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Hey Boss, ich brauch mehr Zeit!

Keine Lust mehr auf Überstunden, zusätzliche Aufgaben, Anrufe und E-Mails nach Feierabend und im Urlaub? Schaffen Sie sich Ihren Arbeitgeber nach den Regeln des "Quiet Quitting" vom Hals und tun Sie nur das, wofür er Sie bezahlt. Oder darf es sogar ein bisschen weniger sein? TITANIC hat sich das neue "Dienst-nach-Vorschrift-Modell" angesehen und verrät Ihnen, wie's funktioniert.
 

Optimieren Sie Ihr Zeitmanagement

Synchronisieren Sie Ihren Chronometer mit der Atomuhr in Braunschweig und machen Sie auf die tausendstel Sekunde genau Feierabend (erfordert am Anfang ein gewisses Maß an Übung). Noch besser: Sprechen Sie sich mit Ihren Kollegen ab und lösen Sie zur ultimativen Zielzeit gemeinsam eine das Gebäude erschütternde Mitarbeiter-Stampede aus. Im Idealfall wird ihr Chef, der Sie alle in Ihre Büros zurückschicken will, niedergetrampelt, bevor er den ersten Ton sagen kann.

Legen Sie sich für den Dienstschluss eine Verkleidung (Hornbrille, falscher Schnäuzer, Perücke) zu, um den gefürchteten Last-Minute-Arbeitsaufträgen Ihres Vorgesetzten zu entgehen. Tipp: Wenn Sie ihn auf dem Weg zum Ausgang im Flur treffen, grüßen Sie auf Schweizerdeutsch und verwenden Sie auf keinen Fall das verräterische Wort "Mahlzeit".

Zelebrieren Sie Ihre Toilettengänge während der Dienstzeit möglichst zeitintensiv, indem Sie stets den am weitesten entfernten Lokus des Hauses anpeilen. Abhängig von den räumlichen Gegebenheiten darf es auch gern der Thron im Nebengebäude oder der einer Zweigstelle in einem anderen Stadtteil sein. Sollte Sie Ihr Weg dabei an einem Kiosk vorbeiführen, können Sie sich bei der Gelegenheit noch prima mit Lektüre für Ihre Sitzung versorgen. Faustregel: Erst, wenn die Wärme der Klobrille Ihre eigene Körpertemperatur um 5 Grad übersteigt, haben sie lange genug darauf getagt.

Seien Sie realistisch. Fordern Sie das Unmögliche!

Aim high, hit low! Treten Sie der Arbeitsgruppe "Verbesserungsmanagement" bei und bombardieren Sie Ihren Chef in jeder freien Minute mit Vorschlägen zu betriebsinternen Fitnessräumen, Kickertischen, Yogamatten, Minigolfplätzen, Dienst-E-Bikes und Schokobrunnen in der Kantine. Wenn Sie ihn damit über Monate mürbe gemacht haben, zwingen Sie ihn in einem schwachen Moment zum Abnicken lächerlicher Lappalien wie Überstundenabbau bei vollem Freizeitausgleich und der Einführung der Viertagewoche bei gleichbleibender Bezahlung.

Machen Sie Ihre Rechte geltend

Bestehen Sie Ihrem Arbeitgeber gegenüber auf Ihren jährlichen Bildungsurlaub. Sehen Sie sich während der freien Woche zu Hause eine lehrreiche Doku auf ZDF Info an und verbringen Sie den Rest der Zeit in der Hängematte. Achten Sie darauf, dass beim gefälschten Zertifikat, welches Sie nachher in der Personalabteilung abgeben müssen, ein authentisch und professionell wirkender Veranstaltername (z.B. "University of Life" oder "Shanghai Martial Arts Academy") steht.

Wussten Sie, dass Ihnen für die Betreuung Ihrer erkrankten Sprösslinge 30 Kinderkrankentage pro Jahr zustehen? Ob Ihr Nachwuchs bereits jugendlich ist und sich theoretisch selbst versorgen könnte, spielt dabei keine Rolle. Wer kann schon einen akuten Magen-Darm-Infekt von einer Alkoholvergiftung unterscheiden? Falls Sie sich bisher nicht dazu durchringen konnten, Ihren Partner in die Wüste zu schicken: Der Anspruch auf Freistellung für Ihre maladen Gören verdoppelt sich auf fantastische 60 (!) Tage pro Blag, sobald Sie als alleinerziehend gelten. Bei 5-6 Kiddies müssten Sie also nur noch einen Bruchteil des Jahres tatsächlich arbeiten.

Apropos nicht entgehen lassen: Als Arbeitnehmer haben Sie alle vier Jahre Anspruch auf eine fünfwöchige Kur, die Sie bei Bedarf sogar noch um etliche Wochen verlängern können. Tipp: Hauen Sie während Ihres Aufenthalts in mondänen Küstenorten an Nord- und Ostsee nachts dermaßen auf die Kacke, dass sich Ihr Zustand trotz bestmöglicher Behandlung konstant verschlechtert (ggf. jeden Morgen im Spiegel überprüfen und bei Bedarf nachjustieren). Wenn Sie sich schlau genug anstellen, stehen Ihre Chancen gut, dass Sie die Ärzte als verrauchtes und versoffenes Wrack bis zum Eintritt ins Rentenalter dabehalten.

Spiegeln Sie die betriebliche Vorstellung von Work-Life-Balance

Drehen Sie den Spieß um. Rufen Sie Ihren Teamleiter bei dienstlichen Angelegenheiten ausschließlich nach Feierabend zu Hause an oder klären Sie wichtige Dinge gleich vis-a-vis bei einem persönlichen Gespräch, indem Sie ungefragt in seine Küche marschieren, sobald er im Bademantel die Tür öffnet. Sollte er wegen eines Infekts nicht zur Arbeit kommen, schauen Sie mit einem Blumenstrauß vorbei, lügen Sie ihm dreist ins Gesicht, dass er soo krank gar nicht aussieht und bieten ihm eine Mitfahrgelegenheit ins Büro an.

Decken Sie schonungslos Schwächen auf!

Der kurze Königsweg zum Glück: Folgen Sie Ihrem alkoholisierten Chef auf der Betriebsweihnachtsfeier mit einer Polaroid-Kamera und lassen Sie den Dingen ihren Lauf. Im günstigsten Fall besitzen Sie danach für jeden Monat eine "Du kommst aus dem Gefängnis frei"-Karte gegen Mehrarbeit oder betriebliche Abmahnungen und können sich obiges Prozedere einfach sparen. Viel Erfolg & gute Erholung!


Patric Hemgesberg

 

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hello, Herzogin Kate!

Hello, Herzogin Kate!

Ihr erster öffentlicher Auftritt seit Bekanntmachung Ihrer Krebserkrankung wurde von der Yellow Press mit geistreichen Überschriften wie »It’s just Kate to see you again« oder »Kate to have you back« bedacht.

Und bei solchen Wortspielen darf unsereins natürlich nicht fehlen! Was halten Sie von »Das Kate uns am Arsch vorbei«, »Danach Kate kein Hahn« oder »Das interessiert uns einen feuchten Katericht«?

Wie immer genervt vom royalen Kateöse: Titanic

 Grüß Gott, Markus Söder!

Weil der bayerische AfD-Chef Sie wiederholt »Södolf« genannt hat und Sie ihn daraufhin anzeigten, muss dieser Ihnen nun 12 000 Euro wegen Beleidigung zahlen. Genau genommen muss er den Betrag an den Freistaat Bayern überweisen, was aber wiederum Ihnen zugutekommt. Ebenjener zahlt Ihnen ja die Honorare für freie Fotograf/innen, von denen Sie sich bei öffentlichen Anlässen gern begleiten und ablichten lassen. Im Jahr 2022 sollen sich die Kosten auf stolze 180 000 Euro belaufen haben.

Vorschlag: Wenn es Ihnen gelingt, die Prasserei für Ihr Image komplett durch Klagen gegen AfD-Mitglieder querzufinanzieren, stoßen wir uns weniger an Ihrem lockeren Umgang mit öffentlichen Geldern.

Drückt vorauseilend schon mal beide Augen zu: Titanic

 Endlich, »ARD«!

Seit Jahren musst Du Dich rechtfertigen, weil Du immer wieder die NS-Enthusiast/innen von der AfD zu Kuschelkursinterviews einlädst und ihnen eine gebührenfinanzierte Plattform bietest, damit sie Dinge verbreiten können, die sich irgendwo zwischen Rassenlehre und Volksverhetzung befinden. Aber jetzt hast Du es den Hatern endlich gezeigt und AfD-Anführer Tino Chrupalla in das härteste Interviewformat ever eingeladen: »Frag selbst«, das freaky Social-Media-Format von der Tagesschau, das schon Olaf Scholz mit knallharten Fragen à la »Wann Döner wieder drei Euro?« niedergerungen hat. Wir sind uns sicher: Besser als mit einem Kartoffelranking auf dem Twitch-Kanal der Tagesschau kann die AfD gar nicht entlarvt werden!

Legt schon mal die Chips bereit: Titanic

 Nachdem wir, »Spiegel«,

Deine Überschrift »Mann steckt sich bei Milchkühen mit Vogelgrippe an« gelesen hatten, müssen wir selbst kurz in ein Fieberdelirium verfallen sein. Auf einmal waberte da Schlagzeile nach Schlagzeile vor unseren Augen vorbei: »Affe steckt sich bei Vögeln mit Rinderwahnsinn an«, »Vogel steckt sich bei Mann mit Affenpocken an«, »Rind steckt sich bei Hund mit Katzenschnupfen an«, »Katze steckt sich bei Krebs mit Schweinepest an« und »Wasser steckt sich bei Feuer mit Windpocken an«.

Stecken sich auf den Schreck erst mal eine an:

Deine Tierfreund/innen von Titanic

 »Welt«-Feuilletonist Elmar Krekeler!

»Friede eurer gelben Asche, Minions!« überschrieben Sie Ihre Filmkritik zu »Ich – einfach unverbesserlich 4«. Vorspann: »Früher waren sie fröhliche Anarchisten, heute machen sie öde Werbung für VW: Nach beinahe 15 Jahren im Kino sind die quietschgelben Minions auf den Hund gekommen. Ihr neuestes Kino-Abenteuer kommt wie ein Nachruf daher.«

Starkes Meinungsstück, Krekeler! Genau dafür lesen wir die Welt: dass uns jemand mit klaren Worten vor Augen führt, was in unserer Gesellschaft alles schiefläuft.

Dass Macron am Erstarken der Rechten schuld ist, wussten wir dank Ihrer Zeitung ja schon, ebenso, dass eine Vermögenssteuer ein Irrweg ist, dass man Viktor Orbán eine Chance geben soll, dass die Letzte Generation nichts verstanden hat, dass Steuersenkungen für ausländische Fachkräfte Deutschlands Todesstoß sind und dass wir wegen woker Pronomenpflicht bald alle im Gefängnis landen.

Aber Sie, Elmar Krakeeler, haben endlich den letzten totgeschwiegenen Missstand deutlich angesprochen: Die Minions sind nicht mehr frech genug. O tempora. Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Guesslighting

Um meine Seelenruhe ist es schlecht bestellt, seit mich ein erschütternder Bericht darüber informierte, dass in Hessen bei Kontrollen 70 Prozent der Gastronomiebetriebe widerlichste Hygienemängel aufweisen (s. Leo Riegel in TITANIC 07/2022). Neben allerhand Schimmel, Schleim und Schmodder herrscht allüberall ein ernsthaftes Schadnagerproblem, die Küchen sind mit Mäusekot nicht nur kontaminiert, sondern praktisch flächendeckend ausgekleidet. Vor lauter Ekel hab ich sofort Herpes bekommen. Nun gehe ich vorhin in meine Küche, und auf der Arbeitsplatte liegen grob geschätzt 30 kleine schwarze Kügelchen. Ich bin sofort komplett ausgerastet! Zehn hysterische Minuten hat es gedauert, bis mir klar wurde, dass der vermeintliche Kot die Samen eines dekorativen Zierlauchs waren, der einen Blumenstrauß krönte, den eine liebe Freundin mir geschenkt hat. Ich hätte ihn einfach nicht noch einmal anschneiden sollen … Hysterie off, Scham on.

Martina Werner

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

 Beim Aufräumen in der Küche

Zu mir selbst: Nicht nur Roger Willemsen fehlt. Auch der Korkenzieher.

Uwe Becker

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

 Krasse Segregation

Wer bestimmten Gruppen zugehört, wird auf dem Wohnungsmarkt strukturell diskriminiert. Viele Alleinstehende suchen händeringend nach einer Drei- oder Vierzimmerwohnung, müssen aber feststellen: Für sie ist dieses Land ein gnadenloser Apartmentstaat, vor allem in den Großstädten!

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster