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Die Skinny Jeans – Ein Abgesang

Über ein Jahrzehnt war sie von den Beinen nicht wegzudenken – die Skinny Jeans. Die "sehr enge Hose aus Denimstoff" (Duden) stand vielleicht auch für das beklemmende und einengende Lebensgefühl einer ganzen Generation. Vielleicht aber auch nicht. So oder so – nun ist sie verschwunden. Welches Kultbeinkleid tritt an ihre Stelle? Warum ist sie gegangen? Und wird sie vermisst? TITANIC hat O-Töne zum Verschwinden der Skinny Jeans gesammelt.

Ach ja, die Skinny Jeans! Die ganzen Zehner Jahre klebte sie fest am Teenie-Hintern. Da konnte man gar nichts machen, man musste immer drauf schauen. Oft war sie zu kurz und man konnte die Knöchel von den jungen Feierbiestern sehen. Angeblich war das aber Absicht. Häufig hatte sie aber auch eine normale Länge (was einem komisch vorkommt, weil sie ja keine normale Breite hatte, sondern sehr eng waren) oder man sah gar nicht, wie lang sie genau waren, verschwand ihr unteres Ende doch in einem Paar, wie heißen die nochmal … Ugg-Boots! Ugg-Boots sind 2019 zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit erklärt worden. Hätte man zumindest machen sollen. Aber das trauen sich die da oben ja wieder nicht.
Eckbert, 70, Rentner und scharfsinniger Beobachter des Alltags

 

Was wird die Skinny Jeans ersetzen? Das ist eine gute Frage, nach deren Antwort wir Tag und Nacht in unseren Laboren forschen. Unsere vorläufigen Ergebnisse: Einige junge Menschen tragen nun Schlaghosen, auch Latzhosen werden immer häufiger gesehen. Die Gründe sind noch unklar, wir vermuten aber, dass es bedeutet, dass viele mit einer Umschulung zur Handwerkerin und/oder zum 70er-Jahre-Popstar liebäugeln. Und das ist ja eine sehr gute Nachricht, wenn man sich mal den deutschlandweiten Mangel an Azubis anschaut.
Michaela, 35, Modeexpertin (keine geschützte Bezeichnung, wie wir gerade gelernt haben)

 

Nichts spiegelte die Bedürfnisse der Generation G8-Abitur so gut wider wie die Skinny Jeans. Doch nun ist sie von den Schulhöfen und aus den Fußgängerzonen verschwunden. Wohin hat es sie verschlagen? Eine Spurensuche.
Theodor-Otto, 43, Feuilletonist der "Süddeutschen Zeitung", teilt den Rest seiner Gedanken lieber hinter der Paywall

 

Viele Leute (Frauen) können es sich eigentlich nicht leisten, Skinny Jeans zu tragen, weil sie dafür ein bisschen zu füllig sind. Oder zu dünn, das ist ja eigentlich genau so schlimm. Aber wenn man ihnen das freundlich hinterhergerufen, im Internet geschrieben oder auf einen Zettel gekritzelt und in ihren Briefkasten geworfen hat, haben da viele nicht konstruktiv drauf reagiert. Ich wurde schon als "Volldepp" bezeichnet (und noch Schlimmeres!), geblockt und schief angeguckt. Seit einer besonders heftigen Auseinandersetzung fehlen mir beide Schneidezähne. Zum Glück sind diese Zeiten vorbei! Also die der Skinny Jeans, meine Schneidezähne wachsen nicht mehr nach, hat der Arzt gesagt.
Max, 25, Student der Psychologie

 

Wie alles, was junge Frauen mögen, waren Skinny Jeans immer auch ein bisschen doof.
Michaela, 35, hauptberuflich Leiterin eines Marktforschungsinstituts

 

Laura Brinkmann

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Briefe an die Leser

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick