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"Einige meiner besten Freunde sind Buchstaben" - Interview mit Alfred

Alfred ist das Maskottchen der AfD. Wieso hat diese Partei überhaupt ein Maskottchen? Die anderen scheinen so etwas nicht zu benötigen. TITANIC hat nachgehakt.

Herr Alfred, Sie sind das Maskottchen der AfD. Wieso hat Ihre Partei überhaupt ein Maskottchen? Die anderen scheinen so etwas nicht zu benötigen.

Da entlarven Sie sich als regierungstreue Lügenpresse ja schon mit der ersten Frage! Natürlich gibt es auch Maskottchen bei anderen Parteien, die Grünen haben zum Beispiel Anton Hofreiter.

Optisch erinnern Sie an Lurchi, das Maskottchen des Schuhherstellers Salamander. Lurchi stiefelt ja immer in Schwarz-Gelb durch die Gegend, den Farben der rechtsextremen Identitären Bewegung. Kennen Sie sich?

Was wollen Sie da andeuten?

Uns liegen Informationen vor, denen zufolge Sie früher unter dem Pseudonym Landolf "Lurchi" Ladig antisemitische Texte in Sammelbänden wie "Lurchis Abenteuer" und "Lurchi und seine Freunde" veröffentlicht haben.

Absurd! Wissen Sie, manchmal ist ein Lurch einfach nur ein Lurch. Aber klar, als linksgrüne Medienhure sehen Sie wahrscheinlich überall Verschwörungen und Verbindungen, wo keine sind. Was kommt als Nächstes? Werden Sie mich fragen, ob ich ein Reptiloid bin?

In Ihrem Namen steckt ja die "AfD", deshalb schreiben Ihre Fans das D hinten groß: AlfreD. Stimmt es, dass man Sie ursprünglich Adolf nennen wollte?

Netter Versuch, mich in eine Ecke zu drängen. Mein Name ist AlfreD, weil Alfred einfach ein guter, solider, deutscher Name ist, der auch klingt wie ein richtiger Name und nicht wie eine Soja-Latte bei Starbucks. Nicht so ein moderner Quatsch wie Eric Big Clit oder Herzibär.

Sie spielen an auf Albärt, das Maskottchen der kommenden Männerfußballeuropameisterschaft 2024 in Deutschland, für welches der Namensvorschlag Herzi von Bär kursierte. Weil es sich um einen herzförmigen Bären handelt, der für Vielfalt und Toleranz steht.

Ja, furchtbar. Haben wir nichts aus Katar gelernt? Dieser ganze Kumbaya-Kram ist doch unerträglich. Fußball ist Fußball und kein Wohlfühlseminar, da geht's ums Gewinnen, nicht ums Händchenhalten. Ich hoffe einfach, dass die NATIONALmannschaft, wie ich unsere Elf übrigens weiterhin nenne, und dieser Bussibär unser schönes Land nicht allzu sehr blamieren.

Seinen ersten Einsatz hatte der Bär beim Spiel Deutschland gegen Kolumbien, das ging 0:2 verloren.

Weil wir uns eben nur noch auf politische Korrektheit und irgendwelche Armbinden konzentrieren statt auf den Sport. Nach dem Spiel hätte ich diesen Problembären gleich zum Abschuss freigegeben.

Sie tragen selbst ein Herz auf Ihrem Shirt.

Das ist etwas völlig anderes. Dieses Herz steht für die Liebe zu unserem Land.

Außerdem tragen Sie eine extrem kurze Hose, die nahtlos in Ihren gut sichtbaren roten Schwanz übergeht. So sieht man Sie zum Beispiel auf Buntstiftpackungen. Ist das nicht genau die Frühideologisierung und auch -sexualisierung unserer Kinder, die die AfD so vehement anprangert?

In einem Land, in dem jeden Tag nackte Drag Queens in katholischen Kindergärten Sadomaso-Praktiken unterrichten, halte ich Buntstifte für harmlos. Und was meinen Schwanz angeht: Ich bin stolz darauf, ihn öffentlich zu zeigen. Das ist ein Zeichen von Freiheit. Auch wenn das heute offenbar schon als problematisch gilt: Ja, ich habe einen Schwanz!

Wie stehen Sie zur LGBTQ-Community?

Ich habe kein Problem mit diesen Buchstaben. Außer beim Scrabble, ahahaha! Aber im Ernst: Einige meiner besten Freunde sind Buchstaben. Der Buchstabe "D" zum Beispiel.

Gendern Sie?

Lieber falle ich für immer in Winterstarre.

Welchem Flügel innerhalb der AfD würden Sie sich zurechnen?

Wir lassen uns nicht in linke und rechte Flügel einteilen. Wir sind eine Einheit. Wenn ich aber wählen müsste, würde ich mich dem gemäßigten Flügel zuordnen, also dem um Björn Höcke.

Höckes AfD in Thüringen wurde als "erwiesen rechtsextrem" eingestuft. Trotzdem steht sie in Umfragen bei 33%.

Wieso "trotzdem"?

Wollen Sie sagen, dass jeder Dritte Thüringer rechtsradikal ist?

Nein, auf keinen Fall! Ich würde eher sagen: jeder Zweite. Höcke schafft es einfach nicht, unser volles Wählerpotential zu entfalten. Damit gefährdet er den Erfolg der AfD.

Aber Höcke hat doch schon so ziemlich jeden AfD-Chef vertrieben, der nicht rechts genug war.

Mag sein, doch irgendwann ist auch er fällig. Höcke ist viel zu zahm, zu harmlos. Er traut sich nicht, das auszusprechen, was viele in der Partei denken. Wir müssen ihn loswerden. Wir brauchen eine starke Führerfigur und nicht so einen feuchtäugigen Jammerlappen.

Wer könnte ihn stürzen?

Lassen Sie das mal meine Sorge sein. Ich erfreue mich großer Beliebtheit in der Partei, bin rhetorisch versiert und noch dazu ein lustiger Lurch. Gegen mich hat dieser Grottenolm Höcke keine Chance.

Vielen Dank für das Gespräch.

Danke ebenso. Ich werde Ihnen nach der Machtergreifung eine der netteren Zellen zuteilen lassen.

 

Cornelius W. M. Oettle

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
02.05.2024 Dresden, Schauburg Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella