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Offener Brief: Freiheit für Boris Becker

Alice Schwarzer und zwölf weitere intellektuelle Sportsfreunde schreiben bei TITANIC einen offenen Brief an Prime Minister Boris Johnson. Sie befürworten seine Besonnenheit und warnen davor, auf Boris Beckers Haftstrafe zu bestehen. Den vollständigen Brief und die Liste der Erstunterzeichner lesen Sie hier:

Sehr geehrter Herr Prime Minister,

wir begrüßen, dass Sie bisher so genau die Risiken bedacht hatten: das Risiko der Ausbreitung des Hetze innerhalb der englischen "yellow press"; das Risiko einer Ausweitung auf die Bunte; ja, das Risiko eines totalen Klatschkrieges. Wir hoffen darum, dass Sie sich auf Ihre ursprüngliche Position besinnen und nicht, weder direkt noch indirekt, weitere rechtliche Geschütze gegen Boris Becker in Stellung bringen. Wir bitten Sie im Gegenteil dringlich, alles dazu beizutragen, dass es so schnell wie möglich zu einem Tie Break im Gerichtsverfahren kommt, auf deutsch: zu einer Wiederaufnahme.

Zum Tennisschläger gehören immer zwei Saiten

Wir teilen das Urteil über Boris Beckers Finanzjonglage als Bruch der Grundnorm des Bankenrechts. Wir teilen auch die Überzeugung, dass es eine prinzipielle politisch-moralische Pflicht gibt, vor Geldbetrug nicht ohne Anklage zurückzuweichen. Doch alles, was sich daraus ableiten lässt, hat Grenzen und ein Netz.

Zwei solche Grundlinien sind nach unserer Überzeugung jetzt erreicht: Erstens das kategorische Verbot, ein manifestes Risiko der Eskalation dieses Skandälchens zu einem Grand Slam in Kauf zu nehmen. Die Einlieferung Boris Beckers in den Knast allerdings könnte Deutschland selbst zur aufschlagenden Kriegspartei machen. Und ein englischer Return könnte so dann den Beistandsfall nach dem ITF-Vertrag und damit die unmittelbare Gefahr eines Grand Slams auslösen.

Die zweite Grenzlinie ist das Maß an Verstörung und menschlichem Leid unter Paparazzi und Boris Beckers Frauen. Selbst der berechtigte Widerstand gegen ein Finanz-Ass steht dazu irgendwann in einem unerträglichen Missverhältnis.

Wir warnen vor einem zweifachen Irrtum: Zum einen, dass die Verantwortung für die Gefahr einer Eskalation zum Grand Slam allein Bum-Bum-Boris angehe und nicht auch diejenigen, die ihm sehenden Hawk Eyes ein Konto zu gegebenenfalls verbrecherischen Überweisungen liefern. Und zum andern, dass die Entscheidung über die moralische Verantwortbarkeit der weiteren „Kosten“ an TV-Experten-Auftritten ausschließlich in die Zuständigkeit ihrer englischen Justiz falle. Ballsportarten wie Tennis und das Schicksal deutscher Champions sind universaler Natur.

Auch Sie, Herr Prime Minister, sind ein Boris!

Die unter Druck vollzogene Verurteilung Bobbeles könnte der Beginn eines weltweiten Verhaftungsballwechsels mit katastrophalen Konsequenzen sein – am Ende wird auch noch Beckenbauer in eine Besenkammer gesperrt! – nicht zuletzt auch für die globale Gesundheit, den Klimawandel und wohltätige Organisationen wie das IOC und die Fifa. Es gilt, bei allen Unterschieden, einen weltweiten Frieden anzustreben. Der europäische Ansatz der gemeinsamen Vetternwirtschaft ist hierfür ein Vorbild.

Wir sind, sehr verehrter Herr Prime Minister, überzeugt, dass gerade der Chef des Vereinigten Königreichs entscheidend zu einer Lösung beitragen kann, die auch vor dem Urteil der Schiedsrichter Bestand hat. In Anbetracht unserer gemeinsamen historischen Verantwortung für den jüngsten Wimbledon-Sieger aller Zeiten – und in der Hoffnung auf einen Advantage Becker: Wir bitten Sie um eine Begnadigung oder zumindest die Umwandlung des jüngst gefällten Urteils in eine Bewährungsstrafe.

Wir hoffen und zählen (15, 30, 40) auf Sie!

Hochachtungsvoll
die Erstunterzeichner:

Lars Eidinger, Balljunge

Dr. Svenja Flaßpöhler, Ballmädchen

Alexander Kluge, Tennisfreak

Reinhard Mey, Saitenmeister

Dieter Nuhr, Filzball

Gerhard Polt, Longline-Spieler

Alice Schwarzer, Royal Highness

Franziska Walser, Nachwuchsspielerin

Martin Walser, Vater von Franziska Walser

Prof. Dr. Harald Welzer, Tennissocke

Ranga Yogeshwar, Sportreporter

Juli Zeh, Briefunterzeichnerin

Moritz Hürtgen, TITANIC-Chefredakteur

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt