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"Ich begreife mich als Battle-Rapper" – Botschafter Andrij Melnyk im Interview

Der SPIEGEL nennt ihn den "Undiplomat". Für das Redaktionsnetzwerk Deutschland ist er ein "Fremdkörper im Regierungsviertel". Die FAZ schreibt, es gebe keinen Diplomaten, "den man im politischen Berlin so fürchtet wie Andrij Melnyk". Doch wie tickt der ukrainische Botschafter privat, was für ein Mensch ist er nach Feierabend? TITANIC hat ihn zum Intiminterview getroffen. 

 

TITANIC: Herr Melnyk, schön, dass Sie Zeit für ein Gespräch mit uns gefunden haben.  

Melnyk: Jaja, "schön"! Glauben Sie, meine Landsleute finden das gerade auch schön?  

TITANIC: Nein, gewiss nicht.  

Melnyk: Jaja, "gewiss"! Erzählen Sie mir nichts von Gewissen! Sie sitzen hier Ihren fetten deutschen Arsch breit, während wir in der Ukraine für Sie kämpfen.  

TITANIC: Herr Botschafter, Sie haben doch jetzt Feierabend und können die diplomatischen Gepflogenheiten sein lassen. Sprechen Sie frei von der Leber weg!  

Melnyk: Verzeihung, da haben Sie vollkommen Recht, manchmal verliere ich mich ein bisschen in meiner beruflichen Rolle.  

TITANIC: Sie bezeichnen unsere Bundesregierung als "feige" und "peinlich". Was haben Sie gegen Olaf Scholz und Konsorten?  

Melnyk: Ich persönlich habe Höchstachtung vor den deutschen Ministern und Ihrem Bundeskanzler, die eine enorm komplizierte Lage nach bestem Wissen und Gewissen zu meistern versuchen.  

TITANIC: Aber öffentlich würden Sie das so wohl nicht sagen, oder?  

Melnyk: Niemals! Als professioneller Diplomat sind das für mich die allerletzten Drecksschweine! Für mein nächstes Interview in den Tagesthemen habe ich mir schon einen Eimer Blut bereitgestellt, den ich vor den Augen von Caren Miosga symbolisch über mich gießen werde, um auf die deutsche Schuld am Leid der Ukraine hinzuweisen.  

TITANIC: Die Einladung des Bundespräsidenten zu einem Solidaritätskonzert mit der Ukraine haben Sie ausgeschlagen, weil dort neben ukrainischen auch russische Musikanten spielen sollten.  

Melnyk: Ja, aber unter uns: Das war vorgeschoben. Ich hasse schlichtweg klassische Musik. Gegeben werden sollte Chopin, Schostakowitsch und ähnliches Gedudel – bah, grässlich!  

TITANC: Dem ehemaligen Bundestagabgeordneten Fabio De Masi warfen Sie vor, die Linke hätte "diesen russischen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine herbeigeführt". Messen Sie da einer Partei, die sich bei den letzten Wahlen mit Ach und Krach ins Parlament gerettet hat, nicht etwas zu viel Einfluss bei?  

Melnyk: Aber ja, selbstverständlich. Die Linke hat seit ihrer Gründung noch nie etwas in Deutschland erreicht, wieso sollte sie jetzt die deutsche oder gar die russische Außenpolitik beeinflussen können?  

TITANIC: Dann spitzen Sie also in der Rolle des Botschafters bewusst zu, um für Schlagzeilen zu sorgen und so den Krieg im Bewusstsein der Gesellschaft zu halten?  

Melnyk: Gut erkannt! Meine öffentlichen Aussagen sind stets cum grano salis. Dass ich nicht immer so drauf bin, merken Sie ja hoffentlich im direkten Tête-à-Tête.  

TITANIC: Über eine Unterhaltung mit Christian Lindner sagten Sie: "Das war das schlimmste Gespräch in meinem Leben."  

Melnyk: Das war ausnahmsweise mein voller Ernst.  

TITANIC: Auf Twitter retweeten Sie bevorzugt Bild-Redakteure, posten Bilder von ukrainischen Kindern im Luftschutzkeller und fordern deutsche Städte auf, die Beziehungen zu ihren russischen Partnerstädten "SOFORT zu stoppen" – diese ungezügelte Twitterei kannten wir in Deutschland bisher nur von Jörg Kachelmann.  

Melnyk: Ich räume ein: Auf der sozialen Digitalautobahn beschleunige ich manchmal schneller, als ich bremsen kann. Hier bin ich 24/7 im Dienst. Als Botschafter freue ich mich wegen der Reichweite auch über jeden Retweet von Julian Reichelt, als Privatperson desinfiziere ich danach aber jedes Mal mein iPhone.  

TITANIC: Können Sie nachvollziehen, dass mancher in Deutschland Ihre offensive Kommunikation als etwas unwirsch und verstörend empfindet?  

Melnyk: Sehr gut sogar. Das ist aber nun mal Teil der Kunstform, ich begreife mich selbst als Battle-Rapper.  

TITANIC: Interessant. Wollen Sie vielleicht ein paar tighte rhymes Richtung Bundesregierung spitten?  

Melnyk: Mit Vergnügen! Checkt das aus:  

"Wann werdet ihr es raffen? Deutschland hört auf mein Kommando!

Ihr liefert uns jetzt Waffen so wie Lieferando!

Andrij Melnyk am Start: Jetzt wird der Kanzler gefickt!  

Bis ihr endlich eure ganzen Panzer schickt!"  

TITANIC: Respekt, das war fett!  

Melnyk: Danke, in meiner Freizeit feile ich vor allem an meinen Doubletime-Skills. Jetzt muss ich dann aber auch mal wieder an die Arbeit. 

TITANIC: Herr Melnyk, vielen Dank für diese Einblicke in Ihre Seele.  

Melnyk: Jaja, "Seele"! Sie sind moralisch schon jetzt so tot, Ihre Seele wird für immer in der Hölle schmoren!    

 

Cornelius WM Oettle

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Briefe an die Leser

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

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30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »POLO«