Artikel

Rückblick auf die diesjährige Leichtathletik-WM in Budapest

Zunächst einmal: Was ist überhaupt Leichtathletik?
Leichtathletik ist, wie der Name schon sagt, leichte Athletik. Fast jeder Mensch kann laufen, springen und werfen. Deshalb üben Leichtathletik ausschließlich solche SportlerInnen aus, denen schwere Athletik zu schwer ist, also etwa Fußball, Schach, Gewichtheben, Bouldern, Boule, Formel 1, Skispringen oder E-Sport. Es ist also im Sinne der Inklusion zu begrüßen, dass es für eher unsportliche Menschen auch niederschwellige Angebote gibt, wie eben die Leichtathletik. So können auch sie sich im sportlichen Wettkampf messen und ihr Selbstbewusstsein stärken.  

Und warum fand die WM in Budapest statt?
Das haben Viktor Orban, Thomas Bach, Gianni Infantino, Hubert Aiwanger und Richard David Precht in einem Hotel in Genf gemeinsam so entschieden. Und es war die richtige Entscheidung, denn die Stimmung war vom ersten Tag an brutal geil. Auch im Budapester Stadion war die Atmosphäre über die gesamte WM hinweg wunderbar.  

100 m (Frauen)
Es sind alle Läuferinnen im Ziel angekommen, das ist nicht selbstverständlich und gilt es zu würdigen. Vor dem Start wurde ein Pistolenschuss abgefeuert, ein kurzer Schreckmoment für alle Beteiligten. Gewonnen hat diese eine US-Amerikanerin (Jamaikanerin?) mit den Muskeln und dem Jubel nach Zieleinlauf.  

20 km Gehen (Männer)
Quo vadis, Leichtathleten? Natürlich ins Ziel, aber im Ernst: "Gehen"??? Geht's noch? Natürlich wird gegangen, aber im Ernst: Gehen soll Sport sein? Und dann nur 20 Kilometer? Die geht meine 105 Jahre alte Großmutter täglich zum Schießtraining! Na ja, egal. Am schnellsten gegangen ist der mit der Goldmedaille danach, Trikotnummer 0815. Herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Gehen!  

Diskurswurf (Männer)
Das muss man sich mal vorstellen: Zwölf muskelbepackte Männer diskutieren erstmal stundenlang über durch Losentscheid ausgewählte Themen, freilich unter Rekurs auf Foucaults "Wahrheiten, in denen wir uns unser Sein zu denken geben" und natürlich auch Habermasens "Schauplatz kommunikativer Rationalität", um dann nacheinander aus der Drehung eine runde Scheibe möglichst weit zu werfen. Durch die enervierende Diskussion vorher sind aber alle so kaputt, dass die Scheibe oft kaum weiter fliegt als der Reflexionshorizont ebenjenes Gelabers, diesmal ging es um den Nahostkonflikt, den Kinofilm "Barbie" und das "Reizthema Wühlmäuse". Weltmeister wurde mit 71,46 Metern der wortkarge Schwede Daniel Ståhl, da er sich äußerst sparsam an der Debatte beteiligte, meist nur "Skitsnack" brummte und damit wertvolle Kräfte schonte. Bra gjort!  

Weitsprung (Frauen)
Der Name der Disziplin ist, auf die diesjährige WM bezogen, ziemlich euphemistisch, denn besonders weit wurde nicht gesprungen. Der Weltrekord liegt bei 7,52 Metern, und keine einzige Athletin war in der Lage, diese Distanz durch einen beherzten Sprung zu überwinden, obwohl sie sogar Anlauf nehmen durfte. Ärgerlich für die ungarischen Veranstalter war zudem, dass sie extra einen neun Meter langen Sandkasten aufgebaut hatten, um entsprechend weite Sprünge zu ermöglichen. Der Serbin Ivana Vuleta reichten aber schließlich magere 3,14 Meter (vom Autor geschätzt), um den Wettbewerb und damit eine Medaille aus echtem Gold zu gewinnen. Somit wurden mehrere Tonnen Sand umsonst herangekarrt bzw. in selbigen gesetzt. Und wer bezahlt das? Die Ungarn, also letztlich die EU, mithin wir alle. Ein sportpolitischer Skandal, den es aufzuarbeiten gilt.  

4x Stabhochsprung Staffel (Frauen)
Wegen Unpraktikabilität abgebrochen.  

10.000 m (Männer)
Gewonnen haben wenig überraschend die Afrikaner, die damit die anderen Afrikaner auf die Plätze verwiesen. Wir Europäer sind zu verweichlicht für solche Distanzen, reden lieber über Gender, strukturellen Rassismus oder die 4-Tage-Woche. Der Afrikaner läuft einfach los und hört erst im Ziel damit auf. Solange letzteres nicht Europa ist, gratulieren wir herzlich.  

Fazit
Es waren historische Spiele, denn inzwischen seit vier Monaten vorbei und umfänglich dokumentiert auf den entsprechenden Plattformen. "Höher, weiter, schneller" sang Georg Stengel einst auf YouTube, aber darum ging es nicht. Dabei sein ist alles. Na ja, vielleicht nicht alles, aber besser als nicht dabei sein, wegen der Werbeverträge und dem wohlwollenden Applaus der Magyaren auf den Rängen. Eurosport hat alles live übertragen, sogar den Marathon morgens um 4, ich find' das bemerkenswert. Deutschland ging bei den Medaillen leider leer aus, aber das ist nur eine Momentaufnahme, wie alles in Leben, ich meinte: im Leben. Am Ende des Tages wurde immer das Flutlicht ausgeschaltet, um Energie zu sparen, eine Blaupause für die Zukunft am Ende des Tages. Es wurde gelaufen, geworfen und gesprungen, gejubelt und geweint, die ganze Palette. Eine Achterbahn der Gefühle, großes Tennis, auch wenn es nur Leichtathletik war.      

David Schuh 

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Lieber Jörg Metes (5.1.1959–16.6.2024),

Lieber Jörg Metes (5.1.1959–16.6.2024),

Du warst der jüngste TITANIC-Chefredakteur aller Zeiten. Du warst der Einzige, der jemals eine klare Vorstellung davon hatte, wie das ideale Heft aussehen musste, und hast immer sehr darunter gelitten, dass sich Deine Utopie nur unzureichend umsetzen ließ. Aus Mangel an Zeit und an Mitarbeiter/innen, die bereit waren, sich Nächte um die Ohren zu schlagen, nur um die perfekte Titelunterzeile oder das richtige Satzzeichen am Ende des Beitrags auf Seite 34 zu finden.

Legendär der Beginn Deiner satirischen Tätigkeit, als Du Dich keineswegs über einen Abdruck Deiner Einsendung freutest, sondern Robert Gernhardt und Bernd Eilert dafür beschimpftest, dass sie minimale Änderungen an Deinem Text vorgenommen hatten. Das wurde als Bewerbungsschreiben zur Kenntnis genommen, und Du warst eingestellt. Unter Deiner Regentschaft begann die Blütezeit des Fotoromans, Manfred Deix, Walter Moers und Michael Sowa wurden ins Blatt gehievt, und manch einer erinnert sich noch mit Tränen in den Augen daran, wie er mal mit Dir eine Rudi-Carrell-Puppe vor dem iranischen Konsulat verbrannt hat.

Nach TITANIC hast Du viele, die ihr Glück weder fassen konnten noch verdient hatten, mit Spitzenwitzen versorgt und dem ersten deutschen Late-Night-Gastgeber Thomas Gottschalk humortechnisch auf die Sprünge geholfen. Und dass River Café, eine deutsche Talkshow, die live aus New York kam, nur drei Folgen erlebte, lag bestimmt nicht an Deinen Texten. Auf Spiegel online hieltest Du als ratloser Auslandskorrespondent E. Bewarzer Dein Kinn in die Kamera, und gemeinsam mit Tex Rubinowitz hast Du das Genre des Listenbuches vielleicht sogar erfunden, auf jeden Fall aber end- und mustergültig definiert, und zwar unter dem Titel: »Die sexuellen Phantasien der Kohlmeisen«. Und diese eine Geschichte, wo ein Psychiater in ein Möbelhaus geht, um eine neue Couch zu kaufen, und der Verkäufer probeliegen muss, wo stand die noch mal? Ach, in der TITANIC? Sollte eigentlich in jedem Lesebuch zu finden sein!

Uns ist natürlich bewusst, dass Du auch diesen Brief, wie so viele andere, lieber selber geschrieben und redigiert hättest – aber umständehalber mussten wir das diesmal leider selbst übernehmen.

In Liebe, Deine Titanic

 Wurde aber auch Zeit, Niedersächsische Wach- und Schließgesellschaft!

Mit Freude haben wir die Aufschrift »Mobile Streife« auf einem Deiner Fahrzeuge gesehen und begrüßen sehr, dass endlich mal ein Sicherheitsunternehmen so was anbietet! Deine Mitarbeiter/innen sind also mobil. Sie sind unterwegs, auf Achse, auf – um es einmal ganz deutlich zu sagen – Streife, während alle anderen Streifen faul hinterm Büroschreibtisch oder gar im Homeoffice sitzen.

An wen sollten wir uns bisher wenden, wenn wir beispielsweise einen Einbruch beobachtet haben? Streifenpolizist/innen? Hocken immer nur auf der Wache rum. Streifenhörnchen? Nicht zuständig und außerdem eher in Nordamerika heimisch. Ein Glück also, dass Du jetzt endlich da bist!

Freuen sich schon auf weitere Services wie »Nähende Schneiderei«, »Reparierende Werkstatt« oder »Schleimige Werbeagentur«:

Deine besserwisserischen Streifbandzeitungscracks von Titanic

 Gesundheit, Thomas Gottschalk!

In Ihrem Podcast »Die Supernasen« echauffierten Sie sich mit einem fast schon dialektischen Satz zu Ihrer eigenen Arbeitsmoral über die vermeintlich arbeitsscheuen jungen Leute: »Es gab für mich nie eine Frage – ich war nie in meinem Leben krank, wenn ich im Radio oder im Fernsehen aufgetreten bin. Ich habe oft mit Schniefnase irgendwas erzählt.«

Das hat bei uns zu einigen Anschlussfragen geführt: Wenn Sie »nicht krank«, aber mit Schniefnase und im Wick-Medinait-Delirium vor einem Millionenpublikum zusammenhanglose Wortfetzen aneinandergereiht haben – war das nicht eine viel dreistere, weil höher bezahlte Form der Arbeitsverweigerung als eine Krankmeldung?

Wünscht Ihnen nachträglich gute Besserung: Titanic

 Endlich, »ARD«!

Seit Jahren musst Du Dich rechtfertigen, weil Du immer wieder die NS-Enthusiast/innen von der AfD zu Kuschelkursinterviews einlädst und ihnen eine gebührenfinanzierte Plattform bietest, damit sie Dinge verbreiten können, die sich irgendwo zwischen Rassenlehre und Volksverhetzung befinden. Aber jetzt hast Du es den Hatern endlich gezeigt und AfD-Anführer Tino Chrupalla in das härteste Interviewformat ever eingeladen: »Frag selbst«, das freaky Social-Media-Format von der Tagesschau, das schon Olaf Scholz mit knallharten Fragen à la »Wann Döner wieder drei Euro?« niedergerungen hat. Wir sind uns sicher: Besser als mit einem Kartoffelranking auf dem Twitch-Kanal der Tagesschau kann die AfD gar nicht entlarvt werden!

Legt schon mal die Chips bereit: Titanic

 Also echt, Hollywood-Schauspieler Kevin Bacon!

»Wie wäre es eigentlich, wenn mich niemand kennen würde?« Unter diesem Motto verbrachten Sie mit falschen Zähnen, künstlicher Nase und fingerdicken Brillengläsern einen Tag in einem Einkaufszentrum nahe Los Angeles, um Ihre Erfahrungen als Nobody anschließend in der Vanity Fair breitzutreten.

Die Leute hätten sich einfach an Ihnen vorbeigedrängelt, und niemand habe »Ich liebe Dich!« zu Ihnen gesagt. Als Sie dann auch noch in der Schlange stehen mussten, um »einen verdammten Kaffee zu kaufen«, sei Ihnen schlagartig bewusst geworden: »Das ist scheiße. Ich will wieder berühmt sein.«

Das ist doch mal eine Erkenntnis, Bacon! Aber war der Grund für Ihre Aktion am Ende nicht doch ein anderer? Hatten Sie vielleicht einfach nur Angst, in die Mall zu gehen und als vermeintlicher Superstar von völlig gleichgültigen Kalifornier/innen nicht erkannt zu werden?

Fand Sie nicht umsonst in »Unsichtbare Gefahr« am besten: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

 Beim Aufräumen in der Küche

Zu mir selbst: Nicht nur Roger Willemsen fehlt. Auch der Korkenzieher.

Uwe Becker

 Räpresentation

Als Legastheniker fühle ich mich immer etwas minderwertig und in der Gesellschaft nicht sehr gesehen. Deshalb habe ich mich gefreut, auf einem Spaziergang durch Darmstadt an einer Plakette mit der Aufschrift »Deutscher Legastheniker-Verband« vorbeizukommen. Nur um von meiner nichtlegasthenischen Begleitung aufgeklärt zu werden, dass es sich dabei um den »Deutschen Leichtathletik-Verband« handele und und umso teifer in mein Loch züruckzufalllen.

Björn Weirup

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

 Zeitsprung

Dem Premierenpublikum von Stanley Kubricks »2001: Odyssee im Weltraum« wird der Film 1968 ziemlich futuristisch II vorgekommen sein.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster