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Die große Helene-Fischer-Show

Öffentlichkeitswirksam empfahl Schlager-Queen Helene Fischer das Onlinemagazin Übermedien, welches die Berichterstattung über sie kritisierte. Jedoch: War das nur ihr geschickter Versuch, wache Hunde einzuschläfern? Lesen Sie hier die Reportage des neuen Rechercheverbunds aus Burda Investigativ, Bild TV Print Online und TITANIC TRUE CRIME, die nicht einmal Dirk Ippen verhindern konnte.

Wir nähern uns dem Phänomen Helene Fischer mithilfe ihrer Biografie. Geboren 1984 in der Sowjetunion, siedelte sie 1988 nach Rheinland-Pfalz über. Das erste Mal stutzen wir: Wie soll ein vierjähriges Kind von Krasnojarsk nach Wöllstein umziehen? Unsere Nachforschungen ergeben: Sie war nicht allein, die Familie zog mit um.

Der nächste Meilenstein folgte laut Wikipedia im Jahr 2003: Fischer beendete ihre Ausbildung zur "Staatlich anerkannten Musicaldarstellerin" in Frankfurt am Main. Es klingt perfekt, ist indes nur perfekt erdacht. Die Sängerin war laut Einwohnermeldeamt in diesem Zeitraum in Frankfurt (Oder). Und es kommt noch bunter: Gemäß der dortigen Handwerkskammer war sie als Malerin für eine Baufirma tätig. Die o.g. "Ausbildung" absolvierte sie parallel an der Volkshochschule und schloss sie mit einem Teilnahmezertifikat ab. Ihre Berufstätigkeit als Malerin verarbeitete sie im 2013 erschienen Album "Farbenspiel", auf dem direkt der erste Titel "Fehlerfrei" vom hohen Druck und der geforderten Präzision in der Branche (z.B. beim Abkleben von Fußleisten) erzählt: "Ich klebe ab / Der Meister schaut / Er lacht sich schlapp / Dann wird er laut"

Es sind Zeilen, die nachdenklich machen. Dennoch ist Mitgefühl nicht unser täglich Fischbrötchen. Angestachelt nehmen wir weitere Texte auseinander, allen voran "Atemlos durch die Nacht". Wir treffen eine*n unserer Informant*innen: Lennart Meier (Name von der Redaktion gegendert). Er war laut eigener Aussage dabei, als die Lyrics für den Ohrwurm entstanden und beschreibt die Situation bis ins kleinste Detail: "Ich finde die Behauptungen im Text dreist! Es war nämlich ein Donnerstagmorgen im Netto Marken-Discount in der Wanheimer Straße 23 in Duisburg, als ich Frau Fischer an der SB-Fleischtheke erblickte. Sie war augenscheinlich allein, trällerte vor sich hin und schrieb hernach etwas auf. Ich versichere hiermit an Eides statt, dass sie ganz normal atmete." Ergo ist das Lied nicht schwindelfrei, sondern glatt gelogen. Uns bleibt die Luft weg!

Wir bohren tiefer und blicken zurück aufs Jahr 2009. Helene Fischer landete mit "Ich will immer wieder … dieses Fieber spür'n" einen Hit - was auch sonst? Wir kontaktieren ihre Ärzt*innen und wollen herausfinden, ob sie wirklich so gern Fieber hat. Antworten erhalten wir keine, obschon wir weiß Gott nett gefragt haben. Eine kalte Spur!

An der Stelle kommt unser Rechercheverbund erstmals an seine Grenzen. Wir gestehen uns ein, dass dieser Job keiner ist, den man durchpowern kann. In einer Doodle-Abstimmung entscheiden wir uns für ein Teambuilding-Retreat am schönen Ammersee. Aber die Arbeit verfolgt uns auch dorthin! Wir erfahren, dass Helene Fischer heuer eine Villa an dem idyllischen Binnengewässer bezogen haben soll. Ein prunkvolles Liebesnest für sie und "ihren Tänzer", so schrieb es die Klatschpresse. Was den Reporter*innen entging: Für ihren Neuen verließ Fischer nicht Florian Silbereisen, sondern Stefan Mross. Der Verprellte antwortet uns auf eine Facebook-DM kurz und knapp: "Mein Nachfolger hat von Tuten und Blasen keine Ahnung, LG".

Eine Entdeckung auf einem Spaziergang zieht uns dann die Latschen aus: Helene und ihr Thomas wohnen in einer bescheidenen Fischerhütte! Immer mehr fällt das Kartenhaus der angeblich so reichen Schlager-Königin zusammen. Bemerkenswert: Auf dem "Anwesen" steht neben der Hütte ein zusammengefallenes Gartenhaus.

Zurück in Frankfurt sitzen wir bedröppelt im Newsroom der TITANIC-Redaktion. Will man so einem Menschen wirklich auf die Schliche kommen? Freilich gebietet es unser wahrheitsliebender katholischer Glaube, der Sache weiter nachzugehen. Ein stilles Gebet später checken wir die Mails. Siehe da: neue Hinweise! Nach Telefonaten mit mehreren anonymen Quellen und einer kaffeereichen Nacht in den Digitalarchiven von FAZ und Stern können wir die Informationen verifizieren: Schlager-Idol H. Fischer stürmte bereits 1990 zum ersten Nummer-eins-Hit. Mit dem Decknamen "Michelle" und ihrem Song "Verdammt, ich lieb’ Dich".

Ihr Auftritt in "Das Traumschiff" im ZDF bescherte Frau Fischer 2013 ein positives Presseecho. Ex-Crew-Mitglied Sascha Hehn behauptet uns gegenüber allerdings, dass die Schlager-Göttin nie wirklich an Bord war, sondern es sich bei dem gezeigten Material um Schnittbilder privater Aufnahmen auf der Schiffsattrappe des "Tropical Islands" handelt.

Uns werden Gerüchte über Helene Fischers politische Ansichten zugetragen. Kurzentschlossen fahren wir nach München, um uns mit Burkhard Körner zu treffen, seines Zeichens Präsident des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz. Dieses führt die Musikerin als "Verdachtsfall Linksextremismus", kontrolliert sie engmaschig und schwarmintelligenzbasiert (z.B. mittels regelmäßiger Abfragen privater Daten durch möglichst viele Mitarbeiter*innen). Unser Gastgeber berichtet: "Ganz klar bestätigen können wir Frau Fischers Zugehörigkeit zur radikalen Antifa!" Ein Schockmoment für die Teammitglieder von Burda, die bis zuletzt an die Integrität Helene Fischers glaubten. Körner sekundiert: "Es sei ihr freundlich anempfohlen, sich endlich von der linken Gewalt in Schwabing zu distanzieren." Die Frage muss hier erlaubt sein: Wen holen sich die Deutschen da wirklich auf Mattscheibe und Plattenteller?

Zum Abschluss treffen wir Helene Fischer in einem Schnitzelrestaurant in Baden-Baden und konfrontieren sie mit einer appetitanregenden Menükarte und den Ergebnissen unseres Schaffens. Sie grinst und zerrt einen blauen Luftballon aus ihrer Bluse. Ist sie doch nicht schwanger? Entspannt trinkt sie ihren "Badener Pflaumen-Secco", streckt uns die Zunge heraus und zieht eine FFP3-Maske (mit herausgestreckter Zunge darauf) über. Die Lichtgestalt des deutschen Schlagers schlendert wort- und grußlos von dannen. Selten hat man sie so glücklich gesehen. Wir schweigen uns zwei Minuten an und schwören dann auf den Papst, auch hinkünftig an ihr dranzubleiben und jeden Steinbutt umzudrehen, den sie uns in den Weg legt. So wahr uns Gott helfe!

Martin Weidauer

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hi, Ijoma Mangold!

»Die orange Pille – Warum Bitcoin weit mehr als nur ein neues Geld ist« heißt Ihr neues Buch, und da fragen wir uns schon, was geschehen muss, damit einer, neben Alt-Right-Speak (»orange pill«) und der Reklame für Kryptowährung, wirre Werbeslogans wie diesen mit seinem Gesicht unter die Leute bringt: »Das größte Gerechtigkeitsversprechen seit Karl Marx«. Sicher, wer jahrelang berufsbedingt lesen muss, was die zeitgenössische Literatur so bereithält, der kann da nicht ganz unbeschadet rauskommen.

Dann aber lasen wir, was die Verlagswerbung über Sie zu berichten weiß: »Er war Literaturchef von Die Zeit, heute schreibt er für sie als kulturpolitischer Korrespondent. In der Zurückgezogenheit des Lockdowns tauchte er in das Bitcoin-Universum ein. Seither sieht er unsere Welt anders«. Keine weiteren Fragen, Mangold, der Lockdown war für uns alle hart. Trotzdem: Im Zweifel einfach mal wieder an die frische Luft gehen. Sie haben nichts zu verlieren als Ihre Blockchain.

Viel Glück! Titanic

 Nichts leichter als das, Carsten Linnemann …

Sie sind stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU und arbeiten gerade an einem neuen Grundsatzprogramm. Dafür haben Sie große Pläne: »Eine kleine Vision habe ich: Man könnte jeden Bürger wecken um drei Uhr nachts, und er wüsste sofort, wofür die CDU steht: Erstens, zweitens, drittens …« Linnemann, wenn Sie jeden Bürger um drei Uhr nachts wecken und ihn fragen, wofür die CDU steht, wird man Ihnen antworten: Das ist die Partei, die die Bürger/innen nachts um drei weckt und alberne Sachen fragt.

Verrät Ihnen visionär: Titanic

 Stillgestanden, »Radio Bielefeld«!

Was wird im Lokalradio nicht alles getestet: Vom Eierkocher bis zum Waffeleisen ist vieles dabei. Du, liebes Radio Bielefeld, hast Dich jetzt aber auf etwas größere Dimensionen verlegt und schicktest kurzerhand Deine Außenreporterin auf einen nahegelegenen Truppenübungsplatz, um mal eben den Leopard 2 zu testen. Die Reporterin wäre vor lauter Begeisterung am liebsten gleich bis zur Ostfront durchgefahren, begnügte sich bis auf Weiteres aber damit, uns sehr detailliert von dem Innenleben des Panzers (»Puh, ist das eng!«) sowie von der Wahnsinnspower (»Sage und schreibe 1000 PS!«) zu berichten.

Trotz dieser Abwechslung in Deinem sonst nur aus Werbung und Ed Sheeran bestehenden Programm müssen wir sagen, dass wir enttäuscht sind: Da testest Du schon einen Panzer und lässt einfach die wichtigsten Fragen aus: Wie viele Leute kann man gleichzeitig wegballern? Was passiert, wenn man die geilen 1000 PS mit Vollgas in ein Mehrfamilienhaus krachen lässt? Und wann dürfen deutsche Soldat/innen endlich wieder mitschießen?

Befiehlt Dir, Meldung zu machen: Titanic

 So geht das aber nicht, mecklenburg-vorpommerische Finanzbeamtin!

Da haben Sie doch einfach die Steuererklärung der »Stiftung Klima- und Umweltschutz MV« verbrannt! Und das geht ja dann doch einen Schritt zu weit!

Dass die Klimastiftung nicht wirklich Klimaschutzziele verfolgt, sondern vor allem dafür da ist, die Gaspipeline Nord Stream 2 an US-Sanktionen gegen Russland vorbei fertigzustellen, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Und dass die verbrannten Dokumente wahrscheinlich Hinweise auf Schenkungen der Nord-Stream-AG gegeben hätten und somit Steuern in Höhe von zehn Millionen Euro fällig geworden wären, ist auch mehr als eine Vermutung. Aber nun auch noch die Verbrennung der Papiere? Wissen Sie denn nicht, was das wieder an CO² freisetzt?

Fragen sich Ihre Ökos von Titanic

 Viel Erfolg, »RBB«-Goldmamsell Patricia Schlesinger!

Viel Erfolg, »RBB«-Goldmamsell Patricia Schlesinger!

Als sympathischste Monetenschleuder seit Gloria von Thurn und Taxis klagen Sie vor dem Landgericht Berlin gegen Ihren alten Arbeitgeber auf Zahlung einer Betriebsrente in Höhe von monatlich 18 384 Euro. Moralisch wollen wir das nach Ihrem Rausschmiss nicht bewerten, aber rein betriebswirtschaftlich geben wir grünes Licht: Der RBB wird wegen des Skandals um Ihre Person ja 100 Mitarbeiter/innen entlassen, da sollte die Kohle also drin sein!

Gesendet aus dem Massagesessel von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Eiscreme im Kopf

Als ich das Fontanella-Eiscafé betreten wollte, musste ich mit Bedauern feststellen, dass es geschlossen war. Der Eingang war bereits komplett zugewachsen. Ein kurzer Blick ins Internet bestätigte meinen Verdacht: Die Eisdiele feierte gerade erst ihren zweiten Geburtstag.

Laura Brinkmann

 Unsolved Mysteries

Und dann war da noch der seltsame Fall des eineiigen Zwillingspärchens, das am selben Tag verschieden ist.

Daniel Sibbe

 Wechselgeld mit Musik

Einen kleinen Moment halte ich erschrocken inne, als ich den Bus betrete: Auf dem Fahrersitz lümmelt eine reichlich verwahrloste Gestalt, ihr ähnlich zerrupfter Spießgeselle lehnt am Armaturenbrett. Sie haben es sich gemütlich gemacht und snacken genüsslich eine rohe, in Scheiben geschnittene Zwiebel – aus der Schale, in die der Kassenautomat üblicherweise die Wechselgeldmünzen ausgibt. Nun bin ich durchaus auf der Höhe der Zeit und könnte die Fahrt auch per App bezahlen, aber jetzt will ich es wissen und händige dem Fahrer einen 10-Euro-Schein aus (»Zweimal Kurzstrecke bitte«). Bereitwillig fischt dieser die restlichen Zwiebelringe mit einer eleganten Handbewegung aus der Vertiefung, 5 Euro und 60 Cent landen in der Zwiebelsaftpfütze. Er sieht mich so freundlich an, dass ich die Münzen tatsächlich entnehme und in meiner Geldbörse verstaue. Es bleiben zwei Fragen: Wie entfernt man Zwiebelgeruch zuverlässig aus Leder, und wäre es in Zeiten explodierender Lebensmittelpreise vielleicht schlauer gewesen, statt des Münzgeldes die Zwiebeln mit nach Hause zu nehmen?

Martina Werner

 Misslungener Gesprächseinstieg

Kenne ich Sie nicht von einer Todesanzeige?

Günter Flott

 Werbung

Mezcal – da ist der Wurm drin!

Elias Hauck

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 24.02.:

    Die Deutsche Welle über das Krieg-Spezial im aktuellen Heft und andere themenverwandte Titel (Artikel in russisch, aut. Übersetzung).

  • 10.02.:

    Spiegel berichtet: "EU-Untersuchung Russland soll Fake-'Titanic'-Titelseiten verbreitet haben"

  • 10.01.: "Der Teufel vom Dachboden" – Eine persönliche Pardon-Geschichte in der Jungen Welt von Christian Y. Schmidt.
  • 13.12.:

    Anlässlich des 85. Geburtstages Robert Gernhardts erinnert Christian Y. Schmidt in der Jungen Welt an den Satiriker und Vermieter.

  • 26.10.:

    Chefredakteurin Julia Mateus spricht über ihren neuen Posten im Deutschlandfunk, definiert für die Berliner-Zeitung ein letztes Mal den Satirebegriff und gibt Auskunft über ihre Ziele bei WDR5 (Audio). 

Sonneborn/Gsella/Schmitt:  "Titanic BoyGroup Greatest Hits"
20 Jahre Krawall für Deutschland
Sie bringen zusammen gut 150 Jahre auf die Waage und seit zwanzig Jahren die Bühnen der Republik zum Beben: Thomas Gsella, Oliver Maria Schmitt und Martin Sonneborn sind die TITANIC BoyGroup. In diesem Jubiläumswälzer können Sie die Höhepunkte aus dem Schaffen der umtriebigen Ex-Chefredakteure noch einmal nachlesen. Die schonungslosesten Aktionsberichte, die mitgeschnittensten Terrortelefonate, die nachdenklichsten Gedichte und die intimsten Einblicke in den SMS-Speicher der drei Satire-Zombies – das und mehr auf 333 Seiten (z.T. in Großschrift)!Wenzel Storch: "Die Filme" (gebundene Ausgabe)
Renommierte Filmkritiker beschreiben ihn als "Terry Gilliam auf Speed", als "Buñuel ohne Stützräder": Der Extremfilmer Wenzel Storch macht extrem irre Streifen mit extrem kleinen Budget, die er in extrem kurzer Zeit abdreht – sein letzter Film wurde in nur zwölf Jahren sendefähig. Storchs abendfüllende Blockbuster "Der Glanz dieser Tage", "Sommer der Liebe" und "Die Reise ins Glück" können beim unvorbereiteten Publikum Persönlichkeitstörungen, Kopfschmerz und spontane Erleuchtung hervorrufen. In diesem liebevoll gestalteten Prachtband wird das cineastische Gesamtwerk von "Deutschlands bestem Regisseur" (TITANIC) in unzähligen Interviews, Fotos und Textschnipseln aufbereitet.
Zweijahres-Abo: 117,80 EUR
Titanic unterwegs
01.04.2023 Kleinmachnow, Neue Kammerspiele Max Goldt
02.04.2023 Fürstenfeldbruck, Kunsthaus Greser und Lenz
06.04.2023 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Gerhard Haderer
11.04.2023 Frankfurt am Main, Club Voltaire TITANIC-Auferstehung