Vom Fachmann für Kenner | Oktober 2014


Gutes Gefühl

Thermalbäder sind wirklich ein Jungbrunnen. Mit Anfang Vierzig komme ich mir in Anbetracht der Mitbadenden unerhört juvenil vor.

Michael Höfler

Temperaturskalen

Ich Fahrenheit zum Skatturnier
bis 120 reizt wer mir.
Und sagt noch Contra auf mein Grand!
Da sagt ich Réaumur wird bang.
Doch 61, Jubelchor!
Der Typ sagt Celsius mal vor.
Da kommt mir langsam in den Sinn,
das reicht wohl nicht zum Hauptkelvin.

Helge Möhn

Ein erster Keim

Jüdische Weltverschwörung schön und gut, aber die Leute haben ja keine Ahnung von den wahren Dimensionen, um die es geht. Die Weisen von Zion und der Bolschewismus? Haha! Als wäre es das schon! Meint ihr denn, Mao Tse Tung wäre aus dem Nichts aufgetaucht? Glaubt ihr, die Japaner hätten Hollywood aufkaufen können, wenn nicht die Juden schon den Samurai die Grundlagen erklärt hätten? Und wer hat wohl für die Expansion der Polynesier gesorgt, die den Pazifik erst für die Eroberung vorbereitet haben? Ohne die Vertreibung der Khoisan durch die Bantu wäre ja wohl auch der afrikanische Sklavenmarkt von eher bescheidener Dimension gewesen. Und wer steckt dahinter? Die Zionisten. Das hängt alles zusammen, logo! Sklaven für Amerika, den Staat, der schon im ausgehenden Mittelalter geplant war, damit er im zwanzigsten Jahrhundert als Supermacht immer wieder den ebenfalls noch zu schaffenden Staat Israel unterstützen kann. Die Israeliten denken wesentlich weitsichtiger, als ihr euch das überhaupt vorstellen könnt! Amerika wurde von Kolumbus entdeckt? Quatsch! Da wußten die Juden von, seit Leif Eriksson zum mosaischen Glauben übergetreten ist (der war beschnitten, dafür gibt es Beweise!). Kolumbus war nur der zionistische Agent, der beauftragt war, die katholischen Spanier in den tropischen und subtropischen Süden zu führen, damit man die leichter zu manipulierenden Anglikaner im Norden nach Gutdünken beeinflussen konnte (Indianerkriege, Siebenjähriger Krieg, Revolution, Sezession, Erster und Zweiter Weltkrieg – alles jüdisch gesteuert!). Nach fast 500 Jahren war das Ziel erreicht und Israel als Staat wurde gegründet. Wer jetzt glaubt, das alles würde sich überzogen und schwachsinnig anhören, dem sage ich: Wenn sich die brisanten Informationen dieses Textes erst einmal ausgebreitet haben, dann werden in naher Zukunft die ersten Seiten dazu im Netz auftauchen. Mit einem ersten Buch ist in etwa vier Jahren zu rechnen, und da gibt es dann Quellen und Nachweise! Auf jeden Fall empfiehlt es sich, ein Exemplar dieses Heftes als Beleg aufzubewahren.

Karsten Wollny

Trauma

Ich sitze im Wartezimmer des Zahnarztes, mir gegenüber ein älterer Herr, der wohl eine Patientenauskunft ausfüllen muß. Plötzlich fragt er: »Welches Datum ist heute? Kriegsbeginn?« Ich stutze kurz, es ist der 1. September, sage »ja« und denke dann: »Und von jetzt ab wird Plombe mit Plombe vergolten!«

Rafael Jurewicz

Fortschritt

Eines meiner wichtigsten Lebensziele ist es, eine wunderliche Alte zu werden. In beiden dafür erforderlichen Disziplinen bin ich schon ziemlich weit gekommen.

Tina Manske

Wartburg

Gerade selbst ausgedacht! Witziger Spruch fürs Schlangestehen am Flughafenschalter oder vorm Riesenrad: »Wie lange dauert das denn noch? Sind wir denn hier auf der Wartburg?«

Mark-Stefan Tietze

A Star is born

Mir träumt, ich sei endlich ein berühmter Musiker. Mit kahl rasiertem Schädel und stilisiertem Bärtchen stehe ich im feinen Zwirn auf der schwer von maritimer Symbolik dominierten Bühne der ausverkauften Nordseehalle Emden und schmettere meine auf dem schmalen Grat zwischen Schlager- und Sportpalastpathos wandelnden Lieder vom Geborenwerdenumzuleben ins Publikum, während um mich herum der pure Wahnsinn ausbricht. Meine knallbunt in Mülltüten und Schaumstoffrohre gekleideten Mitmusiker fegen mit neonfarbig geschminkten Gesichtern wie Irrwische über die Bühne, crowdsurfen mit Schlauchbooten oder Fässern durch die Zuschauermenge und animieren die total ausflippende Meute zu Bierduschen aus Dosen einer bekannten nordfriesischen Brauerei. Mein Künstlername: Deichgraf.

Daniel Sibbe

Gepflegter Abtritt

Ein Bekannter berichtete von einem der auf dem Lande gelegentlich auftretenden Todesfälle durch Gülle: Der Altbauer war von der Familie bereits tagelang vergeblich auf dem riesigen Anwesen gesucht worden. Erst die ordentlich in Parallelstellung vor dem Güllesilo abgelegten Pantoffeln gaben schließlich den zielführenden Hinweis auf den im Kot treibenden Korpus.

Florian Haymann

Notfall

He Leute, Handy ist weg! Bin erst mal nur per Mail, Skype, Facebook, Twitter, Instagram, Google+, Linkedin, Xing, Finya, Tumblr, Fli… oh, Handy wieder aufgetaucht!

Teja Fischer

Ratschläge

»Fünf Jahre Knast ist immer scheiße!« Das ist natürlich ein Satz, der meine Aufmerksamkeit bekommt. Ich sehe mich um: Vier Herren, allesamt etwas abgerissen, sitzen da am Nebentisch beim Bier zusammen und erzählen sich was. Zwei von ihnen, darunter der Wortführer, sind ausnehmend wollig weißbehaart; ein dritter tränt mit strahlendrotem Blick summend vor sich hin, ausgestattet mit einer eindrucksvollen Falsett-Stimme, für die Landadelige im barocken England sicherlich getötet hätten; der vierte, ein eher unscheinbares schmales Kerlchen, ist für die Pfand-Laufdienste zwischen ihrem McDonald’s-Tisch und dem Bahnhofskiosk zuständig. In lockerer Folge spulen die Herren ihre Geschichten ab. Vom doppelten Genickbruck des Gegners dank jahrelangem Kampfkunsttraining, von verschobenen Boxkämpfen in Thailand, von Wie-ich-in-Brasilien-vier-Straßenräuber-in-die-Flucht-geschlagen-habe und natürlich vom ewig blondgelockten Weib, das »die pure Sünde, glaubste?!« war. Als der Wortführer die gleichzeitig stattfindenden Preisverhandlungen über ein raffiniertes Teppichmesser mit den Worten »Das ist besser wie neu!« belebte, um sogleich ansatzlos einen weiteren Erzählstrang zu beginnen – »Hör mal zu: Ich sag dir, wenn du dir Koks auf die Eichel streust…« –, mußte ich leider, leider zum Zug. Ich griff meine Reisetasche und ließ dem Unscheinbaren der Viererbande meine Pfandflasche da.

Peter P. Neuhaus

Gute Idee

Da ich immer zu schüchtern bin, in Clubs Frauen anzusprechen, hatte ich jetzt die Idee, mit einem gleichermaßen schüchternen Freund hinzugehen, um die mühsame Arbeit aufzuteilen: Er lenkt die Frau ab, ich laufe weg.

Markus Riexinger

Ausgetreten

Seit jeher widern mich die stets unlustigen, immer gleichen Sprüche auf Fußmatten vor Eingangstüren an: »Hast du kein Zuhause?« oder »Ob du wirklich richtig stehst, siehst du, wenn die Tür aufgeht«. Als kürzlich das »langweilige, einfallslose« Schwarz meines Fußabtreters bekrittelt wurde, gab ich nach. Seitdem, und ich fordere Gleichgesinnte zur Nachahmung auf, begrüßt der Schriftzug »Keine matten Sprüche!« meine Gäste beim Blick zum Boden.

Cornelius Oettle

Historiker oder meschugge

Statt »Freier Speicherplatz« las ich auf meinem Computermonitor neulich und tatsächlich »Freier Fensterplatz« und dann für eine verwirrende Halbsekunde sogar »Prager Fenstersturz«, was blitzschnell wieder abbrach, aber in meinen geistig-moralischen Augen auch dann bedenklich bliebe, wenn ich kurz zuvor mit Frau und einem seltsamen »DB ICE BUS« und eben freiem Fensterplatz zwecks Bildungs- und Brauereibesichtigungsurlaubs nach Prag getuckert – wäre! Was wir sogar sind; aber, wie gesagt: bedenklich, bedenklich…

Thomas Gsella

Effizient

Ich bekomme immer wieder elektronische Nachrichten, unter die notiert ist: »Bitte denken Sie an die Umwelt, bevor Sie diese E-Mail drucken.« Ich bin dazu übergegangen, an die Umwelt zu denken, während ich diese Mails ausdrucke. Das spart enorm Zeit.

Nicolai Köppel

Bildung

Youtube hat für unsere Kinder eine wichtige Vollbildfunktion.

Johannes Kreidler

Wetten?

Wenn man eine Werbekampagne für ein Bier lancieren würde, in der man blonde Hünen in Lederschürzen zu sehen bekäme, die mit Holzfässern hantieren, und wo dann »Gebraut nach dem deutschen Rassereinheitsgebot« stünde, so würde es 90% der Leute gar nicht auffallen, 8% wären begeistert und nur die restlichen 2% entrüstet.

Christoph Virchow

Wohnwahnsinn

Daß immer mehr Berliner aus der Innenstadt in die Randbezirke gedrängt werden, ist grausam, aber solange sich die Gastwirtschaft im Fernsehturm dreht, wird das niemals aufhören mit dieser Zentrifugierung.

Stefanie Enneper

Wert des Lebens

Es ist schon was dran an der Behauptung, daß man sich des Lebens Wert heutzutage nur noch auf Reisen wirklich bewußt werden könne. So ging es mir nämlich kürzlich beim Sommerurlaub in der Schweiz, als mich meine aufgeregte Beifahrerin nach Passieren der Grenze mit zum Straßenrand gerichtetem Zeigefinger und den Worten »Paß auf, da spielen Schweizer Kinder, die sind teuer!« dazu anhielt, doch bitte vorsichtig zu fahren.

Fabian Lichter

Sprichwort-Update

Unter Wasser sind alle Katzen tot.

Tim Wolff

Mitarbeiter des Monats

Man erzählte mir die Geschichte eines entfernten Bekannten, der von seinem Arbeitgeber beurlaubt worden war, nachdem Kollegen zufällig die letzte Kurznachricht auf seinem Handy entdeckt und verbreitet hatten. Ich hingegen finde, daß besagter Text – »Liebster Schatz, hast du jetzt schon deine Tage? Falls ja, mach ich’s mir nämlich noch schnell im Büro. Kuß, dein …« – eine Umsichtigkeit, Eloquenz und gleichzeitig Macher-Mentalität ausstrahlt, die sich jede Firma von ihren Mitarbeitern nur wünschen kann.

Wanja Lindenthal

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.05.2024 Wien, Rabenhoftheater Max Goldt
23.05.2024 Bielefeld, Theaterlabor Max Goldt
24.05.2024 Dresden, Buchladen Tante Leuk Thomas Gsella
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »POLO«