemütlichen Gartenmöbeln und genießt die laue Frühjahrsluft, die sanft durch die beiden knittrigen Capes weht.

Batmans Leben hat sich im Ruhestand radikal verändert. Am Pensionierungsschock schrammte der „Dark Knight“ nur knapp vorbei. Robin war ihm dabei eine große Hilfe. „Der hat mir mal ordentlich den Kopf gewaschen. Was echt schon nötig war - meine Haare sahen furchtbar aus. Dann hat er mir klar gemacht, dass ich immens reich bin und mir kaufen kann, was immer ich will.“ So begann Batman in der Rente seltene Türmatten und antike Schnitzarbeiten zu sammeln, machte den Bootsschein und kaufte sich eine kleine Südseeinsel. Die berühmte Bat-Höhle baute er in einen Weinkeller um. „Ich konnte da unten ohnehin nicht lange ausharren. Viel zu feucht und kalt, furchtbar für mein Rheuma.“ Doch vor allem der kleine Garten ist Mittel- und Ruhepunkt seines Lebens. „Wenn ich Aufregung will, dann guck ich am Sonntag Tatort.“
Für seine 80 Jahre ist Batman immer noch topfit, nur die Bauchmuskeln sind lediglich auf das Kostüm aufgemalt. Das Berufsleben als Superheld hat aber Spuren hinterlassen. „Die ganze Weltretterei geht ziemlich auf den Rücken. Da erschlägt man einmal einen Gangster ergonomisch falsch und schon muss man fünfmal zur Shiatsu-Massage, bis man sich endlich wieder ohne Schmerzen aus einem fliegenden Helikopter auf ein Hochhausdach abseilen kann. Also: Augen auf bei der Berufswahl.“ Der frühe Verlust seiner Eltern – vor seinen Augen von einem Straßenräuber erschossen – hatte ihn damals in die Superhelderei getrieben. Der Waise Wayne musste wählen zwischen Psychotherapie oder exzentrischer Sublimierung in einem Latexkostüm. „Und ich würde mich immer wieder für das Kostüm entscheiden“, sagt Batman mit neurotischem Zucken in den Augen.

Plötzlich eine Explosion. Die Erde wackelt, der Kaffee schwappt über, Robin rutscht von seinem ergonomischen Sitzkissen. „Heilige Arthritis, Batman! Jemand hat unseren Kopfsalat in die Luft gesprengt!“ Grüne Fetzen regnen auf Batmans Haupt.
„Es gibt nur einen, der zu so einer kranken Schreckenstat fähig ist.“
„Du meinst doch nicht etwa …“
„Doch, Robin: der Schreckliche Schrebergärtner, die schärfste Zwiebel im Gewächshaus des Verbrechens, hat wieder zugeschlagen. Wir müssen ihm sofort das Handwerk legen. Komm, Robin!“
Doch als sich die zwei energisch aus den Gartenmöbeln hochhangeln, ist es schon zu spät. Ein Mann mit Strohhut, grüner Latzhose und Gießkannen statt Händen lässt sein düsteres Gelächter über den Kleingarten schallen. „Nicht so schnell, Batman! Ich habe eine Vitaminbombe in deinem Rhabarber-Beet vergraben. Sobald ich bis drei gezählt habe, werde ich sie hochgehen lassen und damit den ganzen Kleingarten samt euch in fruchtbaren Humus verwandeln.“
„Bevor du das tust, sag mir noch eines, Schrecklicher Schrebergärtner: Warum? Warum das alles?“
„Hast du tatsächlich geglaubt, Batman, ich lasse mich von dir im Wettbewerb ‚Schönste Blumenbouqet-Gestaltung 2019‘ bei der Gartenmesse derart deklassieren, und es hat keine Konsequenzen? Ich zähle bis drei und dann hat diese Idylle ein Ende. Eins …“
„Wenn ich dir ein Zeichen gebe“, flüstert Batman heimlich seinem treuen Toyboy Robin zu, „wirfst du mir das Anti-Bomben-Spray zu.“
Listig wendet er sich seinem Erzfeind zu:
„Aber Schrecklicher Schrebergärtner, hast du dabei nicht eines vergessen?“
„Zwei … Was denn, Batman?“
„Robin, jetzt!“
Batman schreckt hoch. Er ist wohl wieder kurz eingenickt und hat geträumt. Am Nachmittag wird er immer so müde.

Kann er sich vorstellen, im Fall der Fälle noch einmal auszurücken und die Welt zu retten? „Auf keinen Fall“, winkt er ab, „das sollen jetzt die jungen Leute erledigen, Leute wie diese Greta. Ich bin damit durch. Heute würde ich nicht mal mehr einer alten Frau über die Straße helfen, wenn ihr Leben davon abhinge“, lacht die Fledermaus, erhebt sich und holt die Bat-Bazooka aus dem Gürtel. „So, entschuldigt mich, die Maulwürfe töten sich nicht von allein.“
Jürgen Miedl