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Geiler geht’s nicht

Alte, Vorerkrankte und Ängstliche haben sich längst gegen Covid-19 impfen lassen. Clevere warten einfach ab: Denn seit kurzem werden Impfmuffel deutschlandweit in die schönsten Locations gelockt, um sich den lebensrettenden Piks setzen zu lassen, ob in Bundesliga-Stadien oder in die Hamburger Elbphilharmonie. Weitere unwiderstehliche Offerten im Überblick.

Tabuzone

Riesenchance für Feministinnen und andere Europäerinnen: Wer immer schon mal hinter die Kulissen des exklusivsten Männerbundes der nördlichen Hemisphäre schauen wollte, kann sich vom 1. bis 30. Oktober in den Hinterzimmern der katholischen Weltmacht impfen lassen – auch in jenen Ecken und Winkeln des Vatikans, in die "Weibspersonen" (Joseph Ratzinger) noch nie rein durften. Die mit Weihrauch und Myrrhe vernebelte Impfstraße führt von Backstage-Bereich des Petersdoms über kuschelige Lounge-Ecken und Exorzistengewölbe geradewegs hinein in den Messweinkeller, ausstaffiert mit einer Minibar und einer neuen Sat-Antenne. Der vatikanische Impfstoff wirkt 100 Prozent gegen Covid-19 und matriarchale Phantasien. Two in One!

Nur fair: Auch für Männer gibt es geheimnisvolle Impf-Locations. 500 nimmersatte Lesben-WGs stehen zur Verfügung!

Impf & Schimpf im "Schwarzwald"

Da kann niemand der knapp 4 Mio. Impfskeptiker der Generation 60 Plus widerstehen: Das gesamte Team der legendären "Schwarzwaldklinik" versammelt sich in diesem Herbst erneut in den Original-Pappmachékulissen am Stadtrand von Darmstadt, um alle treuen Fans zu immunisieren. An der Spritze: keine Pfuschärzte wie Hippokrates, Hendrik Streeck oder Annalena Charité, sondern Kapazitäten ihres Fachs – der untote Professor Dr. Klaus Brinkmann und sein aufmüpfiger Sohnemann Udo, die natürlich mal wieder miteinander im Dauerzank sind. Im Zank, wer von  beiden den netten Impftrödler aus Sachsen bedienen darf, und wer der blutjungen Hessin hinterher als Surplus an die Glocken fassen. Intrigen, Tränen und Amouren inklusive!

Mord im Dunkeln

Hingehen, Piks bekommen und wieder rausgehen – wie langweilig. Kein Wunder, dass da keiner mehr drauf Bock hat. Dabei geht das Ganze auch mit ordentlich Suspense. Starke Aktion des Deutschen Kulturfonds: Namhafte Geisterbahnen (u.a. "Daemonium" und "Schloss Dracula") sowie Darkrooms (u.a. "Daemonium" und "Schloss Dracula") öffnen ab 15. September ihre unbeleuchteten Pforten für den einen, nervenzerreißenden Impf-Dialog im Dunkeln. Uaahahah, da krallt sich in der nachtschwarzen Finsternis plötzlich irgendwas in den Oberarm, fremde Fingernägel dringen ins Fleisch, gefolgt von einer Nadel – Gänsehaut pur! Die Folge: 96 Prozent Immunität gegen Covid-19 und der ein oder anderen Herzinfarkt, aber nur ein kleiner.

Edelmütige Prominenz

Was beim Impfbesuch zählt, ist nicht nur das Wo und das Wie, sondern auch das Wer. Um der schleppenden Impfkampagne einen gehörigen Booster zu verpassen, öffnen begehrte Prominente jetzt ihre Privaträume, um Schaulustige von eigener Hand zu impfen. Im Angebot: das Denkstübl von Richard David Precht, der Wandschrank von Linda Zervakis, der Vorratskeller von Toni Kroos und die Sauna von Uli Wickert (Bahnhofstraße 15, 21134 Hamburg). Sowie, mit fliegenden Impf-Bauchläden, sämtliche 101 von Arbeitslosigkeit bedrohte Horst-Seehofer-Doubles, die mit witzigen Sprachpatzern, zuckenden Augenlidern und köstlichen Bonmots ("69 Abschiebungen zum 69. Geburtstag!") unterhalten. Nena und Günter Jauch standen auf Anfrage nicht zur Verfügung.

Auch die Privatgemächer von Dietmar Bartsch stehen zur Verfügung.

Bernsteinzimmer

Es heißt, im Jahre 1944, kurz vor Ankunft der der Roten Armee, sei der Königsberger Prunkraum ausgelagert worden und seither verschollen. Pustekuchen! Impfwillige treffen sich jeden Sonntag um Mitternacht an der polnisch-ostpreußischen Grenze (Eingang 3). Dort bekommen sie die Augen verbunden, ehe ein versierter Führer, Barockbaumeister Andreas Schlüter (1634 – heute), die Gruppe von bis zu 10 Pers. in die sagenumwobenen Originalräume geleitet, dessen Ort noch eine Weile geheim bleiben soll. Achtung, begrenzte Plätze! Rasch anmelden unter wiedergefunden@bernstein.ru

Ferner ….

Auch für impfunwillige Kids und Teens existiert das ein oder andere verlockende Angebot, um mehr Überzwölfjährige zu impfen. Für kleine Forscher und Naturkunde-Nerds gibt’s etwa ein mobiles Impfzentrum im Innereren eines Dinosaurierskeletts. Und wen das nicht mehr schockt, darf für selbige Sache einfach in die umliegenden Saufkneipen. Fun total! Auch für die zahllosen impfkritischen Waldorf-Familien ist natürlich gesorgt: Neben dem Brandenburger Tor gibt es jetzt ein Impfzentrum in Gestalt eines riesigen, roten Globulis im Maßstab 1500:1.

 

Ella Carina Werner

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 An Deiner Nützlichkeit für unsere Knie, Gartenkniebank AZBestpro,

wollen wir gar nicht zweifeln, an Deiner Unbedenklichkeit für unsere Lungen allerdings schon eher.

Bleibt bei dieser Pointe fast die Luft weg: Titanic

 Hello, Herzogin Kate!

Hello, Herzogin Kate!

Ihr erster öffentlicher Auftritt seit Bekanntmachung Ihrer Krebserkrankung wurde von der Yellow Press mit geistreichen Überschriften wie »It’s just Kate to see you again« oder »Kate to have you back« bedacht.

Und bei solchen Wortspielen darf unsereins natürlich nicht fehlen! Was halten Sie von »Das Kate uns am Arsch vorbei«, »Danach Kate kein Hahn« oder »Das interessiert uns einen feuchten Katericht«?

Wie immer genervt vom royalen Kateöse: Titanic

 Grüß Gott, Markus Söder!

Weil der bayerische AfD-Chef Sie wiederholt »Södolf« genannt hat und Sie ihn daraufhin anzeigten, muss dieser Ihnen nun 12 000 Euro wegen Beleidigung zahlen. Genau genommen muss er den Betrag an den Freistaat Bayern überweisen, was aber wiederum Ihnen zugutekommt. Ebenjener zahlt Ihnen ja die Honorare für freie Fotograf/innen, von denen Sie sich bei öffentlichen Anlässen gern begleiten und ablichten lassen. Im Jahr 2022 sollen sich die Kosten auf stolze 180 000 Euro belaufen haben.

Vorschlag: Wenn es Ihnen gelingt, die Prasserei für Ihr Image komplett durch Klagen gegen AfD-Mitglieder querzufinanzieren, stoßen wir uns weniger an Ihrem lockeren Umgang mit öffentlichen Geldern.

Drückt vorauseilend schon mal beide Augen zu: Titanic

 Wenn, Sepp Müller (CDU),

Bundeskanzler Olaf Scholz, wie Sie ihm vorwerfen, in einem »Paralleluniversum« lebt – wer hat dann seinen Platz in den Bundestagsdebatten, den Haushaltsstreitgesprächen der Ampelkoalition, beim ZDF-Sommerinterview usw. eingenommen?

Fragt die Fringe-Division der Titanic

 Oha, »Siegessäule«!

Als queeres und »Berlins meistgelesenes Stadtmagazin« interviewtest Du anlässlich der Ausstellung »Sex. Jüdische Positionen« im Jüdischen Museum Berlin die Museumsleiterin und die Kuratorin und behelligtest die beiden unter anderem mit dieser Frage: »Linke, queere Aktivist*innen werfen dem Staat Israel vor, eine liberale Haltung gegenüber Homosexualität zu benutzen, um arabische und muslimische Menschen zu dämonisieren. Diese Aktivist*innen würden Ihnen wahrscheinlich Pinkwashing mit der Ausstellung unterstellen.«

Nun ist das Jüdische Museum Berlin weder eine Außenstelle des Staates Israel, noch muss man als Journalist/in irgendwelchen »Aktivist*innen« ihre antisemitischen Klischees, dass letztlich doch alle Jüdinnen und Juden dieser Welt unter einer Decke stecken, im Interview nachbeten. So können wir uns aber schon mal Deine nächsten Interviewfragen ausmalen: »Frau Pastorin Müller, Sie bieten einen Gottesdienst zum Christopher Street Day an. Betreiben Sie damit Pinkwashing für den Vatikanstaat?« oder »Hallo Jungs, ihr engagiert euch in einem schwulen Verein für American Football. Betreibt ihr damit nicht Pinkwashing für Donald Trump?«

Wird diese Artikel allerdings nicht mehr lesen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Unübliche Gentrifizierung

Zu Beginn war ich sehr irritiert, als mich der Vermieter kurz vor meinem Auszug aufforderte, die Bohr- und Dübellöcher in den Wänden auf keinen Fall zu füllen bzw. zu schließen. Erst recht, als er mich zusätzlich darum bat, weitere Löcher zu bohren. Spätestens, als ein paar Tage darauf Handwerkerinnen begannen, kiloweise Holzschnitzel und Tannenzapfen auf meinen Böden zu verteilen, wurde mir jedoch klar: Aus meiner Wohnung wird ein Insektenhotel!

Ronnie Zumbühl

 Reifeprozess

Musste feststellen, dass ich zum einen langsam vergesslich werde und mir zum anderen Gedanken über die Endlichkeit allen Lebens mache. Vor meiner Abreise in den Urlaub vergaß ich zum Beispiel, dass noch Bananen in meiner Obstschale liegen, und dann dachte ich zwei Wochen darüber nach, wie lange es wohl dauert, bis die Nachbarn wegen des Geruchs und der Fliegen aus meiner Wohnung die Kripo alarmieren.

Loreen Bauer

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

 Guesslighting

Um meine Seelenruhe ist es schlecht bestellt, seit mich ein erschütternder Bericht darüber informierte, dass in Hessen bei Kontrollen 70 Prozent der Gastronomiebetriebe widerlichste Hygienemängel aufweisen (s. Leo Riegel in TITANIC 07/2022). Neben allerhand Schimmel, Schleim und Schmodder herrscht allüberall ein ernsthaftes Schadnagerproblem, die Küchen sind mit Mäusekot nicht nur kontaminiert, sondern praktisch flächendeckend ausgekleidet. Vor lauter Ekel hab ich sofort Herpes bekommen. Nun gehe ich vorhin in meine Küche, und auf der Arbeitsplatte liegen grob geschätzt 30 kleine schwarze Kügelchen. Ich bin sofort komplett ausgerastet! Zehn hysterische Minuten hat es gedauert, bis mir klar wurde, dass der vermeintliche Kot die Samen eines dekorativen Zierlauchs waren, der einen Blumenstrauß krönte, den eine liebe Freundin mir geschenkt hat. Ich hätte ihn einfach nicht noch einmal anschneiden sollen … Hysterie off, Scham on.

Martina Werner

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster