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Ohne Ploß nichts los

Demnächst wird ein Halbliterhumpen Papstblut in das Berliner Büro das Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß geliefert. Warum eigentlich? Und wer ist dieser Ploß, was geht noch alles in ihm vor? Ein Porträt seiner Gedanken.  

Da hat er sich böse vertippt! Vorher war der Hamburger Politiker Ploß – nach ewigem Recherchieren im K-Net (katholisches Darknet) – auf die Originalblutstropfen des legendären Papstes Johannes Paul II. gestoßen. Die Reliquie war als unauffälliger Zierrat auf seinem Abgeordnetenschreibtisch vorgesehen - Zierrat und göttliche Inspiration für die tägliche politische Arbeit. Dafür hatte der Christdemokrat Christoph Ploß bereits einen kleinen Flakon bei Nanu Nana gekauft.

Groß war die Freude. Dann gab der Mann anstelle der handelsüblichen Menge von einem halben Milliliter einen halben Liter ein. "Um Gottes Willen" fuhr es da aus ihm heraus und selten war der Ausruf wörtlicher zu verstehen. Blind vor Euphorie hatte der junge Politiker gleichzeitig mit der Mengenangabe auf "Absenden" geklickt. Um die Bestellung zu ändern, musste er noch einmal sein Passwort eingeben. Vor lauter Stress und Hektik fiel es ihm aber nicht mehr ein, es fiel ihm einfach nicht mehr ein! Dann erinnerten ihn die Sternchen-Symbole im Passwort-Textfeld auch noch dauernd an die von ihm verhassten Gendersternchen, was nicht zur Beruhigung beitrug – im Gegenteil. Laut fluchend knallte Ploß die Tastatur auf den Schreibtisch, dass die Tasten hüpften. Und wie sie hüpften. Besonders weit hüpfte das scharfe ß. Ausgerechnet das scharfe ß! Das braucht er doch ständig, wenn er seinen Namen schreibt. Er ist so stolz auf das scharfe ß in seinem Namen. Fuchsteufelswild wird er immer, wenn ihm Zuschriften erreichen, in denen er mit Doppel-S geschrieben wird. Wobei sein Parteifreund Jörn Kruse das auch gerne macht. Ploss! Mit SS. Aber Ploß verzeiht ihm das, wegen Kruses politischer Sozialisation in der AfD. Dort war er, bevor ihn Ploß heim ins anständige politische Reich führte – zu sich in die CDU.  

Kruse und Ploss standen sich immer schon sehr nahe. Ordnung und Humor vereint sie. Kruse war ordentlicher Professor und über seinen Witz, dass Frauen in Burkas schwarze Monster seien, muss Ploß heute noch herzhaft lachen. Bei jeder Gelegenheit. Auch im Bus. Es reicht mittlerweile schon, wenn eine Frau mit wallenden Gewändern oder einem dicken Schal zusteigt. Ploß fängt dann immer an, laut zu lachen. Die Leute schauen ihn dann komisch an. Sie haben offenbar keinen Humor. Im Gegensatz zu ihm und seinem Kumpel Kruse. Wer Humor hat, kann kein schlechter Mensch sein, davon ist Ploß überzeugt. Und so ein Mensch kann auch kein schlechter Politiker sein. Wenn es nach ihm ginge, würden viel mehr solcher Leute wichtige Aufgaben in der CDU wahrnehmen. Der Historiker Ploß erinnert sich oft daran, dass die CDU keine schlechten Zeiten hatte, wenn sie Ex-Nazis in Spitzenpositionen hievte. Nur 23 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs war mit Kurt Georg Kiesinger ein früheres NSDAP-Mitglied sogar Bundeskanzler. Gern und häufig denkt er an die Zeit zurück, in der er noch nicht geboren war.

Aber sein Vater war zum Glück schon auf der Welt und er zeugte den kleinen Christoph. Sein Vater war übrigens einst DDR-Bürger. Aus dem falschen Deutschland ließ er sich von einem Fluchthelfer ins richtige Deutschland bringen. Ploß legt Wert auf den Begriff Fluchthelfer. Mit Schleuser bezeichnet man jene, die die falschen Menschen bringen.

Damals war die Welt noch in Ordnung. Wer nicht verheiratet war, bekam keine Wohnung, durfte nicht einmal im Zelt übernachten. Lange hat die CDU gegen ein Aufweichen der heiligen Ehe gekämpft – bis 1973 eine sozialliberale Mehrheit das Gesetz zur Förderung des außerehelichen Geschlechtsverkehrs abschaffte. Und den Weg für Sodom und Gomorrha in der Gesellschaft öffnete. Wäre Christoph Ploß damals auch schon Politiker gewesen, er hätte ausgeklügelte Kampfreden gegen diese Unzucht geführt, die seitdem immer mehr um sich greift.  

Immer mehr Geschlechter werden erfunden. Hier verliert man schnell die Übersicht und das birgt Gefahren! In der Frauensauna zum Beispiel. Wie will man verhindern, dass nur Frauen in der Frauensauna sind, wenn Männer sich einfach als Frauen definieren dürfen? Nicht nur als Christdemokrat, sondern auch als Mann hat Christoph Ploß Angst um die Frauen. Deshalb sprach er sich neulich für ein Besuchsverbot von Transgendern in Frauensaunen aus. Ganz stolz war er, dass er in seiner auf Twitter veröffentlichten Forderung den Satz "Schutzräume für Frauen" unterbringen konnte. Alice Schwarzer hat den entsprechenden Tweet retweetet. Ploß hat nun aber doch ein wenig Angst davor, dass ihn Schwarzer zum Ortstermin in eine Sauna einlädt. 

Als nächstes will er in eine eigene Wohnung ziehen. Und dann wird er seiner Mutter das Sie anbieten.

Günter Flott 

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gut gehobelt, Noemi Molitor (»Taz«)!

»Unser Handwerk im Journalismus ist die Sprache. Bei genau diesem Werkzeug lohnt es sich also, genau hinzuschauen und auch ethische Fragen an orthografische Regeln zu stellen.«

Die Sprache: Handwerk und Werkzeug in einem. Wird auch nicht besser mit dem Fachkräftemangel, wie?

Schaut genau hin: Titanic

 Hmmm, Aurelie von Blazekovic (»SZ«)!

Am Abend der Wahlen in Thüringen und Sachsen hatte die ZDF-Chefredakteurin Schausten dem 1. September 2024 den 1. September 1939 an die Seite gestellt, und dazu fiel Ihnen dies ein: »Das Dämonisieren von Rechtspopulisten hatte bisher keinen Erfolg. Egal, wie richtig es ist, dass die AfD gefährlich, radikal, extrem ist. Politiker, Journalisten, Demokratieverteidiger können das immer noch lauter und lauter rufen – aber es bringt nichts. Die berechtigten Warnungen sind inzwischen leere Formeln. Die Wahlergebnisse der AfD sind immer besser geworden, der Trotz immer erheblicher. Die Tatsache, dass sie sich beständig als Opfer von Medien inszenieren kann, hat der Partei genutzt. Es ist nicht die Aufgabe von Bettina Schausten, die AfD kleinzukriegen, sondern die der anderen Parteien. Sie sollten mal über den Tim-Walz-Weg nachdenken. Ist Björn Höcke etwa nicht weird

Ist er. Hitler war es auch, und ihn als »Anstreicher« (Brecht) oder inexistenten Krachmacher (Tucholsky) zu entdämonisieren, hat bekanntlich so viel gebracht, dass diese Sätze nie haben fallen müssen: »Man hat mich immer als Propheten ausgelacht. Von denen, die damals lachten, lachen heute Unzählige nicht mehr, und die jetzt noch lachen, werden in einiger Zeit vielleicht auch nicht mehr lachen.«

Wegweisend winkt Titanic

 Njamm, REWE!

Da lief uns ja das Wasser im Mund zusammen, als wir in einer Deiner Filialen mit dieser Werbung beschallt wurden: »Der Sommer schmeckt nach Heinz«. Mmmh! Nach welchem denn? Heinz Rühmann? Heinz Erhardt? Heinz Rudolf Kunze? Oder gar Karl-Heinz Rummenigge? Worauf wir danach aber komischerweise gar keinen Appetit mehr hatten, war Ketchup.

Im Anschluss an diesen Brief haben wir gleich noch ein paar weitere Erledigungen zu machen und freuen uns schon auf Durchsagen wie »Der Herbst schmeckt nach Stuhl« bei Ikea, »Der Herbst schmeckt nach Eicheln« im Gartencenter, »Der Herbst schmeckt nach getrockneten Ochsenschwänzen« im Tierfutterhandel oder »Der Herbst schmeckt nach Linoleum« im Baumarkt!

Deine Heinzelmäuse von Titanic

 Wenn Sie, Micky Beisenherz,

als Autor des »Dschungelcamps« gedacht hatten, Sie könnten dessen Insass/innen mit einer Scherzfrage aus der Mottenkiste zu der Ihnen genehmen Antwort animieren, dann waren Sie aber so was von schief gewickelt; die RTL-»Legenden« wollten Ihnen nämlich partout nicht den Gefallen tun, auf die Frage, womit sich Ornitholog/innen beschäftigten, einfach und platterdings »mit Vögeln« zu antworten.

Stattdessen kamen: »Was ist das denn?« oder »What the fuck …?«. Dafür zu sorgen, dass so aus Ahnungslosigkeit ein Akt des Widerstands gegen Ihre idiotische Fangfrage wurde, das soll Ihnen, Beisenherz, erst mal jemand nachmachen.

Mit der Ihnen gebührenden Hochachtung: Titanic

 Tatütata, LKA Niedersachsen!

»Ganz viel Erfolg morgen bei der Prüfung, liebe Karin«, sagt angeblich das gesuchte ehemalige RAF-Mitglied Burkhard Garweg gut gelaunt in einem Video, das bei der Fahndung im Presseportal unter der Rubrik »Blaulicht« veröffentlicht wurde. Die Fahnder/innen erhofften sich dadurch, so heißt es, neue Hinweise, und richten sich deshalb mit den Fragen an die Bevölkerung: »Wer ist ›Karin‹ bzw. ›Carin‹?« und: »In welchem Zusammenhang steht sie zu Burkhard Garweg?«. Schön und gut, da möchten wir nach einem derartigen Cliffhanger nun aber auch die Frage hinzufügen: Wie ist Karins Prüfung denn nun eigentlich gelaufen?

Hinweise an Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Aus der militärgeschichtlichen Forschung

Feldjäger sind auch nur Sammler.

Daniel Sibbe

 Schrödingers Ruhebereich

Wenn es im Abteil so still ist, dass ein Fahrgast einschläft und dann übertrieben laut schnarcht.

Loreen Bauer

 Reality-TV

Bei der Fernsehserie »Die Nanny« gibt es diese eine Szene, in der die Mutter der Nanny, Sylvia Fine, in einem Pariser Restaurant mit dem Kellner kommunizieren will. Da sie kein Französisch spricht, nutzt sie zum Austausch ausschließlich den Text des französischen Kinderliedes »Frère Jacques«: Mit »Frère Jacques« ruft sie den Kellner, mit »Ding-ding-dong« fordert sie einen neuen Kaffee und so weiter. In der Serie klappte das sehr gut, und als Kind fand ich es auch ausgesprochen lustig, war mir allerdings sicher, dass das in der Realität nie funktionieren würde – bis es mir selbst gelang. Das kam so: Im Fitnessstudio wartete ein junger Mann am Tresen vergeblich auf einen Trainer. Vergeblich, weil er die im Tresen eingelassene Klingel nicht betätigt hatte. Nun hatte ich ihn während des Trainings Französisch sprechen hören, sprach allerdings selbst keines. Da ich aber der Einzige war, der sein vergebliches Warten bemerkte, ging ich schließlich hin, zeigte auf die Klingel und sagte »Sonnez les matines! Sonnez les matines!« Er verstand sofort und klingelte ausgiebig. Kurz darauf erschien der Trainer und ließ ihn hinaus. Da soll noch mal einer sagen, Fernsehen würde im Leben nicht helfen.

Karl Franz

 Mitläuferin? Ganz im Gegenteil!

Meine Oma fuhr im Widerstand Motorrad.

Andreas Maria Lugauer

 Quo vadis, Fortschritt?

Unfassbar: Nach so vielen Jahren des Horrorfilms gruseln sich die Leute noch vor der Nosferatu-Spinne. Wann taucht in unseren Breiten endlich die Slasher- oder Zombie-Spinne auf?!

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
15.10.2024 Tuttlingen, Stadthalle Hauck & Bauer und Thomas Gsella
16.10.2024 München, Volkstheater Moritz Hürtgen mit Max Kersting und Maria Muhar
16.10.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
16.10.2024 Frankfurt, Buchmesse TITANIC auf der Frankfurter Buchmesse