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"Mein Leben hat sich total verändert"

Welt-Sensation! Das erste Interview mit Anne Hoffmann, der frisch entlassenen Chefredakteurin von Die Aktuelle! Es klingt täuschend echt!  

TITANIC: Frau Hoffmann, die Funke-Mediengruppe hat sich mit sofortiger Wirkung von Ihnen getrennt, nachdem das Klatschblatt Die Aktuelle, das Sie journalistisch verantwortet haben, ein Interview mit "Michael Schumacher" veröffentlicht hatte. Es handelte sich um einen KI-generierten Text, der als echtes Gespräch mit dem ehemaligen Rennfahrer angeteasert wurde.

Hoffmann: Moment, was ist denn das für eine tendenziöse Formulierung? Ich habe das, wie Sie es nennen, "Klatschblatt" nicht journalistisch verantwortet. Mit Journalismus hat das doch nun wirklich nichts zu tun.

TITANIC: So steht es jedenfalls in der Funke-Pressemitteilung vom 21. April. Wie haben Sie eigentlich von Ihrer Kündigung erfahren?  

Hoffmann: Das war ganz originell und süß: Die Kollegen haben mir eine persönlich erstellte Aktuelle-Titelseite per E-Mail geschickt. Darauf prangte mein Porträt und darunter in großen gelben Lettern die Zeile "Anne Hoffmann: Sie ist nicht mehr unter uns!" Nette Idee.

TITANIC: War die Mitteilung denn gar kein Schock für Sie?  

Hoffmann: Zum Glück bin ich schon lange nicht mehr zu menschlichen Emotionen fähig. Trotzdem hat mir die Mail ein wenig den Freitagabend verdorben. Ich hatte es mir gerade gemütlich gemacht mit einem Glas Fentanyl-Schwipschwap und einer schönen Doku über afrikanische Kindersoldaten.

TITANIC: Ihr Verlag spricht von einem "geschmacklosen und irreführenden" Artikel, den Sie vergangene Woche gedruckt haben. Eine korrekte Einschätzung?

Hoffmann: Ach, wissen Sie, Boulevard ist wie Skifahren. Du schlängelst dich eine glatte Piste hinab, weichst Hindernissen aus, von allen Seiten versucht man dich zu überholen, und am Ende kommst du ganz unten an, sofern du nicht stolperst und dir den Kopf an einem Stein aufschlägst. Letzteres ist mir nun passiert.

TITANIC: Sehen Sie sich etwa ein Stück weit als Opfer?

Hoffmann: Wir alle haben mit unseren Dämonen zu kämpfen. Bei mir häuften sich zuletzt private Einschläge. Sie werden verstehen, dass ich darüber nicht sprechen möchte.

TITANIC: Selbstverständlich.

Hoffmann: Also gut, hier sind Sie. SCHLAGANFALL-DRAMA um meine Mutter! Tochter (12): DROGEN-BEICHTE! Nachricht vom Ex: FLAMMT MEINE GROSSE LIEBE WIEDER AUF?

TITANIC: Ähm … möchten Sie das präzisieren?

Hoffmann: Ja. Die Nachbarin meiner Mutter hatte beim gemeinsamen Kuchenessen kurz Angst, einen leichten Schlaganfall zu haben, aber sie hatte nur ihr Fitbit zu eng geschnallt. Meine Tochter hat mir neulich erzählt, dass sie an einer Haltestelle Zigarettenrauch eingeatmet hat und sich darauf schwor, niemals zu rauchen. Und im März hat mir ein Schulkamerad eine Einladung zum Klassentreffen geschickt.

TITANIC: Kommen wir wieder auf das angebliche Schumi-Interview zurück. Sie schreiben, es stammt "von einer Internetseite, 'die mit Künstlicher Intelligenz, kurz KI genannt, zu tun hat'". Hat Ihre Redaktion überhaupt nicht in den Text eingegriffen?

Hoffmann: Jetzt kann ich's ja verraten. In einer früheren Fassung hatten wir Schumacher zusätzlich ein paar selbstgeschriebene Sätze in den Mund gelegt, zum Beispiel "Aua, meine Omme!" oder "Ich freue mich, dass ich endlich viel Zeit habe, in den hochwertigen Unterhaltungsmagazinen der Funke-Mediengruppe zu schmökern". Das war presserechtlich unterste Kanone. Wir mussten sie dann trotzdem rausstreichen, aus Platzgründen.

TITANIC: Finden Sie nicht, dass allein die Ankündigung eines Interviews mit einem vor zehn Jahren aus der Öffentlichkeit geschiedenen Prominenten auf niederste Instinkte abzielt?

Hoffmann: Schon. Aber das sind nun mal die Instinkte von Formel-1-Fans. Außerdem … KREBS-GLÜCK: Helene Fischer kann wieder lachen!

TITANIC: Lenken Sie bitte nicht vom Thema ab. Die Familie Schumacher will sogar juristisch gegen Die Aktuelle vorgehen.

Hoffmann: Ja, das haben sie bereits am 20.4. angekündigt, das Datum hat seitdem einen richtig faden Beigeschmack für mich. Dennoch sehe ich einem Rechtsstreit gelassen entgegen. Die Funke-Anwälte haben bereits ein Baby geopfert, um Justitia milde zu stimmen.

TITANIC: Wie geht es jetzt mit Ihnen weiter? Haben Sie schon Jobangebote bekommen?

Hoffmann: Habe ich tatsächlich. Friede Springer hat mich auf Twitter eingeladen, sie mal auf ihrer Plantage zu besuchen. Dass es sich um die echte Springer-Witwe handelt, weiß ich wegen ihres blauen Hakens. Außerdem arbeite ich an einer Enthüllungsstory für Das Goldene Blatt: "Dame Edna († 89) – War sie in Wahrheit ein Mann?"

TITANIC: Frau Hoffmann, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Hoffmann: Wenn Sie das veröffentlichen, lasse ich einen Güllewagen in Ihre Redaktion rasen.  

Torsten Gaitzsch

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Du, »MDR«,

gehst mit einer Unterlassungserklärung gegen die sächsische Linke vor, weil die im Wahlkampf gegen die Schließung von Kliniken plakatiert: »In aller Freundschaft: Jede Klinik zählt.« Nun drohen juristische Scharmützel nebst entsprechenden Kosten für beide Seiten. Wie wäre es, wenn die Linke ihr Plakat zurückzieht und im Gegenzug nur eine einzige Klinik schließt? Die Ersparnisse dürften gewaltig sein, wenn die Sachsenklinik erst mal dichtgemacht hat.

Vorschlag zur Güte von Deinen Sparfüchsen von Titanic

 »Welt«-Feuilletonist Elmar Krekeler!

»Friede eurer gelben Asche, Minions!« überschrieben Sie Ihre Filmkritik zu »Ich – einfach unverbesserlich 4«. Vorspann: »Früher waren sie fröhliche Anarchisten, heute machen sie öde Werbung für VW: Nach beinahe 15 Jahren im Kino sind die quietschgelben Minions auf den Hund gekommen. Ihr neuestes Kino-Abenteuer kommt wie ein Nachruf daher.«

Starkes Meinungsstück, Krekeler! Genau dafür lesen wir die Welt: dass uns jemand mit klaren Worten vor Augen führt, was in unserer Gesellschaft alles schiefläuft.

Dass Macron am Erstarken der Rechten schuld ist, wussten wir dank Ihrer Zeitung ja schon, ebenso, dass eine Vermögenssteuer ein Irrweg ist, dass man Viktor Orbán eine Chance geben soll, dass die Letzte Generation nichts verstanden hat, dass Steuersenkungen für ausländische Fachkräfte Deutschlands Todesstoß sind und dass wir wegen woker Pronomenpflicht bald alle im Gefängnis landen.

Aber Sie, Elmar Krakeeler, haben endlich den letzten totgeschwiegenen Missstand deutlich angesprochen: Die Minions sind nicht mehr frech genug. O tempora. Titanic

 Wenn, Sepp Müller (CDU),

Bundeskanzler Olaf Scholz, wie Sie ihm vorwerfen, in einem »Paralleluniversum« lebt – wer hat dann seinen Platz in den Bundestagsdebatten, den Haushaltsstreitgesprächen der Ampelkoalition, beim ZDF-Sommerinterview usw. eingenommen?

Fragt die Fringe-Division der Titanic

 Hi, Daniel Bayen!

Sie sind sehr jung und waren mit Ihrer Firma für Vintage-Klamotten namens Strike vorübergehend sehr erfolgreich. Die ist jetzt pleite, machte aber zeitweise 2,9 Millionen Euro Umsatz. Der Bedarf war so groß, dass Correctiv-Recherchen zufolge sogar massenhaft Neuware zwischen die Secondhand-Bekleidung gemischt wurde. Auch Sie räumten demnach ein, gefälschte Ware geordert zu haben. Allerdings, so behaupten Sie, nur, um Ihren »Mitarbeitern zu zeigen, wie man gefälschte Ware identifiziert und aussortiert«.

Aber Bayen, Ihre Expertise besteht doch darin, neue Sachen auf alt zu trimmen. Also versuchen Sie bitte nicht, uns solche uralten Tricks zu verkaufen!

Recycelt Witze immer nach allen Regeln der Kunst: Titanic

 Lieber Fritz Merz,

im Podcast »Hotel Matze« sagst Du, dass Du in Deutschland große Chancen bekommen hättest und etwas zurückgeben wolltest. Jawollo! Wir haben da direkt mal ein bisschen für Dich gebrainstormt: Wie wär’s mit Deinem Privatjet, dem ausgeliehenen vierten Star-Wars-Film oder dem Parteivorsitz? Das wäre doch ein guter Anfang!

Wartet schon ganz ungeduldig: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Verabschiedungsrituale

Wie sich verabschieden in größerer Runde, ohne dass es ewig dauert? Ich halte es so: Anstatt einen unhöflichen »Polnischen« zu machen, klopfe ich auf den Tisch und sage: »Ich klopf mal, ne?«. Weil mir das dann doch etwas unwürdig erscheint, klopfe ich im Anschluss noch mal bei jeder Person einzeln. Dann umarme ich alle noch mal, zumindest die, die ich gut kenne. Den Rest küsse ich vor lauter Verunsicherung auf den Mund, manchmal auch mit Zunge. Nach gut zwanzig Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und ich verpasse meine Bahn.

Leo Riegel

 Dialog auf Augenhöhe

Zu meinen Aufgaben als Marketingexperte in einem modernen Dienstleistungsunternehmen gehört es unter anderem, unzufriedene Kunden zu beschwichtigen. Vor kurzem beschwerte sich einer von ihnen darüber, dass wir in unseren Texten immer dieselben Bausteine verwenden. Die Mail ließ mich ganz irritiert zurück. Ein Glück, dass wir für genau solche Anfragen gleich fertige Antworten haben.

Andreas Maier

 Krasse Segregation

Wer bestimmten Gruppen zugehört, wird auf dem Wohnungsmarkt strukturell diskriminiert. Viele Alleinstehende suchen händeringend nach einer Drei- oder Vierzimmerwohnung, müssen aber feststellen: Für sie ist dieses Land ein gnadenloser Apartmentstaat, vor allem in den Großstädten!

Mark-Stefan Tietze

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
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