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"Ich bin es gewohnt, allein auf weiter Flur zu stehen." – Manuela Schwesig im Interview

Manuela Schwesig packt exklusiv in TITANIC aus – über dünn besiedelte Räume, dünnes Eis und sonstigen Dünnschiss.

TITANIC: Guten Tag, Frau Schwesig! Während im ganzen Land die meisten Corona-Einschränkungen gefallen sind, haben sich nur Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern zum Hotdog, Entschuldigung, "Hotspot" erklärt. War das wirklich nötig, die Abstandsregeln halten sich bei den paar Dutzend Einwohnern in Ihrem Bundesland doch von allein ein, oder? Bläst Ihnen da nicht genug Gegenwind ins Gesicht?

Schwesig: Das ist kein Problem für mich, meine Betonfrisur trotzt den schroffen Westwinden, die die Viren aus Hamburg herüber blasen. Außerdem: Ich bin es gewohnt, allein auf weiter Flur zu stehen, ich wohne schließlich in Mecklenburg-Vorpommern, wie Sie ja richtig erkannt haben, nicht in Schwesig-Holstein, haha!

TITANIC: Irre komisch, Frau Schwätzig, aber zwischen Ost- und Nordsee wohnen ja bekanntermaßen auch deutlich weniger Menschen als Kühe. Die dichtbesiedelte Großstadt Hamburg und Ihr Hinterland-Vorpommern in einem Atemzug als Hotspot genannt, das versteht doch keiner in Deutschland und dann haben Sie auch noch das ganze Land, inklusive Bindestrich, dazu erklären lassen.

Schwesig: Na und, mich versteht ja auch keiner. Dass ich mein Amt als Bundesministerin, wenn auch nur für Familie und Gedöns, aufgegeben habe, um Herrscherin eines rückständigen Agrarlandes zu werden, zum Beispiel. Wir haben auch gar nicht das ganze Territorium zum Krisengebiet erklärt, sondern jeden einzelnen Landkreis gesondert. Ich weiß gar nicht, woher die Aufregung rührt, bei den paar Seelen.

TITANIC: Dann haben Sie vermutlich auch keine allgemeine Maskenpflicht verhängt, sondern jeden einzelnen Bürger angewiesen eine Mund-Nasen-Schutz zu tragen, oder was?

Schwesig: Ganz genau, das bisschen Portogeld war es wert, sowas zahlen wir quasi aus der Portokasse. Und, dass die Inzidenz an der Schlachtplatte Seenplatte unter dem Bundedurchschnitt liegt, das zählt nicht, schließlich ist da nur Wasser. Übrigens sind unsere Krankenhäuser wegen Corona nach wie vor überlastet, auch deswegen halten wir an den Maßnahmen fest. 

TITANIC: Wo wir gerade bei langen Zeiträumen, bzw. Gasleitungen sind: Warum haben Sie solange gebraucht, sich von Nordstream 2 zu verabschieden?

Schwesig: Ich weiß gar nicht, warum ich mich da rechtfertigen muss. Günstiges Gas aus Russland, das war doch eine Bombenidee von Ex-Kanzler Schröder. Eigener Herd mit Gas von Gerd! Rückblickend betrachtet, und was macht man schon anderes als das in MV, natürlich. Und irgendwo muss das Zeug ja ankommen. Der Zugang zur Ostsee ist unserer Standortvorteil, wenn auch der Einzige. Wir brauchen im Übrigen das Gas auch gar nicht für uns, decken unseren Bedarf zu 100 Prozent aus Methan. Unsere Bauernhäuser mit Stallanschluss arbeiten vorbildlich mit Kraft-Därme-Kopplung.

TITANIC: Und wie geht es jetzt weiter?

Schwesig: Unsere Fischer auf Rügen gehen wieder Plastik fischen und die Zusammenarbeit mit unserer russischen Partnerregion wurde auf Eis gelegt (lacht sich kaputt wie das Pipeline-Projekt), die waren uns sowieso wirtschaftlich zu weit voraus!

 

Burkhard Niehues

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Briefe an die Leser

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt