Briefe an die Leser | März 2011


Und für wen, Pons,

bringst Du eigentlich Jahr für Jahr Dein »Wörterbuch der Jugendsprache« auf den Markt? Für Jugendliche wohl nicht, denn die sprechen »die« Jugendsprache schon längst. Für Linguisten vermutlich auch nicht; davon gibt es nicht genug, um die Stapel in den Buchläden zu rechtfertigen. Für die allgemeine Verständigung zwischen den Generationen dürfte es ebenfalls nicht nötig sein; die scheitert selten am Vokabular. Und Erwachsene, die sich gezielt am Jugendslang versuchen, blamieren sich entweder als Pädagogen oder damit, daß sie halt doch ganz anders aussehen, irgendwie zu alt.
Bleiben also als Einsatzfeld nur Orte, an denen Erwachsene sich unerkannt als Halbwüchsige ausgeben möchten: Foren und Chaträume im Internet. Du, Pons, baust also sprachliche Brücken für Menschen, die besser auf der anderen Seite des möglichst breiten Flusses blieben!
Kriegt die Hummeltitten:

Titanic

Gesine Lötzsch!

Wenigstens eines hat die Ihrerseits angestoßene Kommunismusdebatte ja doch gebracht: daß sich plötzlich Leute Gedanken machen, die zuvor noch nie welche hatten. Wie zum Beispiel die Florentine Fritzen von der FAS, die sich so tapfer wie unredlich am Begriff des Kommunismus abrackerte: »Wie sähe diese Gesellschaft aus? Alles gehörte allen, alle hätten dieselben Pflichten. Jeder müßte womöglich alle Aufgaben beherrschen und ausführen, vielleicht im Rotationsprinzip, und er würde gezwungen, sich abzutrainieren, manches lieber zu tun als anderes. Was er besonders gut könnte, müßte er schlechter machen, damit keine Ungleichheit entstünde.« Unter dieser Prämisse aber hat Frau Fritzen einen exemplarisch ungleichheitsbewußten Artikel verfaßt, und zwar nicht nur mit leerem Kopf, sondern, gut proletarisch, auch mit leerem Magen: »Das ist das Argument der Kapitalisten: Daß demokratische Gesellschaften Nichtgleicher so große Kuchen backten, daß selbst das kleinste der ungleichen Kuchenstücke noch viel größer wäre als die kommunistischen Mini-Stücke. Wer nicht allzu kapitalistisch veranlagt ist, würde es für das Himmelreich auf Erden, diese utopische Gesellschaft, vielleicht in Kauf nehmen, immer nur Mini-Kuchenstücke zu essen. Aber was wäre das für ein Himmel, in dem man sich zum Beispiel dauernd Backrezepte ausdenken muß, obwohl man doch viel lieber Teig rührt – oder umgekehrt?«
Tja, Frau Lötzsch, was wäre das für eine Gesellschaft, in der die arme Frau Fritzen den ganzen Tag abwegige Metaphern zusammenrühren müßte – wo sie sich doch viel lieber Riesenkuchenstücke reinschöbe. Wäre das gerecht?
Eigentlich schon, finden Ihre Gleichrichter auf der

Titanic

Verehrter Julian Assange!

Sie brüten vermutlich gerade in irgendeinem Versteck über Ihrer Autobiographie, die zu schreiben Sie nach eigener Auskunft eigentlich gar keine Lust hatten. Das Werk soll Ihnen jedoch die mehr als eine Million Euro einbringen, die Sie zu Ihrer Verteidigung im schwedischen Vergewaltigungsprozeß benötigen. Und weil wir darauf so irrsinnig gespannt sind, wollten wir nun fragen, ob Sie rohe oder fertige Teile des Manuskripts nicht schon mal in die Öffentlichkeit sickern lassen könnten? Unseretwegen auch illegal – die entsprechende Plattform dazu hätten Sie ja!
Stets für Transparenz:

Titanic

Karl-Dieter Grüske!

Sie sind Präsident der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des bayerischen »Zukunftrates«, der sich darüber Sorgen macht, daß die Zahl der Studenten aus anderen Ländern stetig abnimmt. Im Zeit-Interview nennen Sie dafür einige Gründe und bemängeln abschließend: »Ausländerbehörden gehen oft mit Gastwissenschaftlern um, als seien sie Asylanten.« Gut, Herr Grüske, aber ist das eigentliche Problem nicht viel eher, daß Asylbewerber nicht mit jenem Respekt behandelt werden, den Sie immerhin ausländischen Gastwissenschaftlern zugestehen?
Wissenswertes nach Erlangen sendet:

Titanic

Na, Jan Schaumann?

Sie sind Etikette-Trainer in Berlin und raten in puncto Umgangsformen zu einer »gesunden Portion Demut«. Will sagen, Sie halten es für »höflich, einem anderen Menschen, egal welchen Geschlechts, welchen Alters oder welcher Hierarchieebene, den Vortritt zu lassen«. Bon, Schaumann. Das kann dann aber auch mal länger gehen, an der Wursttheke, vorm Paternoster oder in der Notaufnahme.
Für eine gesunde Portion Übermut plädiert dagegen:

Titanic

Liebe Margot Käßmann!

Da wurde nun schon extra eine Schar gackernder Evangelen im Rahmen einer »Pastoralfahrt« und auf Guttenbergs ausdrückliche Einladung nach Afghanistan geflogen, um nachzugucken, ob dort tatsächlich, wie Sie einst wähnten, »nichts gut« sei – und Sie waren nicht dabei! Ihre Begründung: Sie hätten »weder Amt noch Mandat dafür«. Was nun erst mal gar nicht stimmt, sind Sie doch inzwischen nicht nur Professorin, Festrednerin und unangefochtene deutsche Weinkönigin, sondern fragten seinerzeit laut und bestimmt, wozu wir diesen Krieg eigentlich führen. War denn vielleicht Ihre Frage einfach schon beantwortet? Wenn’s nach dem Freiherrn geht (»wirtschaftliche Interessen militärisch verteidigen«), konnten Sie die Antwort soeben in der Bild-Zeitung nachlesen. Laut der sind wir »Weltmarktführer« unter anderem bei »künstlichen Wursthüllen«, »Einkaufswagen«, »Schnupftabak«, »Clipverschlüssen für Wurstpellen«, »Arm- und Beinprothesen«, »Mobiltoiletten« und nicht zuletzt beim »Fischfutter für Zierfische«.
Diesen Vorsprung bei den Schlüsselindustrien, liebe Käßfrau, gilt es zu erhalten. Und wenn es sich dafür nicht lohnt, in Ihrem Beisein Kriege zu führen, wofür dann?
Bestimmt nicht für

Titanic

Und außerdem, Nuhr!

»In der amtierenden Regierung sitzt ein Schwuler, einer mit Migrationshintergrund, ein Waisenkind, eine Mutter von sieben Kindern, und Chef ist eine Frau. Was man in den 70er Jahren eine bunte Sponti-Truppe nannte, ist heute unsere konservative Regierung!« Solche bunten Truppen, Nuhr, gab’s sogar schon in den 30er Jahren: Ernst Röhm, ein Schwuler; Joseph Goebbels, ein Behinderter; Magda Goebbels, Mutter von sieben Kindern; Chef war Adolf Hitler, eine Waise mit Migrationshintergrund – und damals nannte man’s »nationalsozialistische Bewegung«.
Verrückt, was?

Titanic

Sie, Dieter Nuhr,

würden »so gerne wegkommen von dieser Betroffenheits- und Empörungsroutine, die unser Land so prägt«. Dies erklärten Sie als notorisch unaufgeregte kabarettistische Kühlbox dem Stern. Denn schließlich »entscheidet sich mein eigenes Leben nicht in Berlin bei Frau Angela Merkel«. Die kann Ihnen nämlich, im Gegensatz zu irgendwelchen Hartz-IV-Losern, nicht die Laune verderben – weshalb sich Ihr Leben anderswo entscheidet: »Auf Reisen merke ich, wie unglaublich privilegiert unser Leben ist.« Herzlichen Glückwunsch! »Da wäre jede Form der Aufregung und Stänkerei eine Zumutung und unglaubliche Arroganz. Demut und Bescheidenheit sind für mich Begriffe, die zu Unrecht vollständig ausgestorben sind.«
Gut, daß es da noch Menschen gibt, die zwar ein ausverkauftes Bühnenprogramm haben, für RTL und ARD gleichzeitig moderieren und Kolumnen erst im Radio und dann als Buch verklappen (»Nuhr auf Sendung«), sich allerdings trotzdem nicht zu schade sind, anderen Nachhilfe in Demut zu erteilen – anstatt, wie der blöde Zeitgeist, immer nur auf Krawall und Dagegen zu machen: »Da aber heute der Zeitgeist schon gegen alles ist, werden wir mal was ganz Subversives machen und auf die positiven Seiten des Lebens hinweisen«, die da wären: 6000 Zuschauer an einem Abend, sechsseitige Bildberichte im Stern, viele, viele Reisen und das erwähnte privilegierte Leben: »Ich kann leider nichts dafür, aber ich bin wirklich so entspannt. Ich komme mit mir selbst gut aus, ich bin ein sehr zufriedener Mensch.«
Gott sei Dank! Denn wenn Sie bei Ihrer Spitzenkarriere als Saturiertensatiriker auch noch rummaulen würden oder gar auf die Idee kämen, daß es nicht allen Menschen so toll geht wie Ihnen, dann würden wir Ihnen mit unserer Empörungsroutine ganz schön den Marsch blasen!
Entspannte Grüße:

Titanic

Deutsche Marine!

Während bei Dir gemobbt und gemeutert wird, demonstriert unsere Handelsflotte, wie man auf See Meriten erringt: »Ein Hamburger Frachter hat im Hafen von Mumbai eine Fregatte der indischen Marine versenkt«, so dpa. Besinne Dich also lieber wieder auf Deine Kernkompetenzen!
Gluck gluck:

Titanic

»Süddeutsche«!

Die Angestellten von VW erhalten ab dem 1. Mai 3,2 Prozent mehr Lohn, außerdem eine Einmalzahlung von einem Prozent ihres Jahresgehalts, woraus sich folgende Schlagzeile ergibt: »VW erhöht Löhne um 4,2 Prozent«.
Das, Süddeutsche, stimmt freilich nicht, ja: das ist sogar gelogen. Aber von bezahlter Werbung allein kann ja kein Mensch mehr leben, gell. Und inwieweit eine Lohnerhöhung im Wert von zwei Jahren Inflation zu der Unterzeile »Beschäftigte profitieren vom Boom des Autokonzerns« berechtigt, das würden wir nur fragen, wenn wir nicht genauso wirtschaftsfreundlich wären wie Du.
Einmal zahlen, bitte!

Titanic

Johann Georg Reißmüller, altes »FAZ«-Roß!

Verbindlichsten Dank für Ihre Beobachtung vom 24.1.2011: »Immer seltener ist ein ›Ja‹ zu hören. An seine Stelle treten ›O.K.‹, ›Klar‹, ›Kein Problem‹; am häufigsten aber ›Genau‹ (…) Längst ist ›Genau‹ inflationär geworden, auch dort, wo es sprachlogisch genaugenommen nicht paßt, sich sogar grotesk ausnimmt« – und wissen Sie, Reißmüller, was: Wie es der Zufall will, ist grad ein Roman vom Kollegen Henscheid erschienen, der pfeilgrad diese Problematik des rasenden Sprachzerfalls verhandelt und das ewige »Genau« sogar im Titel trägt; ist noch gar nicht lange her, warten Sie – 1976! Genau!
Nicht auszudenken, wenn jetzt auch noch Adenauer stirbt.
Sowieso Ihre

Titanic

So, ARD-Macher,

geht kritischer Journalismus aber wirklich nicht! Vielleicht stimmen ja die Vorwürfe gegen den früheren AWD-Chef Maschmeyer, wie sie Euer Film »Der Drückerkönig und die Politik. Die schillernde Karriere des Carsten Maschmeyer« versammelt hat. Aber sie werden gewiß nicht durch Bilder von ungeführten Interviews und heulenden Rentnerinnen belegt. Noch seltsamer dünkt uns aber Euer Argument, durch seinen vertrauten öffentlichen Umgang mit Politikern und Prominenten habe sich Maschmeyer den Anstrich von Seriosität gegeben und dadurch bei seinen Kunden leichteres Spiel gehabt. Niemand wirkt seriös, wenn er vor laufenden Kameras Gerhard Schröder lachend in den Arm nimmt, sich mit Christian Wulff abfotografieren läßt, mit Klaus Meine von den Scorpions parliert oder mit der Ferres zusammenwohnt.
Damit habt Ihr Maschmeyers Anwälten für die anstehenden Schadensersatzprozesse doch nur Material für einen 1a-Freispruch geliefert, sowie den endgültigen Beweis für die Dummheit der Investoren: Bei einem, der sich in solchem Milieu bewegt, mußte man auf alles gefaßt sein!
Gute Besserung:

Titanic

Rainer Müller-Jöckel!

Sie sind neuer Leiter des Frankfurter Stadtvermessungsamts und laut Frankfurter Rundschau ein »sozialisierter Kölner«.
Was es nicht alles gibt.
Ts, ts:

Titanic

Ja, Frank Schätzing!

Wo Sie recht haben, haben Sie recht. »Die Welt ist voller Schwätzer«, wie Sie bei der Verleihung des Deutschen Medienpreises an den mit Ihnen nicht nur frisurentechnisch ziemlich kompatiblen Unternehmer Richard Branson erklärten; Branson dagegen sei ein Mann der Tat. Da wollen wir mal hoffen, daß Ihre Laudatio mindestens 900 Seiten lang war und Sie beim Schwärmen voll an Ihr Limit gegangen sind.
Bussi!

Titanic

Du, hessische FDP,

hoffst laut Agenturberichten, dem negativen Bundestrend zu entkommen, und willst daher im Wahlkampf keine Auftritte von Guido Westerwelle. Das ist sicherlich klug gedacht. Aber wäre es nicht noch klüger, auch den Namen der Partei wegzulassen? Vielleicht wird’s dann ja noch was.
Keine Ursache:

Titanic

Thomas Tuma, »Spiegel«!

Als Wirtschaftsressortleiter durften Sie den Gegenessay zum Pro-Frauenquoten-Titel Ihrer windelweichen Debattierpostille schreiben und ein weiteres Mal vorführen, daß es im Leitmedium Spiegel vor allem eine strapazierfähige »?«-Taste braucht, um so etwas wie eine Meinung zu formulieren. Nicht weniger als 25 Fragesätze auf vier Spalten benötigten Sie, um die Befürworter der »dirigistischen« Frauenquote schwer ins Grübeln zu bringen. Darunter so drängende wie »Ist das schlau?« oder »Sind Ostdeutsche oder schwule Linkshänder in Top-Positionen ausreichend vertreten?« Wir verstehen: sind sie natürlich nicht. Und keiner verhilft ihnen dazu – weshalb auch die Weiber nicht in den Genuß staatlicher Unterstützung kommen sollten.
Wer sich so spitzenironische Entwaffnungsfragen einfallen lassen kann, schüttelt natürlich auch problemlos einen Satz wie diesen aus dem Ärmel: »Die Frauenquote ist für die politisch korrekte Latte-macchiato-Bourgeoisie nun so eine Art ›Kuschelrock‹-CD unter den Debatten geworden.« So viel Abgenudeltes auf engstem Raum zusammenzudengeln, das muß man erst mal können. Und weil Sie eben ein Könner sind, lieferten Sie als Höhepunkt Ihrer Kunst die superrhetorische Uraltfrage: »Müßte man eine Quote dann in Frauendomänen wie etwa Pflegeberufen nicht ebenfalls durchsetzen?«
Nehmen wir Ihr Geschreibsel mal ernst, Tuma, und fragen: Wäre das auch schlau? Bekommt denn nicht jeder Mann, der einen Pflegeberuf ausüben möchte, auch einen Arbeitsplatz? Würde eine Männerquote im Pflegebereich deshalb nicht einfach dazu führen, daß es weniger Pflegepersonal gäbe?
Weitere Fragen auf Anfrage.
Ihre schwulen Linkshänder von der

Titanic

Hey, »Focus«!

»Guttenberg stellt sich vor Soldaten«, hast Du den geplagten Minister in einer Überschrift gelobt. Wir finden das allerdings nicht sehr schlau, solange sich die Kerle gegenseitig hinterrücks abknallen.
Kommt wirklich nur ungern aus der Deckung:

Titanic

Sie, Mohammed Abdel Fadi Shosha,

sind Gouverneur vom Südsinai, und als kürzlich Haie im Roten Meer die Badegäste annagten, erklärten Sie das so: »Der israelische Geheimdienst Mossad hat die Haie ausgesetzt, um die Touristen zu vertreiben.« Ach! Und weil das nicht geklappt hat, haben diese Burschen Ihre Landsleute auf Straßen und Plätzen ausgesetzt und Sie dort brüllen lassen, bis das Regime zusammenkrachte?
Wasserdichte Erklärung!

Titanic

Und, Schweiger!

Das alles war ja schon ganz großes Schweigerkino, aber wissen Sie, was uns noch besser gefallen hat? Während Ihrer Brandrede haben Sie keine Miene verzogen.
Sie können also Ihre Gesichtsmuskulatur wirklich nicht bewegen?
Hatten wir schon befürchtet.

Titanic

Huhu, Til Schweiger!

In Markus Lanz’ Talkshow wollten Sie eigentlich nur Ihren neuen Film promoten, doch dann ging Ihnen die ebenfalls eingeladene Mutter eines geschändeten und ermordeten Jungen derart an die Nieren, daß Sie, wie die Bild-Zeitung anderntags als Aufmacher meldete, einen »Wut-Ausbruch im TV« hinlegten, ein flammendes Plädoyer für härtere Strafen und Internetpranger für Sexualstraftäter: »Was ich so schlimm finde, ist, daß wir in Deutschland, wenn es so eine Sendung gibt wie ›Tatort Internet‹, reden alle nur darüber, wie böse das ist, daß man potentielle Täter gepixelt im Fernsehen zeigt.«
Das ist zwar glatt gelogen, weil es noch nie irgendwen interessiert hat, wenn angebliche oder tatsächliche Pädokriminelle ungepixelt vorgeführt werden, und Ihr Medienpartner mit Schlagzeilen wie »Mehr Härte gegen Kinderschänder!« oder »Wie werden diese Perversen jetzt bestraft?« bei der Leserschaft gewiß für andere Gespräche gesorgt hat. Aber egal – Hauptsache, Sie brechen mit Ihrer Empörung endlich dieses von den Gutmenschen so hartnäckig gehütete Tabu! Und rennen lauthals schreiend die sperrangelweit offenstehenden Türen der kompletten Nation ein, die Sie dafür, darauf wetten wir, noch vor Ihrem 50. Geburtstag endgültig und definitiv zum allereinzigsten Nationalschauspieler der Herzen erkiesen wird. Während wir eigentlich nur ein Gesicht gern verpixelt sähen: das Ihre.
Und zwar aus rein ästhetischen Gründen!

Titanic

Eigentlich sind, Peter Kümmel,

Sie fürs Theater zuständiger Redakteur im Feuilleton der Zeit, aber da Ihnen anscheinend irgendwie langweilig war, spielten Sie unter der Überschrift »Deine dicke Mutter – Über die Zentralfigur der neuen deutschen Witzkultur« den Trendreporter: »Die Witzkultur der Jugendlichen ist schwer in Bewegung. Sehr populär sind derzeit die ›Deine Mutter‹-Witze, das Internet ist voll von ihnen.« Und da müssen wir jetzt doch mal fragen, ob wirklich niemand in Ihrem Haus über genügend historisches Bewußtsein verfügt, um Ihnen zu widersprechen. Oder ob Sie gegen die Redakteurskollegen vielleicht etwas in der Hand hatten. Gegen Ihren Feuilleton-Chef Jens Jessen zum Beispiel: Der macht nämlich wenige Seiten später im »Wörterbericht« den Trend zum »Ich so/er so« in der Jugendsprache aus. Und der ist viel frischer als Ihrer, Kümmel. So etwa von Ende der Achtziger.
Und wir so: Kopf hoch, Digga! Deine Mutter schreibt für

Titanic

Eckhard Fuhr!

Auf der Meinungsseite der Welt lasen wir kürzlich aus Ihrer maskulinen Feder: »Ich war mit dem Auto in unserem schönen, tief verschneiten Vaterland unterwegs, von Ost nach West, von Nord nach Süd, mit Hund und Büchse, freudig erregt.« Konservativ hin oder her, Herr Fuhr – wir finden nicht, daß man so über seine Frau schreiben sollte! Jedenfalls nicht öffentlich.
Schämen Sie sich!

Titanic

Jean-Claude Juncker (Luxemburg/Europa)!

Als der Spiegel Sie – bereits im zweiten Anlauf und schon ein bißchen genervt – fragte, ob Angela Merkel denn eine genauso gute Europäerin sei wie einst Helmut Kohl, gaben Sie zur Antwort: »Angela Merkel mag es gar nicht, in europäischen Angelegenheiten mit Helmut Kohl verglichen zu werden. Ich kann das gut verstehen, denn diesem Vergleich hält in Europa derzeit niemand stand. Auch ich nicht. Lassen Sie es mich so ausdrücken: Helmut Kohl war gut, und Frau Merkel ist nicht schlecht – wobei ›gut‹ und ›nicht schlecht‹ in diesem Fall dasselbe bedeuten.«
Juncker! Kann es sein, daß Ihnen einfach kein Eisen zu heiß, kein Fettnäpfchen zu tief und kein Wespennest zu angriffslustig ist, als daß Sie sich nicht mit Wonne darauf stürzten? Oder lassen Sie es uns so ausdrücken: Gibt es vielleicht irgendwo eine Übersetzung Ihrer Worte? Einen greifbaren Hinweis auf deren Bedeutung? Vielleicht bei Wikileaks?
Nein? Nicht schlecht!

Titanic

Glückwunsch, Till Backhaus!

Als Agrarminister von Mecklenburg-Vorpommern haben Sie nun eine Rapsblütenkönigin als neue Freundin. Toll auch, daß es zwischen Ihnen anscheinend bei einer Hengstparade gefunkt hat. Wir wüßten nur noch gerne, den wievielten Platz Sie dort erreicht haben.
Wiehern Sie uns Bescheid?

Titanic

Liebe »Süddeutsche Zeitung«,

in Deinem Wissensforum (»Von den Besten profitieren«) kündigst Du zum wiederholten Mal zehn »Erlebnisvorträge« von »hochkarätigen Referenten« an. Da findet sich Geheimnisvolles wie »Geheimwaffen der Kommunikation« und Verzweifeltes à la »Das Günter-Prinzip – So motivieren Sie Ihren inneren Schweinehund«, »Wer positiv denkt, ist glücklicher«, »Die Marke: Ich«, »Die Körpersprache der Erfolgreichen« und »Erfolg beginnt im Kopf«.
Jeder Vortrag kostet jeden Zuhörer 69,90 Euro! Also angesichts des Gebotenen unfaßbar viel! Willst Du nicht einfach nur – von den Dümmsten profitieren? Als die Du zielsicher Deine Leser erkannt hast? Aber was sagen der Prantl und der Leyendecker dazu, daß darunter die Marke leidet?
Zerbricht sich mal wieder Deinen Kopf:

Titanic

Wladimir Putin!

Nach dem Selbstmordanschlag am Moskauer Flughafen Domodedowo kündigten Sie martialisch an: »Für dieses grausame und sinnlose Verbrechen werden die Terroristen büßen.« Aber wie bloß? Todesstrafe? In die Luft sprengen?
Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben:

Titanic

Hoho, Mario Barth!

Auf einem der T-Shirts, das Sie in Ihrem Gebrauchtwarensortiment führen, haben Sie den etwa 20 Jahre alten, nun ja, Witzspruch »Nichts reimt sich auf Uschi« des »FFN-Frühstyxradios« unlauter nachgeahmt, vulgo jeklaut, ihn dann allen Ernstes beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet – und mahnen nun einen T-Shirt-Verkäufer, der den gleichen Humor wie Sie hat, wegen »unlauterer Nachahmung« ab. Potzteufel! Damit haben wir nun wirklich nicht mehr gerechnet: daß Sie uns mal zum Lachen bringen. Und dann gleich so!
Schenkelklopfend:

Titanic

Ihr Wetterfuzzis in Funk und Fernsehen!

Täuschen wir uns oder verwendet Ihr erst in jüngster Zeit den Begriff »Blitzeis« zur Bezeichnung eines Phänomens, das in unserer Jugend noch »überfrierende Nässe« hieß? Müssen wir also im kommenden Sommer mit Warnungen vor »verbrannter Erde« rechnen? Und wird schon bald jede Hochdruckfront gehalten bis zum letzten Millibar?
Vorsicht aber beim Zyklon, rät

Titanic

Wolfgang Böhmer!

Als Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt hatten Sie die traurige Pflicht, bei der Trauerfeier für die zehn Toten des Zugunglücks von Hordorf den Hinterbliebenen wie der Bevölkerung schonend beizubringen, daß das automatische Stopsystem, das den Zusammenstoß der beiden Züge verhindert hätte, nur im Westen Standard ist und von der Bahn in der Ostzone lediglich sporadisch installiert wird. Nein, Quatsch, das teilten Sie den tausend Trauergästen im Halberstädter Dom natürlich nicht mit. Statt dessen wünschten Sie den Angehörigen der Toten und den 18 Schwerverletzten »Kraft, das Geschehen zu verarbeiten«, und waren doch selber davon schier so überwältigt, daß es nach der Trauerfeier aus Ihnen herausbrach: »Also ich muß schon sagen, das ist ein Gefühl, das nicht ohne emotionale Begleitung ist!«
Verstehen wir das richtig, Herr Böhmer, daß Sie ansonsten eher Gefühle ohne emotionale Begleitung haben? Und erst bei Zugunglücken ab zehn Toten mischt sich ein ungutes Feeling hinzu?
Fragt als rationaler Zugbegleiter des Verstands:

Titanic

Ach, »Deutsche Konservative e.V.«,

wir finden es ja schade, daß Ihr für Euer Deutschland-Magazin einen »Vollblut-Journalisten« sucht. Denn wenn man sich Eure Stellenanzeige im Branchenblatt journalist anschaut, dann wäre es doch viel schöner, Ihr würdet Eure Artikel weiterhin selbst schreiben. So fordert Ihr etwa: »Wer beim DEUTSCHLAND-Magazin arbeiten möchte – dann muß die Richtung stimmen.« Und dazu können wir nur sagen: Wer solche Sätze schreibt – dann mal gute Nacht.
Nun kommen wir leider sowieso nicht in Frage, da wir zu den »abgebrochenen Soziologie- oder Politologie-Studenten« gehören, die Ihr auf keinen Fall wollt. Doch verratet uns bitte noch eines: Wieso verlangt Ihr von den Bewerbern ausgerechnet so etwas Undeutsches wie »Paprika im Blut«? Tut’s denn der gute alte Doppelkorn nicht mehr?
Ein Prosit auf die internationale Solidarität:

Titanic

Grüß Gott, Minister Niebel (FDP)!

Im Hörfunkinterview äußerten Sie auf die Frage, ob Sie die Proteste der Ägypter unterstützten: »Ich bin ein Freund der Demokratie und in aller Regel auf der Seite der Kräfte, die Demokratie und vor allem Menschenrechte verwirklichen wollen.« In aller Regel, Niebel? Ausnahmsweise sind Sie auch mal auf der Seite der Kräfte, die Diktaturen aufrechterhalten und die Menschenrechte mit Füßen treten? Hauptsache, »Entwicklung« und wirtschaftliche Zusammenarbeit brummen?
In aller Regel von Ihnen begeistert:

Titanic

Kapitänleutnant Uwe Sonntag!

Im Interview mit der Welt bestritten Sie, daß es bei der Marine Ekelrituale gebe: »Ich habe selbst die Äquator- und die Polartaufe mitgemacht. Was ich dort zu essen bekam, schmeckte nicht besonders gut. Aber es ist vom zuständigen Schiffsarzt überwacht worden, damit gewährleistet war, daß es keine gesundheitlichen Schäden zur Folge hatte.« Mit anderen Worten: Es gab zu diesen Anlässen die ganz normale Bundeswehrverpflegung?
Hätte sich’s origineller vorgestellt:

Titanic

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Also echt, Hollywood-Schauspieler Kevin Bacon!

»Wie wäre es eigentlich, wenn mich niemand kennen würde?« Unter diesem Motto verbrachten Sie mit falschen Zähnen, künstlicher Nase und fingerdicken Brillengläsern einen Tag in einem Einkaufszentrum nahe Los Angeles, um Ihre Erfahrungen als Nobody anschließend in der Vanity Fair breitzutreten.

Die Leute hätten sich einfach an Ihnen vorbeigedrängelt, und niemand habe »Ich liebe Dich!« zu Ihnen gesagt. Als Sie dann auch noch in der Schlange stehen mussten, um »einen verdammten Kaffee zu kaufen«, sei Ihnen schlagartig bewusst geworden: »Das ist scheiße. Ich will wieder berühmt sein.«

Das ist doch mal eine Erkenntnis, Bacon! Aber war der Grund für Ihre Aktion am Ende nicht doch ein anderer? Hatten Sie vielleicht einfach nur Angst, in die Mall zu gehen und als vermeintlicher Superstar von völlig gleichgültigen Kalifornier/innen nicht erkannt zu werden?

Fand Sie nicht umsonst in »Unsichtbare Gefahr« am besten: Titanic

 Wurde aber auch Zeit, Niedersächsische Wach- und Schließgesellschaft!

Mit Freude haben wir die Aufschrift »Mobile Streife« auf einem Deiner Fahrzeuge gesehen und begrüßen sehr, dass endlich mal ein Sicherheitsunternehmen so was anbietet! Deine Mitarbeiter/innen sind also mobil. Sie sind unterwegs, auf Achse, auf – um es einmal ganz deutlich zu sagen – Streife, während alle anderen Streifen faul hinterm Büroschreibtisch oder gar im Homeoffice sitzen.

An wen sollten wir uns bisher wenden, wenn wir beispielsweise einen Einbruch beobachtet haben? Streifenpolizist/innen? Hocken immer nur auf der Wache rum. Streifenhörnchen? Nicht zuständig und außerdem eher in Nordamerika heimisch. Ein Glück also, dass Du jetzt endlich da bist!

Freuen sich schon auf weitere Services wie »Nähende Schneiderei«, »Reparierende Werkstatt« oder »Schleimige Werbeagentur«:

Deine besserwisserischen Streifbandzeitungscracks von Titanic

 Endlich, »ARD«!

Seit Jahren musst Du Dich rechtfertigen, weil Du immer wieder die NS-Enthusiast/innen von der AfD zu Kuschelkursinterviews einlädst und ihnen eine gebührenfinanzierte Plattform bietest, damit sie Dinge verbreiten können, die sich irgendwo zwischen Rassenlehre und Volksverhetzung befinden. Aber jetzt hast Du es den Hatern endlich gezeigt und AfD-Anführer Tino Chrupalla in das härteste Interviewformat ever eingeladen: »Frag selbst«, das freaky Social-Media-Format von der Tagesschau, das schon Olaf Scholz mit knallharten Fragen à la »Wann Döner wieder drei Euro?« niedergerungen hat. Wir sind uns sicher: Besser als mit einem Kartoffelranking auf dem Twitch-Kanal der Tagesschau kann die AfD gar nicht entlarvt werden!

Legt schon mal die Chips bereit: Titanic

 Moment, Edin Hasanović!

Sie spielen demnächst einen in Frankfurt tätigen »Tatort«-Kommissar, der mit sogenannten Cold Cases befasst ist, und freuen sich auf die Rolle: »Polizeiliche Ermittlungen in alten, bisher ungeklärten Kriminalfällen, die eine Relevanz für das Jetzt und Heute haben, wieder aufzunehmen, finde ich faszinierend«, sagten Sie laut Pressemeldung des HR. Ihnen ist schon klar, »Kommissar« Hasanović, dass Sie keinerlei Ermittlungen aufzunehmen, sondern bloß Drehbuchsätze aufzusagen haben, und dass das einzige reale Verbrechen in diesem Zusammenhang Ihre »Schauspielerei« sein wird?

An Open-and-shut-case, urteilt Titanic

 Hi, Daniel Bayen!

Sie sind sehr jung und waren mit Ihrer Firma für Vintage-Klamotten namens Strike vorübergehend sehr erfolgreich. Die ist jetzt pleite, machte aber zeitweise 2,9 Millionen Euro Umsatz. Der Bedarf war so groß, dass Correctiv-Recherchen zufolge sogar massenhaft Neuware zwischen die Secondhand-Bekleidung gemischt wurde. Auch Sie räumten demnach ein, gefälschte Ware geordert zu haben. Allerdings, so behaupten Sie, nur, um Ihren »Mitarbeitern zu zeigen, wie man gefälschte Ware identifiziert und aussortiert«.

Aber Bayen, Ihre Expertise besteht doch darin, neue Sachen auf alt zu trimmen. Also versuchen Sie bitte nicht, uns solche uralten Tricks zu verkaufen!

Recycelt Witze immer nach allen Regeln der Kunst: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

 Räpresentation

Als Legastheniker fühle ich mich immer etwas minderwertig und in der Gesellschaft nicht sehr gesehen. Deshalb habe ich mich gefreut, auf einem Spaziergang durch Darmstadt an einer Plakette mit der Aufschrift »Deutscher Legastheniker-Verband« vorbeizukommen. Nur um von meiner nichtlegasthenischen Begleitung aufgeklärt zu werden, dass es sich dabei um den »Deutschen Leichtathletik-Verband« handele und und umso teifer in mein Loch züruckzufalllen.

Björn Weirup

 Guesslighting

Um meine Seelenruhe ist es schlecht bestellt, seit mich ein erschütternder Bericht darüber informierte, dass in Hessen bei Kontrollen 70 Prozent der Gastronomiebetriebe widerlichste Hygienemängel aufweisen (s. Leo Riegel in TITANIC 07/2022). Neben allerhand Schimmel, Schleim und Schmodder herrscht allüberall ein ernsthaftes Schadnagerproblem, die Küchen sind mit Mäusekot nicht nur kontaminiert, sondern praktisch flächendeckend ausgekleidet. Vor lauter Ekel hab ich sofort Herpes bekommen. Nun gehe ich vorhin in meine Küche, und auf der Arbeitsplatte liegen grob geschätzt 30 kleine schwarze Kügelchen. Ich bin sofort komplett ausgerastet! Zehn hysterische Minuten hat es gedauert, bis mir klar wurde, dass der vermeintliche Kot die Samen eines dekorativen Zierlauchs waren, der einen Blumenstrauß krönte, den eine liebe Freundin mir geschenkt hat. Ich hätte ihn einfach nicht noch einmal anschneiden sollen … Hysterie off, Scham on.

Martina Werner

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Unübliche Gentrifizierung

Zu Beginn war ich sehr irritiert, als mich der Vermieter kurz vor meinem Auszug aufforderte, die Bohr- und Dübellöcher in den Wänden auf keinen Fall zu füllen bzw. zu schließen. Erst recht, als er mich zusätzlich darum bat, weitere Löcher zu bohren. Spätestens, als ein paar Tage darauf Handwerkerinnen begannen, kiloweise Holzschnitzel und Tannenzapfen auf meinen Böden zu verteilen, wurde mir jedoch klar: Aus meiner Wohnung wird ein Insektenhotel!

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster