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Über große Gefechte, mittelmäßiges Kanonenfutter und keine Erfolge – Wladimir Putin im Interview

Als einziges deutsches Satiremagazin durften wir ein exklusives und echtes Videotelefonat mit Wladimir Putin führen. Dabei zeigte er sich überraschend redselig und unüberraschend irre.

TITANIC: Herr Präsident, seit Ende Februar führen Sie nun schon Ihren "Blitzkrieg" gegen das Nachbarland. Nun ist auch noch eine recht erfolgreiche Gegenoffensive der Ukrainer angelaufen. Sie haben nicht gerade einen Gewehrlauf momentan, oder?

Putin: Nein, wieso? Wir haben schließlich die Erfolgsrepubliken Donezk und Luhansk gegründet und dort unser bewährtes System der gehenkten Demokratie exekutiert.

TITANIC: Wozu brauchen Sie eigentlich diese ganzen zusätzlichen Territorien? Russland ist doch jetzt schon riesig. Andere Länder, wie Luxemburg oder Lichtenstein würden sich glücklich schätzen …

Putin: Das versteht ihr im Westen nicht: Überall dort, wo Tote im Boden endgegulagert sind, ist Mutter Russland, russische, blutgetränkte Erde! Ein Bluthund wie ich riecht das sieben Zeitzonen gegen den Wind! Und sicher sage ich Ihnen auch nicht zu viel, als ehemaliger Geheimdienstmann schon dreimal nicht (lacht ein kaltes sibirisches Lachen), wenn ich Ihnen verkünde, dass dort im Kohlerevier bald glühende Landschaften entstehen werden!

TITANIC: Sie meinen wegen der Kohlevorkommen?

Putin: Nein, ich beziehe mich auf die vielen glühenden Anhänger meiner Person dort. Da kann ich noch so viel Geld, also Kohle, in die eigene Tasche stecken, diese Leute da für eine öde Steppenlandschaft hemmungslos verheizen, das Volk wird mich immer vergöttern! Da können Sie Gift drauf nehmen!

TITANIC: Äh, danke, Herr Präsident, lieber nicht!

Putin: Schade, die Giftküchen unseres Landes sind die besten der Welt …

TITANIC: Das glauben wir Ihnen gerne, aber jetzt mal Butter beim Kaviar: So unkritisch werden Sie doch von vielen Russen gar nicht mehr gesehen, nach der schwachen Performance Ihrer Soldateska in diesem Krieg. Man hört schon vereinzelt von Rücktrittsforderungen.

Putin (greift zu seinem Handy, um ein paar Morde in Auftrag zu geben): Na und? Dann hole ich einfach wieder den Dmitri (Medwedew, die Red.) aus der Marionettenkiste, setze ihn in den Kreml und schiebe ihm den ganzen Schlamassel in die Schuhe, Und wenn sich die Wogen wieder geglättet haben, komme ich gut erholt von einem Südseetörn auf irgendeiner gekidnappten Oligarchenyacht wieder zurück nach Moskau. Unter uns gesagt: es ist mir ohnehin zu kalt hier. Und dann auch noch ein neuer kalter Krieg! Unser Gas will ja jetzt auch niemand mehr ...

TITANIC: Sie haben ja selbst den Durchfluss gedrosselt.

Putin: Das ist nicht unsere Schuld! Aufgrund der Sanktionen können wir die Röhre nicht mehr mit dem Internet verbinden, das heißt wir können das Gas nach Westeuropa nicht mehr livestreamen. Vielleicht liegt aber auch ein dicker fetter Gazprom-Techniker, ein sogenannter "Gazpropf", besoffen drin und blockiert das Ding, was weiß ich.

TITANIC: Wäre es jetzt nicht langsam Zeit für Verhandlungen? Schließlich haben Sie schon eine Teilmobilmachung anordnen müssen.

Putin: Alle sind total begeistert von dieser Maßnahme. Unsere Bergbauingenieure haben mir zum Beispiel versichert, dass wir uns, ausgehend von den Gruben im Donbass bis Odessa oder sogar Transnistrien durchgraben können, vielleicht mithilfe von Atomsprengköpfen, um so die Front von hinten aufzurollen. Auch wird es allerhöchste Transsib, dass wir dabei die unterirdischen Chemie- und Biowaffenlabore der Amis ausräuchern ...

TITANIC: Klingt skurril.

Putin: Wie auch immer, am Ende werden die Kiewer vor Moskau gestoppt werden. Darüber hinaus fürchte ich aber auch keine Gespräche, solange Sie nur an meinem XXL-Corona-Spezialtisch stattfinden, denn dann können mich die Himars-Raketenwerfer nicht treffen.

TITANIC: Wären Sie auch zu einem Treffen mit Präsident Selenskyj bereit?

Putin: Ja, von mir aus auch das. Sollte er allerdings darauf bestehen, im olivgrünen T-Shirt zu erscheinen, dann nur, wenn ich oben ohne kommen darf. So, und jetzt muss ich ein paar Generäle foltern, äh feuern.

TITANIC: Herr Putin, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Putin: Noch Lust auf einen Drink aus meinem Gif-, äh, Schnapsschrank?

TITANIC: Äh, danke, wir verzichten! 

Burkhard Niehues

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Briefe an die Leser

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg