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"Ich bin schließlich auch Minister für Digigedönsbums"

Bundesautominister Volker Wissing im Interview über asphaltierte Flussbetten, in den Asphalt gepresste Radfahrer und das Auf und Ab in seiner Heimat Rheinland-Aspfalz. 

 

TITANIC: Guten Tag Herr Wissing. Die Züge sind knallvoll, die Flüsse leer, die Flugzeuge am Boden. Die guten Nachrichten scheinen nicht abzureisen, Pardon … abzureißen, oder?

Wissing: Nun, so einfach ist es dann doch nicht, gerade für einen Liberalen wie mich. Das F in FDP steht ja schließlich für Flugzeug, also die Freiheit jederzeit und überall hinfliegen zu können. Denken Sie nur einmal an unsere Klientel, äh … Verzeihung, "den Bevölkerungsteil, der uns gewählt hat". Also "Teil" ist gut, der gibt ja nicht gerne etwas ab, haha , schon gar nicht an diese armen Schlucker, die Ihren Dispo von 4,99 Euro komplett ausreizen mussten, um sich in proppenvollen Zügen durchs Land karren zu lassen. Gottseidank gibt es noch Privatjets, unsere Stammwähler wissen doch sonst gar nicht, wofür sie Ihre ganze Kohle raushauen sollen. Da erwarte ich auch etwas Solidarität von den Geringverdienern! Das schlägt ganz schön aufs Gemüt.  

TITANIC: Herr Wirsing, Stichwort Kohl, Entschuldigung. Stichwort: Kohle! Sie haben schon angekündigt, dass es wegen der Energiekrise nun Vorrang für Kohletransporte auf der Schiene zu Lasten des Personenverkehrs geben soll…

Wissing: Da kann ich Sie beruhigen! Unsere Auftraggeber, der gut verdienende, nein, der "Gutes verdienende" Wähler kann heute doch bequem größere Geldbeträge online mit Lichtgeschwindigkeit durchs Land schicken, kreuz und quer, hin und her, hoch und runter, dick und doof, dumm und dämlich. Ich bin ja schließlich auch Minister für Digigedönsbums! Da sehe ich mich in erster Linie als Dienstleister. Ausserdem gebe ich zu bedenken, dass mit dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets das Transportvolumen im Personenverkehr zum September hin eh wieder sinken wird. Diese Gratis-Mentalität aber, da muss ich dem Finanzminister beipflichten, passt wegen der hohen Inflation nicht mehr in die Zeit, im Gegentum! Äh, Eigentum, nein, Gegenteil!  

TITANIC: Befürchten Sie nicht Aufstände im Land?

Wissing: Sie meinen wegen der möglichen Einführung eines Tempolimits auf unseren schönen Autobahnen? Ja, natürlich, daher soll hier ja auch alles beim alten bleiben. Meine Behörde arbeitet gerade einen Plan zur Vertiefung der Fahrbahnen aus, damit sparen wir uns teure Lärmschutzwände aus Zement. Bei dessen Herstellung fällt ja enorm viel CO2 an. Sie können mir also alles vorwerfen, nur nicht, dass ich ein Betonkopf wäre! Die Flussbetten können wir nun fast komplett asphaltieren, sie zumindest im Sommer als zusätzliche Fahrstreifen nutzen. Wir überlegen auch schon, Schiffe mit Rädern zu bauen, damit die Wasserstraßen möglichst lange "schiffbar" bleiben. Ich verspreche Ihnen, wenn unser grüner Koalitionspartner das Wort "Amphibienfahrzeug" nur hört, dann geht dem dabei so einer ab, wie unseren Wählern beim Wort "Pferdestärken". Der ist dann sofort mit im Boot.

Titanic: Wir dachten eigentlich Sie wollten die Prioritäten nun endlich mehr Richtung Schiene setzen.

Wissing: Na, klar! Wir wollen beispielsweise mehr Autoreisezüge, damit die Menschen ohne Ladeverlust mit Ihren Elektroautos am Urlaubsort nach Lust und Laune herumfahren können, kreuz und quer, hin- und her. Bei guter Luft! Wir planen große schattenspendende Parkhochhäuser, Land gibt es ja dort genug. Auch wollen wir Höhlen zu natürlich gekühltem Parkraum ausbauen. Das schafft auch Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen wie der Eifel oder den neuen Bundesländern. Überlegen Sie mal: ein Concierge pro Parkwolkenkratzer, das ist schon viel, bei der anhaltenden Landflucht!  

TITANIC: Und was ist mit den Radfahrern? Die Unfallzahlen sind stark gestiegen.

Wissing: Das liegt in der Natur der Sache. Zweiradfahrer haben keine Knautschzone. Zumindest noch nicht! Ich habe da nämlich schon neue, spannende Ideen! So wäre es zum Beispiel sicherer, wenn jeder Bürger beim Radfahren die volle Taschen eines Lieferdienst am Leibe hätte, so eine Calzone schützt ja immerhin ein wenig beim Aufprall. Und wenn sie schon täglich in die Innenstadt radeln, können Sie sich dabei auch einfach ein paar Euros via Lieferando dazuverdienen. So geht gelebte Teilhabe, also am Bruttoinlandsprodukt! Und da finanziert sich das bald teuerere Monatsticket ja fast von selbst. Zwei Flieger, äh … zwei Fliegen mit einer Klatten. Ne, hier: Klappe!  

TITANIC: Ist das nicht etwas realitätsfern?  

Wissing: Ach was! Das ist höchsten pragmatisch! Ich komme doch aus Rheinland-Pfalz, da ist nicht gut Radfahren. Mein Ratschlag: Lassen Sie Ihren Drahtesel am besten einfach öfter mal stehen. Wie heißt es doch so schön? Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt. Und zwar die Wirtschaft an, mit dem Kauf eines Neuwagens! Und wenn die breiten Radwege, die wir jetzt mit ein paar Eimern billiger Farbe aus dem Baumarkt überall auf die Fahrbahnen der Großstädte pinseln leer sind, sieht es ohnehin so aus, als hätten wir schon alles Notwendige getan. Das ist schließlich auch das Motto unserer Regierung. So, wenn Sie jetzt bitte aus meinem Auto aussteigen würden? Ich bin mit den Quandts zu einem Dinner in ihrem neuen Privatjet verabredet.  

TITANIC: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch Herr Witzding, und weiterhin gute Fahrt!

Burkhard Niehues 

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Briefe an die Leser

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
09.05.2024 Zürich, Friedhof Forum Thomas Gsella
09.05.2024 München, Volkstheater Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
10.05.2024 Weil am Rhein, Kulturzentrum Kesselhaus Thomas Gsella
11.05.2024 Karlsruhe, Kabarett in der Orgelfabrik Thomas Gsella