Vom Fachmann für Kenner | Januar 2016


Once in a lifetime

Gestern hatte ich diesen Moment mit meinem Kaninchen. Wir sahen uns lange in die Augen und auf einmal erschien mir seine Nacktheit so unendlich obszön, daß ich mir nicht anders zu helfen wußte, als mich ebenfalls zu entkleiden.

Teja Fischer

Das Gehirn ist ein Genie

Immer wieder unglaublich faszinierend, zu erleben, wie alles zusammenhängt: Ein Gitarrist, den ich seit Jahrzehnten kenne, schenkte mir eine CD mit einer Aufnahme von ihm und seiner Band live in Fresno. Fresno ist spanisch und heißt Esche – ich wohne im Eschenweg. Fresno liegt in Kalifornien. Das ist einer von 50 US-Staaten. Ich wohne im Haus Nummer 50. In Fresno ist Sam Peckinpah geboren und der hat meinen Lieblingsfilm gedreht. In dem Film spielt einer mit, bei dem ich immer an einen Bekannten denken muß, der mal was mit der Schwester des Gitarristen hatte, deren Name die weibliche Form des Namens einer meiner Freunde ist, der am 19. März Geburtstag hat. Und siehe: Die maximale Durchschnittstemperatur in Fresno beträgt im März fast genau 19 Grad. Bei solchen Verknüpfungen kann einem doch einfach nur schwindlig werden, oder nicht?

Karsten Wollny

Keine Regel ohne Ausnahme

Diese Aussage meiner Freundin zwei Wochen nach einem geplatzten Kondom konnte mich leider auch nicht wirklich beruhigen.

Ernst Jordan

Die Entstehung des Lebensratgebers

»Meine Weltanschauung ist ganz einfach und läßt sich in einem einzigen Satz zusammenfassen.« – »Warum schreiben Sie dann kein Buch darüber?«

Sebastian Klug

Inhuman

Den unerbittlichen, ja unmenschlichen Charakter der Marktwirtschaft erkennt man auch daran, daß die Installationsfirmen Elektro Lips (Erfurt) und Elektro Kuss (auch Erfurt) seit Jahren nicht zueinanderfinden.

Melanie Weiß

Ostalgie 2.0

Beim Fernsehen gerate ich oft in DDR-Erinnerungsdokumentationen. Inzwischen ist mir diese Vergangenheit so vertraut, daß ich immer mehr davon überzeugt bin, in der Ostzone aufgewachsen zu sein.

Miriam Wurster

Tod eines sehr faulen Mannes

»Hilfe, ich will nicht schwimmen!«

Elias Hauck

Läuft

In der Straßenbahn saß ich letztens einer Frau und ihrer vielleicht fünfjährigen Tochter gegenüber. Die Kleine hatte erkennbar Schnupfen und zog in regelmäßigen Abständen, für ihr Umfeld klar vernehmlich, ihre Nase hoch. Die Mutter, der diese Angewohnheit ihrer Tochter in der Öffentlichkeit mehr als peinlich war, drängte: »Paula, deine Nase läuft!« Der kleine Rotzlöffel fuhr sich daraufhin mit dem Unterarm ein paar Mal über die Nase und entgegnete schlagfertig: »Jetzt läuft mein Ärmel!«

Matthias Stangel

Platon

hat die Gentechnik erfunden. Lange vor den nationalsozialistischen Lebensborn-Recken entwickelte er ein System zur Züchtung des besten menschlichen Genmaterials: »Nach unseren Ergebnissen müssen die besten Männer mit den besten Frauen möglichst oft zusammenkommen, umgekehrt die schwächsten am wenigsten oft; die Kinder der einen muß man aufziehen, die anderen nicht, wenn die Herde möglichst auf der Höhe bleiben soll. Das alles muß aber geheim bleiben.« Und der Depp, dem er all das erklärte, antwortete stets »Sehr richtig«, »Ganz gewiß«, »Ja«. Ich versuch’s auch mal: »Sind wir uns nicht einig, daß Philosophen, die menschenverachtende Schriften verfassen, aufs tiefste zu verdammen sind?« – »Das sind wir.« – »Und sollten sie nicht, wenn sie der Sklaverei das Wort reden und Privilegien für eine Elite fordern und jegliche Veränderung ablehnen, ewig geächtet werden?« – »Das sollten sie.« – »An wen aber sollen sich die Menschen richten, wenn sie etwas über die richtige Staatslenkung erfahren wollen?« – »Nenne du mir einen Namen!«

Ludger Fischer

Ein bohrendes Problem

Seit kurzem gibt es in Hamburg einen speziellen Zahnarzt für Menschen mit übergroßer Zahnarztangst. Und super, schon die Praxisräume lösen Ängste. Eine ganz normale Altbauwohnung. Keine Wandbanderolen in frischen Grüntönen, keine kunstvollen Zahnwurzel-Silhouetten, kein Miró, kein Kandinsky und kein einziger Kunstdruck von Rosina Wachtmeister, deren Goldpapier-Katzen einen hämisch angrinsen. Es soll Menschen geben, die ihre Zahnarztphobie allein aufgrund dieser Wachtmeister-Katzen haben.

Ella Carina Werner

Baby-Mass-Index

Ein bißchen schräg finde ich es ja schon, dieses permanente Gerede der Boulevardblätter vom »Abnehmen nach der Geburt«, wenn nicht gar der »Traumfigur nach der Geburt«. Man sollte so ein Baby doch einfach Baby sein lassen, auch wenn die naturgemäß nun mal immer etwas speckig aussehen.

Fabian Lichter

Später Erfolg

Ein bereits angejahrter, allseits bekannter Schriftsteller beschäftigt ein kleines Heer junger Damen, die ihm Kaffee kochen, Korrektur lesen, allgemein zur Hand gehen. Meine Freundin schmiß den Job bereits am ersten Arbeitstag hin. Der greise Lustmolch hätte nämlich etwas getan, was sie sich von seinem Werk immer vergeblich erhofft habe: sie berührt.

Markus Riexinger

In Zungen

Vor ein paar Tagen zappte ich zufällig in die BR-Soap »Dahoam is dahoam«, als eine Frau gerade den Satz sagen mußte: »Sascha, i bin kaa guate Schauspielerin und i bin’s a nie g’wesen!« Drehbuchautoren können manchmal ganz schöne Arschlöcher sein.

Dominik Bauer

Zielorientierte Solidarität

Ich saß in meinem Lieblingscafé in Dresden, da stellte sich den beiden Mittzwanzigern am Nebentisch eine Dame gleichen Alters für einen Arbeitsplatz vor. Sogleich erfuhr ich, daß sie die achte Klasse übersprungen hat – und in den nächsten beiden Stunden sämtliche von ihr absolvierten Karrierestufen, investierten Motivationen und verarbeiteten Fehlschläge. Sowie Privates jenseits der üblichen Schamgrenzen-Überschreitung. Ich empfand Mitgefühl: Für welch einen Job ließ sie sich bloß dermaßen entrechten? Es ging natürlich um eine Gewerkschaftskarriere.

Michael Höfler

Alles muß raus

Beim Ausräumen der Wohnung meiner wegen fortgeschrittener Demenz ins Pflegeheim verpflanzten Mutter wurde mir klar: Der letzte Schrank hat keine Tassen.

Christopher Sindt

Aromatisch

Ich heize mit Teebeuteln.

Adrian Schulz

Deep Impact

Für den Fall, daß sich außerirdische Wissenschaftler in 65 Millionen Jahren einmal fragen sollten, warum die menschliche Rasse ausgestorben ist, habe ich hinter dem Haus einen USB-Stick vergraben. Darauf: ein Foto vom Kinderzimmer meines 14jährigen Sohns.

Daniel Sibbe

2-Sitzer

Es ist allgemein bekannt, daß Sportwagenfahrer eher selten defensiv am Straßenverkehr teilnehmen, aber die Besitzer von Porsche-Boxstern fahren besonders rücksitzlos.

Ingo Krämer

Selfie-Hashtags 2016

#Helfie für Selbstportraits bei karitativen Tätigkeiten.

#Bellfie für Selbstportraits mit Hunden.

#Ellfie für Selbstportraits mit Ellenbogen.

#Schnellfie für Selbstportraits in Bewegung.

#Sellfie für Selbstportraits beim Verkaufen von Dingen.

#Hellfie für Selbstportraits mit dem Teufel.

#Yellfie für Selbstportraits mit hysterischen Fans.

#Grellfie für überbelichtete Selbstportraits.

#Shellfie für Selbstportraits an der Tankstelle.

#Melfie für Selbstportraits mit Melanie.

#Tellfie für Selbstportraits mit Apfel auf dem Kopf.

#Fellfie für Selbstportraits mit puscheligen Tieren.

#Zellfie für Selbstportraits mit Beate Zschäpe, DFB- oder FIFA-Funktionären.

Christian Kroll

Pyrrhus, wer?

Diesmal hatte ich die Mühe nicht gescheut und Einspruch gegen den Strafzettel über 10 Euro eingelegt. In freudiger Erwartung öffnete ich so auch den Brief, der mir eine Woche später ins Haus flatterte, und nun sitze ich mit einem siegestrunkenen Grinsen vor dem Rechner und begleiche die Gebühren für das erfolgreich eingestellte Ordnungswidrigkeitsverfahren in Höhe von 23,50 Euro. Ha, nimm das, System!

Sebastian Birlinger

Haare

Was man nicht am Körper hat, hat man auf dem Badezimmerfußboden.

Julia Mateus

Liebesgeschichtlein

Was ich Ende November auf dem Rückweg vom Einkaufen zwischen Brachwiese und Straßenbahnhaltestelle am klaren Abendhimmel sah, hätte ein melancholisch gestimmter Lichtenberg womöglich so beschrieben: Zwei Sterne, die auseinanderstreben, weil einer von ihnen ein Flugzeug ist.

Theodor Treidler

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.05.2024 Wien, Rabenhoftheater Max Goldt
23.05.2024 Bielefeld, Theaterlabor Max Goldt
24.05.2024 Dresden, Buchladen Tante Leuk Thomas Gsella
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »POLO«