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Adel verzichtet

Wie schon Prinz Harry trat nun auch die norwegische Prinzessin Märtha Louise von ihren royalen Pflichten zurück. Doch im normalen Untertanen-Alltag sind Königskinder oft blaublutige Anfänger. Wie verhält man sich unter seinesungleichen? Wie verdient man eigene Kronjuwelen? TITANIC beantwortet die wichtigsten Fragen für Monarchenaussteiger:innen.  

Tiefste Verbeugung, Eure Königliche Ex-Hoheit!  

Es ist hoffentlich nicht ungebührlich, Euch einfach ganz entspannt mit dem Pluralis Majestatis anzusprechen.
Schön, dass Ihr die Zeit gefunden habt, in der Monarchenaussteiger:innen-Broschüre "Plötzlich fast schon bürgerlich" zu blättern (bzw. Euch von Eurer/Eurem Kammerdiener:in daraus vorlesen zu lassen).  

Ihr habt also entschieden, Eure royalen Pflichten und offiziellen Aufgaben abzugeben und ein Leben abseits des Glamours von Staatsbanketten und Winke-Paraden zu führen. Eine moderne Entscheidung und gänzlich im derzeitigen Trend zur "No-more-Noblesse"! Denn egal, ob aus persönlichen Gründen (Prinz Harrys Wunsch nach Unabhängigkeit) oder geschäftlichen Gründen (Juan Carlos' Steuerflucht): Auf zahlreichen Wappen prangt heute der Wahlspruch "Adel verzichtet". Doch der Auszug aus dem elterlichen Königshaus bedeutet eine Umstellung in vielen Bereichen.

Dieser Leitfaden soll Euch dabei als eine Art Beratungs-Leibeigener mit Tipps und Tricks zur Seite stehen.  

Wohnen
Bislang habt Ihr den Spruch "My home is my castle" sehr wörtlich gelebt. Nach Eurem Hof-Austritt haben Queen Mama und King Papa aber inzwischen die Schlösser des Schlosses ausgetauscht? Kein Problem! Mit ein wenig Fantasie wird sogar die bürgerlichste Zwanzigzimmerwohnung im Speckgürtel zum fürstlichen Herrschaftssitz. So kann man den "New-York-Skyline"-Kunstdruck wie vormals die eigenen Ländereien überblicken, den Lieferservice-Boten mit Eurer Burger-King-Bestellung zur Audienz bitten und die nebenan laut polternden Nachbarn als Schlossgespenster verklären. Und von Gottes Gnaden sei Dank bleibt an den Wochenenden wenigstens das familieneigene Jagdschloss als kleiner Zufluchtsort.  Besonderer Tipp, wenn man ohne behütenden Burggraben um den Wohnort im Bett nicht zur Ruhe findet: Zählt zum Einschlafen die eigenen Titel oder Vornamen.  

Einkommen  
Ohne Repräsentation kein Lohn? Hat der Staat das Staatsoberhaupt-Taschengeld eingestellt und die Tore zur elterlichen Schatzkammer sind versperrt? Dann heißt es nun, die Ärmel des Rüschenhemdes hochzukrempeln und eigenes Geld zu verdienen. Keine Sorge: natürlich nicht mit richtiger Arbeit! Ihr seid jetzt vielleicht ein wenig bürgerlicher, aber noch lange kein:e Prolet:in.  
So ist es beispielsweise weiterhin möglich, Euch vom Volk finanzieren zu lassen und zwar über den Umweg einer sich gut verkaufenden Skandal-Autobiografie. Sollte Euch jedoch selbst das Bezahlen einer Ghostwriterin/eines Ghostwriters zu viel Arbeit sein, könnt Ihr immer noch Politiker:in bei den Konservativen werden.  
Eine weitere mögliche Einnahmequelle: Bei den sporadischen Elternbesuchen ab und zu ein Prunkstückchen aus dem Palast stibitzen. Für derlei findet sich stets eine Verkaufsmöglichkeit, egal ob im Darknet oder in zweifelhafterer, zwielichtigerer Umgebung ("Bares für Rares").  

Freizeit
Ihr fragt Euch seit Eurem Aufgaben-Verzicht vielleicht: Womit füllen Wir jetzt die viele neue Freizeit, die Wir früher noch mit Freizeit füllten? Hier ergießt sich ein Füllhorn der Möglichkeiten über Euch, wie Ihr Eure adelige Herkunft geziemend in Freizeitaktivitäten übersetzen könnt, etwa als Prügelprinz oder Neue Post-Covermodel. Wenn Ihr es hingegen ruhiger angehen möchtet, empfiehlt sich ein anderes Hobby: Ahnenforschung. Der Reichsapfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stammbaum, weshalb Eure Ahnentafeln meist bereits gut erforscht sein dürften. Doch mit etwas genealogischem Geschick lässt sich in der genetisch bedenklich wenig verzweigten Familiengeschichte sicherlich die eine oder andere bislang unentdeckte Cousin–Cousine-Ehe aufstöbern.  
Sollte Euch trotz dieser mannigfachen Zeitvertreibmöglichkeiten Heimweh nach Herrschaftlichkeit überkommen, dann bingt halt "The Crown", "Game of Thrones" oder "Gräfin gesucht – Adel auf Brautschau".  

Und nun sei untertänigst die Bitte an Eure Ex-Durchlaucht gestattet, diesen hoffentlich erquickenden Text beenden zu dürfen. Tschüss!    

Jürgenius von Miedlsburgen

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Mal halblang, Polizei Düsseldorf!

Irgendwie war ja zu erwarten, dass Du Dich in Deinen Ermittlungen zum Anschlag in Solingen von rassistischen Debatten und wütenden Rufen nach Massenabschiebungen beeinflussen lässt. Wenn Du in einem Aufruf an die Bevölkerung aber auch noch um »Angaben zur Herkunft der abgebildeten Regenjacke« bittest – gehst Du damit nicht ein bisschen zu weit?

Deine Sittenwächterin von der Titanic

 Wenn Sie, Micky Beisenherz,

als Autor des »Dschungelcamps« gedacht hatten, Sie könnten dessen Insass/innen mit einer Scherzfrage aus der Mottenkiste zu der Ihnen genehmen Antwort animieren, dann waren Sie aber so was von schief gewickelt; die RTL-»Legenden« wollten Ihnen nämlich partout nicht den Gefallen tun, auf die Frage, womit sich Ornitholog/innen beschäftigten, einfach und platterdings »mit Vögeln« zu antworten.

Stattdessen kamen: »Was ist das denn?« oder »What the fuck …?«. Dafür zu sorgen, dass so aus Ahnungslosigkeit ein Akt des Widerstands gegen Ihre idiotische Fangfrage wurde, das soll Ihnen, Beisenherz, erst mal jemand nachmachen.

Mit der Ihnen gebührenden Hochachtung: Titanic

 Adieu, Hvaldimir!

Adieu, Hvaldimir!

Als Belugawal hast Du Dich jahrelang vor der norwegischen Küste herumgetrieben und Dich mit Kameraausrüstung am Leib angeblich als russischer Spion betätigt, was Dir viel mediale Aufmerksamkeit und Deinen Decknamen, Hvaldimir, beschert hat. Jetzt bist Du leider tot in der Risavika-Bucht gefunden worden, und da fragen wir uns, Hvaldimir: Hast Du nicht rechtzeitig die Flossen hochbekommen, oder warst Du einfach nicht geübt in der Kunst des Untertauchens?

Mit einem Gläschen Blubberwasser gedenkt Deiner heute: Titanic

 Priwjet, Roderich Kiesewetter!

Priwjet, Roderich Kiesewetter!

»Die AfD ist nicht besser oder schlechter als das BSW. Beide sind Kinder derselben russischen Mutter«, sagten Sie der FAS.

Da haben wir aber einige Nachfragen: Wer sind denn die Väter? Hitler und Stalin? Oder doch in beiden Fällen Putin? Und wenn BSW und AfD dieselbe Mutter haben: Weshalb ist der Altersunterschied zwischen den beiden so groß? War die Schwangerschaft mit dem BSW etwa eine Risikoschwangerschaft? Und warum sollte es keine Qualitätsunterschiede zwischen den Parteien geben, nur weil sie die gleiche Mutter haben? Vielleicht hat Russland ja sogar ein Lieblingskind? Können Sie da bitte noch mal recherchieren und dann auf uns zurückkommen?

Fragt die Mutter der Satire Titanic

 Ho ho ho, Venezuelas Präsident Nicolás Maduro!

Ho ho ho, Venezuelas Präsident Nicolás Maduro!

Mitten im Streit um das wohl von Ihnen manipulierte Wahlergebnis bei der Präsidentschaftswahl haben Sie wieder einmal tief in die politische Trickkiste gegriffen: »Es ist September, und es riecht schon nach Weihnachten«, frohlockten Sie in einer Fernsehansprache. »Als Dank an das kämpferische Volk werde ich daher Weihnachten per Dekret auf den 1. Oktober vorziehen.«

Wir haben sogar eine noch bessere Idee, Maduro: Könnten Sie nicht per Dekret Weihnachten von Anfang Oktober bis Ende Dezember stattfinden lassen? Im Gegensatz zum Kanzler in seinem kapitalistischen Schweinesystem können Sie doch sicher bestimmen, dass die planwirtschaftliche Lebkuchen-Vanillekipferl-Produktion schon im Juni anläuft. So können Sie sich nicht nur ein paar Tage, sondern ganze drei Monate Ruhe zum Fest schenken!

Rät Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Jeder kennt ihn

Die Romantrilogie auf der Geburtstagsfeier, das Raclettegerät auf der Taufe, die Gartenfräse zur Beerdigung: Ich bin der Typ in deinem Bekanntenkreis, der dir geliehene Sachen in den unmöglichsten Situationen zurückgibt.

Leo Riegel

 Im Unterzucker

Wenn man sich bei seinem Lieblingsitaliener keine Pizza bestellen kann, weil man nicht alle Vespas auf den Fotos gefunden hat – liegt das dann am nicht bestandenen Turin-Test?

Lara Wagner

 Quo vadis, Fortschritt?

Unfassbar: Nach so vielen Jahren des Horrorfilms gruseln sich die Leute noch vor der Nosferatu-Spinne. Wann taucht in unseren Breiten endlich die Slasher- oder Zombie-Spinne auf?!

Mark-Stefan Tietze

 Zum Sterben hoffentlich zu dämlich

In der Wartezone der Arge in Fürth sitzen zwei Männer um die vierzig. Einer der beiden hält eine aufgeschlagene Tageszeitung so, dass der zweite mitlesen kann. Geduldig blättern sie gemeinsam bis zur Seite mit den Todesanzeigen. »Schau«, sagt der eine, »da ist einer zwei Mal gestorben.« – »Wie kommst du darauf?« – »Lies doch! Derselbe Name in zwei Anzeigen.« – »Tatsächlich! Zwei Mal gestorben. Wie er das wohl geschafft hat?« Eine längere Denkpause setzt ein. »Wahrscheinlich einer wie ich, der nichts auf Anhieb hinkriegt«, schlussfolgert der eine dann. »Ha, das kommt mir bekannt vor!« stimmt der zweite ein. »Meine erste Frau mit den Kindern abgehauen, Führerschein schon drei Mal gemacht. Also zwei Mal wegen Alkohol, und ich weiß gar nicht, wie oft ich schon hier nach einer neuen Arbeit angestanden bin.« – Seufzend: »Hoffentlich kriegen wir wenigstens das mit dem Sterben mal besser hin als der hier …«

Theobald Fuchs

 Mitläuferin? Ganz im Gegenteil!

Meine Oma fuhr im Widerstand Motorrad.

Andreas Maria Lugauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
23.10.2024 Karlsruhe, Tollhaus Max Goldt
23.10.2024 Berlin, Walthers Buchladen Katharina Greve
24.10.2024 Stuttgart, Im Wizemann Max Goldt
25.10.2024 Potsdam, Waschhaus-Arena Thomas Gsella