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"In den Dolomiten habe ich nur Edge!"

Seit der Twitter-Übernahme durch den Autohändler Elon Musk preist die linke Digital-Boheme eine Ausweichplattform: Mastodon. Grund genug für ZDF-Cheftalker Markus Lanz, dem Thema eine ganze Sendung zu widmen.

Die Gästeliste liest sich wie das Who-is-who der Opinionleader des deutschen World Wide Web: Autor Sascha Lobo, Publizist Christopher Lauer, Journalist Martin Machowecz und der als "Staubsaugerficker" bekannte Peter Mann.

Lanz: Guten Abend, ich freue mich, heute hier begrüßen zu dürfen: Sascha Lo ...

Lobo: Die Kopfsteinpflaster-Auffahrt zu Ihrem Studio sagt mir, dass Menschen mit Kinderwagen hier unerwünscht sind. Egal, ich nutze Talkshowauftritte als Bookmarks. Aber zur Sache: Es gab den performativen Mini-Twexit rüber auf die werbefreie Rüssel-App. Für mich ist das Utopie. I can't feel the news. Das ist ein Hinweis auf meinen Podcast.

Lanz: ...bo. Darf ich noch die anderen Gäste vorstellen? Also, ...

Machowecz: Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um Didi Mateschitz für sein Engagement im Osten zu danken. Rest in Power, mein Freund.

Lauer: Nach meinen schlechten Erfahrungen mit einem Liefermonopolisten bin ich bei Großunternehmern eher skeptisch.

Peter Mann kommt mit hochrotem Kopf aus der Kammer mit den Putzutensilien. Er nimmt Platz und bekommt das Gesicht gepudert.

Machowecz: So geht Ossis-Fertigmachen. Wir hatten ja ...

Mann (gehetzt): Ich habe nur Rüssel gehört und dachte, es geht um mich.

Lanz: Hier muss ich doch dazwischen grätschen und eine Lanze fürs Ausredenlassen brechen, eine Lanz Leerzeichen e, verstehen Sie?

Peter Mann holt daraufhin "seine Lanze" aus der Hose. Als Markus Lanz ihm ans Knie fassen will, streift er den halberigierten Penis. Alle Anwesenden ignorieren das.

Machowecz: Danke. Nur zu oft werden unliebsame Meinungen unterdrückt, zum Beispiel die ostdeutsche.

Lauer (checkt sein Handy): Das ist doch irrelevant. Wo ist mein Paket mit den Ameisen?

Machowecz: Quod erat demonstrandum. Als Leiter des Ressorts "Streit" bei der Zeit bin ich eben nicht vor Angriffen gefeit.

Lobo: Herr Lanz, Ihnen fehlt ein Algorithmus, um dieses Gespräch zu ordnen. Genau wie bei Mastodon.

Lanz (beugt sich vor): Fragen wir doch die Frauen in der Runde. Oh, ich sehe gerade, es sind keine da. Der Redaktion ging es darum, die sogenannte False Balance zu vermeiden, deswegen sitzen hier zufällig nur männliche Experten. Herr Mann, Sie sind vacuum-cleaner-sex-positiv, durch Ihre Teilnahme haben wir die hohen Diversity-Standards des Senders gewahrt. Was macht das Chaos bei Twitter mit Ihnen?

Mann: Staubsaugerrobotern ziehe ich den Stecker. Ich bin polyamorös, habe mehrere Fusselmopeds am Start: den Dyson und den kleinen Handlichen. Gegenfrage: Herr Lanz, wie oft bumsen Sie Ihren Staubsauger?

Lanz (sichtlich erregt): Das ist ja unerhört. Sowas habe ich noch nie ...

Lauer: Ähnlich auskunftsfreudig wie DHL, der Herr Moderator.

Machowecz: Boah Leute, kommt mal klar. Ich bin hier, um ein paar Sachen loszuwerden. Zum Kleidercontainer gehe ich aber erst nach der Sendung. Die musksche Hardcore-Mentalität kenne ich aus dem Osten, wo "free speech" lange ein englisches Fremdwort war. Mastodon-Gründer Eugen Rochko ist quasi Ossi. Trotzdem sehe ich es kritisch, dass man ganze Instanzen deföderieren kann. Denn genau so wurde die ostdeutsche Instanz Uwe Tellkamp vom Westmainstream ausradiert.

Lobo (müde): Puh, aufmerksamkeitsökonomisch betrachtet bin ich gerade fast eingeschlafen.

Machowecz (schreiend): Wir sind wieder wer, Besserwessi!

Lobo: Das ist für Sie vielleicht ein Realitätsschock. Oh, so heißt zufällig mein Buch. Aber wenn dieses Land in zwanzig Jahren noch wohlhabend sein soll, muss aus der Zone mehr kommen.

Machowecz: Meißner Porzellan, schon mal gehört?

Lobo: Unsere Timelines laufen nicht synchron. Und ich dachte, Sie sind bei der Zeit, haha!

Machowecz (laut in Richtung des nicht vorhandenen Publikums): Ost-, Ost-, Ostdeutschland!

Lanz: Guter Zeitpunkt, um noch zwei Gäste zuzuschalten. Bei Mastodon fragt man sich: Welche Instanz? Und wenn ja: Wie viele? Sie werden es erraten haben, hier ist Richard David Precht. Und auf Bildschirm zwei sehen Sie Karl Lauterbach. Wo erwischen wir Euch gerade?

Lauer: Herr Gesundheitsminister, für meine Ameisen ist es ungesund, die Nacht in der Packstation zu verbringen.

Lauterbach (ulkend): Haben Sie schon den neuen "Ant Man" gesehen?

Lauer: Die vierte Impfung immunisiert wohl gegen Kritik?

Lauterbach: Kommentare willkommen.

Lanz: Richard David, wird Mastodon die fünfte Gewalt?

Precht (in Richtung P. Mann): Sagen Sie mal, Sie da mit Ihrem Pimmel in der Hand, wissen Sie überhaupt, wovon wir hier reden?

Lanz (enttäuscht): Also Richard David, soll ich bereuen, Dich in die Runde geholt zu haben?

Lauterbach: Wohlan! Masturbation wird von den Krankenkassen empfohlen.

Precht (kleinlaut): Sorry, Markus Josef.

Lauer (blickt erneut aufs Handy): Können wir zum Ende kommen? Nur sieben Stopps bis zu meiner Wohnung. Diesmal kriege ich den Boten.

Lanz: Herr Lauer, Sie sind jung und sollten ans Gute glauben. Das Paket wird Sie schon erreichen.

Lauer (steht auf und geht zum Ausgang): Become Empfänger or die tryin'!

Lanz (ernüchtert): Hier macht jeder, was er will.

Lobo: Wie in einem dezentralen sozialen Netzwerk. Ich bin der einzige Fachmann hier. Das werde ich hernach noch crossposten.

Mann (aus der Ferne rufend): Ahh, uhh, der hat Saugkraft! Welches Fabrikat ist das?

Lanz (freundlich): Ein Industriestaubsauger aus dem Hause Kärcher. Deutsche Wertarbeit.

Machowecz: Westdeutsche Wertarbeit! Herr Mann, ich kann Ihnen nur empfehlen, mal einem ostdeutschen Produkt eine Chance zu geben.

Mann (stöhnend): Ohh, jaaaaaaa!

Machowecz: Kluge Entscheidung, das nenne ich Selbstermächtigung. Apropos, morgen in Zeit im Osten: "Warum Trumps Twitter-Rückkehr wichtig war und was sie uns über die Unterdrückung ostdeutscher Sichtweisen im bundesdeutschen Diskurs sagt". Ein Essay von Jana Hensel und Uwe Steimle.

Lanz (versöhnlich): Das ist doch ein tolles Schlusswort.

Lauterbach: Bundesgesundheitsminister, der noch selbst trötet. Klingt stimmig.

Precht (wütend): Wieso war ich stummgeschaltet? Ist noch jemand im Studio?

Die Übertragung endet mit einer Sendestörung. Wir empfehlen, den Twitter-Mastodon-Gipfel in der ZDF-Mediathek erneut zu genießen. Mit dem Zweiten tröt' man besser!

Martin Weidauer

 

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Tatütata, LKA Niedersachsen!

»Ganz viel Erfolg morgen bei der Prüfung, liebe Karin«, sagt angeblich das gesuchte ehemalige RAF-Mitglied Burkhard Garweg gut gelaunt in einem Video, das bei der Fahndung im Presseportal unter der Rubrik »Blaulicht« veröffentlicht wurde. Die Fahnder/innen erhofften sich dadurch, so heißt es, neue Hinweise, und richten sich deshalb mit den Fragen an die Bevölkerung: »Wer ist ›Karin‹ bzw. ›Carin‹?« und: »In welchem Zusammenhang steht sie zu Burkhard Garweg?«. Schön und gut, da möchten wir nach einem derartigen Cliffhanger nun aber auch die Frage hinzufügen: Wie ist Karins Prüfung denn nun eigentlich gelaufen?

Hinweise an Titanic

 Huch, Wolodymyr Selenskyj!

Laut Spiegel wollen Sie »überraschend nach Deutschland reisen«. Verständlich, Flugzeug oder Zug werden auf Dauer ja auch langweilig. Interessiert, ob Sie stattdessen einen Tunnel graben, mit einem Zeppelin fliegen oder doch per Faltkanu heranschippern, wünschen Ihnen in jedem Fall eine gute Reise

Ihre Travelguides von Titanic

 Mal halblang, Polizei Düsseldorf!

Irgendwie war ja zu erwarten, dass Du Dich in Deinen Ermittlungen zum Anschlag in Solingen von rassistischen Debatten und wütenden Rufen nach Massenabschiebungen beeinflussen lässt. Wenn Du in einem Aufruf an die Bevölkerung aber auch noch um »Angaben zur Herkunft der abgebildeten Regenjacke« bittest – gehst Du damit nicht ein bisschen zu weit?

Deine Sittenwächterin von der Titanic

 Philipp Bovermann (»SZ«)!

Früher hatten Sie Angst vor der Klimakatastrophe. Heute sind Sie Mitte dreißig und haben dazugelernt: »Ich kann heute nur noch darüber staunen, wie wenig tief mich die Tatsache bekümmert, dass der Planet überhitzt, dass Arten verschwinden, Ökosysteme kollabieren, Regenwälder brennen, Meeresböden sich in Wüsten verwandeln. Menschen werden sterben, Menschen sterben schon heute, das Leid der Tiere sprengt alle Vorstellungskraft – aber jetzt stehe ich auf meinem Balkon, habe mir ein Leben aufgebaut, mit einem tollen Job, einer tollen Frau, einer tollen Tochter, unten auf dem Teich schwimmt eine Entenfamilie vorbei, und geblieben ist nur die sanfte Sorge, dass ich mir zu wenig Sorgen mache. Ich grusele mich vor mir selbst. Aber nur ein winziges bisschen.« Denn »vielleicht ist es rational, wegen des Klimawandels ruhig zu bleiben und sich auf das Leid im Hier und Jetzt zu konzentrieren. Die Welt wird schon nicht gleich untergehen.«

Nein, Kollege Bovermann, wird sie nicht, jedenfalls Ihre nicht. An den Menschen in Südostasien oder Osteuropa, betroffen von einem exemplarischen Regen aus der neuen Klimagegenwart, schwimmen derweil keine Entenfamilien, sondern ihre toten Töchter vorbei, während Sie sich so arg auf das Leid im Hier und Jetzt konzentrieren, dass es alle Vorstellungskraft sprengt.

Vorm ewigen Jungspießer gruselt’s da ein bisschen: Titanic

 Adieu, Hvaldimir!

Adieu, Hvaldimir!

Als Belugawal hast Du Dich jahrelang vor der norwegischen Küste herumgetrieben und Dich mit Kameraausrüstung am Leib angeblich als russischer Spion betätigt, was Dir viel mediale Aufmerksamkeit und Deinen Decknamen, Hvaldimir, beschert hat. Jetzt bist Du leider tot in der Risavika-Bucht gefunden worden, und da fragen wir uns, Hvaldimir: Hast Du nicht rechtzeitig die Flossen hochbekommen, oder warst Du einfach nicht geübt in der Kunst des Untertauchens?

Mit einem Gläschen Blubberwasser gedenkt Deiner heute: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Unangenehm

Auch im Darkroom gilt: Der Letzte macht das Licht aus.

Sebastian Maschuw

 Quo vadis, Fortschritt?

Unfassbar: Nach so vielen Jahren des Horrorfilms gruseln sich die Leute noch vor der Nosferatu-Spinne. Wann taucht in unseren Breiten endlich die Slasher- oder Zombie-Spinne auf?!

Mark-Stefan Tietze

 Reality-TV

Bei der Fernsehserie »Die Nanny« gibt es diese eine Szene, in der die Mutter der Nanny, Sylvia Fine, in einem Pariser Restaurant mit dem Kellner kommunizieren will. Da sie kein Französisch spricht, nutzt sie zum Austausch ausschließlich den Text des französischen Kinderliedes »Frère Jacques«: Mit »Frère Jacques« ruft sie den Kellner, mit »Ding-ding-dong« fordert sie einen neuen Kaffee und so weiter. In der Serie klappte das sehr gut, und als Kind fand ich es auch ausgesprochen lustig, war mir allerdings sicher, dass das in der Realität nie funktionieren würde – bis es mir selbst gelang. Das kam so: Im Fitnessstudio wartete ein junger Mann am Tresen vergeblich auf einen Trainer. Vergeblich, weil er die im Tresen eingelassene Klingel nicht betätigt hatte. Nun hatte ich ihn während des Trainings Französisch sprechen hören, sprach allerdings selbst keines. Da ich aber der Einzige war, der sein vergebliches Warten bemerkte, ging ich schließlich hin, zeigte auf die Klingel und sagte »Sonnez les matines! Sonnez les matines!« Er verstand sofort und klingelte ausgiebig. Kurz darauf erschien der Trainer und ließ ihn hinaus. Da soll noch mal einer sagen, Fernsehen würde im Leben nicht helfen.

Karl Franz

 Alle meine Aversionen

Was ich überhaupt nicht schätze:
»Mädchen, ich erklär dir ...«-Sätze.

Was ich nicht so super finde:
Bluten ohne Monatsbinde.

Was ich gar nicht leiden kann:
Sex mit einem Staatstyrann.

Den Rest, auch Alkoholkonzerne,
mag ich eigentlich ganz gerne.

Ella Carina Werner

 Mitläuferin? Ganz im Gegenteil!

Meine Oma fuhr im Widerstand Motorrad.

Andreas Maria Lugauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
23.10.2024 Karlsruhe, Tollhaus Max Goldt
23.10.2024 Berlin, Walthers Buchladen Katharina Greve
24.10.2024 Stuttgart, Im Wizemann Max Goldt
25.10.2024 Potsdam, Waschhaus-Arena Thomas Gsella