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Willkommen im Aktienland! Wie die neue Bildungsministerin die Aktienkultur stärken will.

Wenn sich Bildungsminister:innen mit Bildung beschäftigen, entsteht bekanntlich traditionell viel Unfug, siehe zuletzt bei Anja Karliczek. Die neue zuständige Ministerin Bettina Stark-Watzinger von der FDP plant deswegen, sich nicht nur mit dem Verlierer-Thema Bildung zu befassen. Sie will sich auch um wichtige Dinge kümmern und zum Beispiel "die Aktienkultur weiter stärken", teilte sie jüngst via Twitter mit. Und sie weiß auch schon, wie das gelingen kann.    

Kindertagesstätten im Dax-Rausch  
Schon bei den ganz Kleinen möchte die Bundesministerin (Spitzname: Dax-Aktienger) ansetzen. Wenn es nach der FDP-Expertin für Geldanlagen geht, spielen die Kinder in der Kita in Zukunft viele lustige Börsenspiele, unter anderem "Blinde Anlegerkuh", "Schere, Stein, Wertpapier" und "Börsengang nach Jerusalem". Ganz wichtig ist dabei nur: Hartz-IV-Kinder dürfen mangels ausreichend Startkapital nicht mitspielen. Typische Kita-Gruppen heißen außerdem bald nicht mehr "Die Zwerge" und "Die Hasen", sondern "Die Anleger" und "Die Broker". Darüber hinaus sollen die Kinder mindestens dreimal am Tag Aktien malen ("Mahma, Paba, ich und die aktsie!!"). Bei Ausflügen in den Zoo kuscheln sie die ganze Zeit mit Bullen und Bären, um sich schon mal an die beiden Börsentiere zu gewöhnen.    

Börsenfieber an den Schulen  
Aktienmeisterin Bettina Stark-Watzinger (Börsenkürzel: BSW) hat sich bereits mehrere neue Schulfächer ausgedacht. Auf dem Stundenplan stehen künftig täglich "Dax", "Optionsscheine", "Zertifikate", "Wirecard", "Taschengeldverhandlung" und "Reich erben" (Doppelstunde). Zudem gibt es unter dem Motto "Fridays for Money" wöchentliche Schulausflüge an die Frankfurter Börse. Gedichte müssen Schüler:innen nicht mehr auswendig lernen, dafür jedoch die wichtigsten Dialoge aus dem Film "The Wolf of Wall Street". Auch im Schultheater ändert sich einiges. Bei jeder Abschlussfeier werden die Stücke "Das kurssteigernde Klassenzimmer", "Warten auf Depot" und "Die Bonität der alten Dame" aufgeführt.

Geburtsvorbereitungskurse mit Dividende
Eine besondere Idee von Bettina Stark-Watzinger ist: Mit der neuen deutschen Aktienkultur sollen alle auch schon vor der Geburt in Berührung kommen. Die Börsentrend- und Aktienministerin ist überzeugt, dass der Grundstein für den Erfolg im Mutterleib gelegt wird. Aus diesem Grund werden den Babys in Zukunft in der Schwangerschaft statt Bach, Mozart und Andrea Berg die neuesten Börsenkurse vorgespielt. Und damit wirklich nichts schiefgeht, legen sich Schwangere in Geburtsvorbereitungskursen bei Übungen nicht mehr auf unbequeme Yogamatten, sondern auf große gemütliche Aktienpakete.    

Aktienjagd an den Universitäten  
Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre und Finanzjongleurswirtschaftslehre werden für alle Studierenden zu Pflichtfächern. Obligatorische Vorlesungen sind "Die Faszination der Gier", "Wie man die erste Million richtig ausgibt" und "Meine Eltern haben mir zum fünften Geburtstag keine Aktien geschenkt – kann ich sie nachträglich verklagen?". Für besonders gute Hausarbeiten gibt es Boni und Provisionen. In den Prüfungen werden in erster Linie die wichtigsten Börsenweisheiten abgefragt, etwa "Wer sich keine Aktien leisten kann, soll eben in Immobilien investieren", "Egal, ob Mailand oder Madrid, Hauptsache Moneten" und "Et hätt noch emmer jeld jejange". Wer beweisen kann, dass er anderen Leuten das Geld aus der Tasche ziehen kann, ohne sich dabei erwischen zu lassen, bekommt einen Doktortitel.    

Big Business in Museen  
Ministerin Stark-Watzinger möchte sich dafür einsetzen, dass in jeder größeren Stadt der Republik Museen für Aktienkultur entstehen. Zu besichtigen gibt es dort dann die imposantesten Börsencrashs der vergangenen 100 Jahre sowie die eindrucksvollsten Gaunereien und beliebtesten Drogen von Anlegerlegenden im In- und Ausland. Des Weiteren werden dort die besten Werke von Sandro Börsicelli, Frida Kohle und Vincent van Gold ausgestellt.    

Anleihe-Ekstase in Bibliotheken  
Wer künftig in Bibliotheken etwas ausleihen will, muss einen 2G-Aktienkultur-Nachweis vorlegen (gierig und/oder gerissen), gültig nur für maximal 24 Stunden. Überall ausleihbar sind demnächst die Klassiker "Die Buddenbroker" von Thomas Mann, "Der Herr der Rendite" von John R. R. Tolkien und "Das Schweigen der Leerverkäufer" von Thomas Harris. Neu in allen Bibliotheken ist zudem: Man kann neben Büchern und Zeitschriften auch Zertifikate, Derivate und Schrottpapiere ausleihen. Die Ministerin ist sicher: "So wird aus Deutschland ein vorbildliches Aktienland! Ich freue mich schon!"

 

Dimitri Taube

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sind Sie sicher, Rufus Beck?

Im Interview mit Deutschlandfunk Kultur zum 25. Jubiläum des Erscheinens des ersten deutschsprachigen »Harry-Potter«-Buchs kamen Sie ins Fantasieren: Würde Harry heutzutage und in der echten Welt leben, dann würde er sich als Klimaschützer engagieren. Er habe schließlich immer für eine gute Sache eingestanden.

Wir möchten Sie an dieser Stelle daran erinnern, dass Harry Potter ein Zauberer ist, sich folglich gar nicht für den Klimaschutz engagieren müsste, sondern ihn mit einem Schnips obsolet machen könnte. Da allerdings in sieben endlos langen »Harry Potter«-Bänden auch keine Klassenunterschiede, Armut oder gar der Kapitalismus weggezaubert wurden, fragen wir uns, warum Harry gerade bei der Klimakrise eine Ausnahme machen sollte. Aber wo Sie schon so am Fabulieren sind, kommen wir doch mal zu der wirklich interessanten Frage: Wie, glauben Sie, würde sich Ihr Kämpfer für das Gute zu Trans-Rechten verhalten?

Hat da so eine Ahnung: Titanic

 Sakra, »Bild«!

Da hast Du ja wieder was aufgedeckt: »Schauspieler-Sohn zerstückelt Lover in 14 Teile. Die dunkle Seite des schönen Killers. Im Internet schrieb er Hasskommentare«. Der attraktive, stinknormal wirkende Stückel-Killer hat Hasskommentare im Netz geschrieben? So kann man sich in einem Menschen täuschen! Wir sind entsetzt. Dieses Monster!

Indes, wir kennen solche Geschichten zur Genüge: Ein Amokläufer entpuppt sich als Falschparker, eine Kidnapperin trennt ihren Müll nicht, die Giftmischerin hat immer beim Trinkgeld geknausert, und das über Leichen gehende Hetzblatt nimmt’s gelegentlich mit der Kohärenz beim Schlagzeilen-Zusammenstückeln nicht so genau.

Grüße von der hellen Seite des Journalismus Titanic

 Ei Gude, Nancy Faeser!

Ei Gude, Nancy Faeser!

Als Bundesinnenministerin und SPD-Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl stellen Sie im Wahlkampf wöchentlich eine weitere Verschärfung des Asylrechts in Aussicht, um bei Ihren stockkonservativen hessischen Landsleuten zu punkten. Das Dumme ist nur, dass Sie damit bis jetzt bei Ihrer Zielgruppe nicht so recht ankommen. Der sind Sie einfach zu zaghaft.

Da hilft nur eins: Klotzen, nicht kleckern! Ihr Amtsvorgänger Horst Seehofer (CSU) hat es doch vorgemacht und sich über die Abschiebung von 69 Afghan/innen an seinem 69. Geburtstag gefreut! Das haben alle verstanden. Tja, Ihr 53. Geburtstag am 13. Juli ist schon rum, die Chance ist vertan! Jetzt hilft nur noch eins: gemeinsame Wahlkampfauftritte mit Thilo Sarrazin!

Und flankierend: eine Unterschriftensammlung gegen die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts, die es Migrant/innen erleichtert, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, ohne die eigene aufzugeben. Für Unterschriftenaktionen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft sind die Hess/innen seit jeher zu haben (»Wo kann ich gegen die Ausländer unterschreiben?«). Und dass Sie damit gegen Ihren eigenen Gesetzentwurf agitieren – das werden die sicher nicht checken!

Darauf wettet Ihre Wahlkampfassistenz von der Titanic

 Du, Krimi-Autorin Rita Falk,

bist mit der filmischen Umsetzung Deiner zahlreichen Eberhofer-Romane – »Dampfnudelblues«, »Sauerkrautkoma«, »Kaiserschmarrndrama« – nicht mehr zufrieden. Besonders die allerneueste Folge, »Rehragout-Rendezvous«, erregt Dein Missfallen: »Ich finde das Drehbuch unglaublich platt, trashig, stellenweise sogar ordinär.« Überdies seien Szenen hinzuerfunden worden und Charaktere verändert. Besonders verabscheuungswürdig seien die Abweichungen bei einer Figur namens Paul: »Der Film-Paul ist einfach ein Dorfdepp.«

Platt, trashig, ordinär – das sind gewichtige Vorwürfe, Rita Falk, die zu einer vergleichenden Neulektüre Deiner Romane einladen. Da fällt uns übrigens ein: Kennst Du die Geschichte vom Dorfdeppen, der sich beschwert, dass der Nachbarsdorfdepp ihn immer so schlecht imitiert?

Wär’ glatt der Stoff für einen neuen Roman!

Finden Deine Trash-Flegel von Titanic

 Puh, 47jährige,

bei Euch läuft es ja nicht so rund gerade. »Nur mit Unterhose bekleidet: 47-Jähriger flippt an Trambahn-Haltestelle aus« müssen wir pfaffenhofen-today.de entnehmen. InFranken meldet: »143 Autos in vier Jahren zerkratzt – 47jähriger Verdächtiger wurde festgenommen«, und schließlich versaut Rammstein-Ekel Lindemann Euch noch zusätzlich das Prestige. Der ist zwar lang nicht mehr in Eurem Alter, aber von dem Lustgreis ist in letzter Zeit dauernd im Zusammenhang mit Euch die Rede, weil er sich als 47jähriger in eine 15jährige »verliebt« haben will.

Und wenn man sich bei so viel Ärger einfach mal einen antrinkt, geht natürlich auch das schief: »Betrunkener 47-Jähriger landet in Augustdorf im Gegenverkehr«, spottet unbarmherzig lz.de.

Vielleicht, liebe 47jährige, bleibt Ihr besser zu Hause, bis Ihr 48 seid?

Rät die ewig junge Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Backpainer-Urlaub

Eine Thailandreise ist die ideale Gelegenheit, sich bei unzähligen Thaimassagen endlich mal jene Rückenschmerzen rauskneten zu lassen, die man vom Tragen des Rucksacks hat, den man ohne die Thailandreise gar nicht gekauft hätte.

Cornelius W. M. Oettle

 Kartoffelpuffer

Die obligatorische halbe Stunde, die deutsche Rentnerehepaare zu früh am Bahnhof erscheinen.

Fabio Kühnemuth

 Tagtraum im Supermarkt

Irre lange Schlange vor der Kirche. Einzelne Gläubige werden unruhig und stellen Forderungen. Pfarrer beruhigt den Schreihals vor mir: »Ja, wir machen gleich eine zweite Kirche auf!«

Uwe Becker

 Brotlose Berufsbezeichnung

Ich arbeite seit Jahren erfolgreich als honorarfreischaffender Künstler.

Jürgen Miedl

 Löffelchenverbot

Ich könnte niemals in einer Beziehung mit Uri Geller sein. Ich will mich einfach für niemanden verbiegen.

Viola Müter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
26.09.2023 Bern, Berner Generationenhaus Martin Sonneborn
27.09.2023 Berlin, Dorotheenstädtische Buchhandlung Katharina Greve