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Right here statt Down Under

Kurz vor dem Start der 16. Staffel von "Ich bin ein Star – holt mich hier raus" steht das Endlos-Format in der Kritik. Ist es in Zeiten des Klimawandels überhaupt noch vertretbar, Ausrüstung, Crew und Kandidaten für das RTL-Dschungelcamp Co2-intensiv in den australischen Busch zu karren? Zum Glück hat TITANIC alternative Sendekonzepte entwickelt, für die man Deutschland künftig erst gar nicht mehr verlassen muss.

 

Der Saustall des Grauens  
Willkommen in der Fleischhölle des Tönnies-Werks Rheda-Wiedenbrück! Hier müssen die Camp-Teilnehmer während ihres fast dreiwöchigen Aufenthalts jeden Tag Tierbehausungen ausmisten, in rotfleckigen Schürzen und weißen Haarnetzen tiefgefrorene Rinderhälften umherwuchten, das vom Fußboden aufgemoppte Blut in die Verarbeitungsanlagen wringen und sich in der Pause zwischen Doppelschicht und Nachtdienst allabendlich dem Votum deutscher Grillwurstfans unterwerfen. Die Privilegierten unter den Bewerbern um die Dschungelkrone dürfen in den Unterkünften für rumänische Leiharbeiter logieren, während Prüfungs-Versager im Stallbereich einen durchschnittlich 0,75qm  kleinen Platz zum Essen, Schlafen und Verstoffwechseln zugewiesen bekommen (≙ Haltungsstufe 1). Besonders tückisch: Enge, Isolation, Mangelernährung und eine 24/7-Beschallung mit Billy Idols "Flesh for Fantasy" sorgen dafür, dass die Hinterteile der übrigen Bewerber um die Dschungelkrone mit jeder Sendeminute leckerer aussehen.  

Top-Prüfungen: Hot-Dog-Wettessen mit vorher über den Boden gerollten Ekelfleisch-Wienern, Tauchgänge im Wurstwasser-Bottich, "Wissen-was-drin-ist"-Tastings.    

Kandidaten: Uli Hoeneß, der Aufsichtsrat der "Tönnies Holding", Clemens Tönnies.  

Moderatorenteam: Steffen Henssler & Richard David Precht    

Preis für den Sieger: Ein Starterset für die Herstellung von "In-vitro-Hamburgern" (Petrischale mit einer Stammzelle).  

 

Nervenkitzel im Horrorhaus  
Wie wäre es alternativ mit einem völlig unzumutbaren Aufenthalt in der Bundeszentrale der CDU? Erlesene Gäste aus dem eher linkslastigen Spektrum der Gesellschaft sitzen ihre Zeit im Horror-Setting des Berliner "KAH" ab, wo es minütlich zu extrem gruseligen Schock-Begegnungen mit aktiven und ehemaligen Polit-Schwergewichten aus der Unions-Elite kommen kann. Ob es sich dabei um die plötzlich sanft auf der Schulter des Dschungelcampers liegende Hand von Carsten Linnemann, den beim Blick in den Spiegel urplötzlich grinsend hinter einem stehende Ralph Brinkhaus oder Helge Braun beim olfaktorisch denkwürdigen Verlassen der Toilettenkabine handelt, ist derweil zweitrangig: Ekel und Abscheu sind nicht nur auf die "Trials" beschränkt, sondern solange allgegenwärtig, wie Roderich Kiesewetter im Stechschritt durch die Flure marschiert und der mit Ketten rasselnde Peter Altmaier wehklagend das Merkelsche Vermächtnis als Bleikugel hinter sich herzerrt (Di-Sa 10:00-16:30 Uhr). Vom kindlichen Antichristen (Philipp Amthor) und dem Monster im Heizungskeller (Schnittmenge mit der AfD) fangen wir lieber gar nicht erst an!  Einer der wenigen Lichtblicke des Tages dürfte es sein, wenn eine hoffentlich mildtätig gestimmte Julia Klöckner den Bewerbern zur Fütterung die heißersehnte Tonne mit übriggebliebenen Speiseresten vom Deutschen Bauerntag (Juni ˈ22) vor die Füße kippt. Bäh!    

Top-Prüfungen: Wolfgang Schäuble einen lauwarmen Kaffee bringen, ein CDU-Parteibuch anfassen, eine Party mit der Jungen Union feiern, Friedrich Merz.  

Kandidaten: u.a. Kevin Kühnert, Sascha Lobo, Janine Wissler, Claudia Roth, Gregor Gysi, Norbert Röttgen.  Moderatorenteam: Lars Eidinger (abwechselnd als "Ingo Zamperoni" und "Caren Miosga")  

Preis für den Gewinner: 3 Monate Premium-Mitgliedschaft in Sahra Wagenknechts neuer Partei oder ein Schälchen Borschtsch.

 

Kein netter Zug  
Alles einsteigen, bitte! Während der nächsten Corona- , Grippe- oder Affenpockenwelle schlägt der verwegene Haufen illustrer A-Prominenz in einem herkömmlich abgewohnten Bazillenmutterschiff der Deutschen Bahn auf. Die Dschungelkönig*innen in Spe ernähren sich ausschließlich von dem, was andere Passagiere am Platz zurückgelassen bzw. beim Begehen des Fußbodens mit verdreckten Sohlen in die Ritzen getrampelt haben. Widerlich: Wer seine Pflichten nicht erfüllt und in der Rangfolge absteigt, muss zur Strafe den noch viel schlimmeren Fraß im Bordbistro essen.  Zu den Aufgaben, die Camper im Rahmen ihrer Tagesroutine als Kollektiv erledigen müssen, gehört neben dem stündlichen Sauberlecken von Haltestangen, Knöpfen und Toilettentürgriffen auch das "Recyceln" der Kaugummis unter den Sitzen sowie die körpernahe Abend-Betreuung von intoxikierten Fahrgästen mit rasant alternierender Gesichtsfarbe. Tricky: Da kein Promi an Bord ein gültiges Ticket vorweisen kann, verlangt der schmierige Ekel-Schaffner (Wolfgang Kubicki) von überführten Schwarzfahrer*innen die Herausgabe eines Kleidungsstücks, sofern man ihn nicht mit Alkohol oder einem Schmuddelheftchen aus dem Bahnhofskiosk besänftigen kann. Um ihre Reserven zu schonen, sollten die Titel-Aspiranten daher immer in Bewegung bleiben und ggf. bei jedem Stopp das Abteil wechseln.  

Top-Prüfungen: Während der kurzen Haltephasen Vorrat an Bier und Schmuddelheften auffüllen, eine kranke Bahnhofsratte adoptieren, Reste aus dem großen Aschenbecher im Nikotin-Bereich wegrauchen, in einem McDonald´s ohne WC "improvisieren", ohne erwischt zu werden.  

Kandidaten: u.a. die Verkehrsminister*innen der Länder, Franziska Giffey, GDL-Boss Claus Weselsky, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Guido Maria Kretschmer, Lukas der Lokomotivführer.  

Moderatorenteam: Katrin Müller-Hohenstein & Alexander Dobrindt

Preis für den Gewinner: Neubau einer persönlichen Autobahnstrecke zum Wunschort oder ein 49-Euro-Ticket (zuzahlungspflichtig).                      

Patric Hemgesberg

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg