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So tickt die Generation Merkel

Sie sind jung, sie sind engagiert, sie hatten gerade Zeit für ein Interview. Eines eint sie: Ihr ganzes Leben lang haben sie nur Angela Merkel bewusst als Kanzlerin erlebt. Wie sehen sie die Welt, was bedeutet die Noch-Kanzlerin für sie und was sind ihre Träume, Hoffnungen und Ängste?

Lena, 15

"Ich bin Lena. Meine Vision? Mhm, ich befinde mich momentan in einer Phase, in der ich grün sehe. – Können Sie mir mal eben helfen, das Ding hier abzumachen? Ah, danke. Jetzt geht’s. – Also, noch mal. Ich bin Lena. Und wenn ich an die Zukunft denke, da wird mir schon manchmal angst und bange, klar. Deswegen sage ich auch allen, sie sollen vernünftig wählen. Nämlich FDP. Ich habe echt keinen Bock, später in meiner Eigentumswohnung zu sitzen und mit meinem hart ererbten Geld die Lastenräder irgendwelcher Hippies querzufinanzieren. Und nie und nimmer fahr ich so ein Teil. Können wir jetzt aus diesem scheiß Maisfeld raus? Ist ja eklig."

Victor, 16

"Politik ist schon wichtig und im Prinzip gar nicht so viel anders als wie Sport. Nur, dass man meistens rumsitzt. Angela Merkel ist mir ein Vorbild. Vier Runden im Bundestag gedreht, das ist absolut killer. Mehr wäre auch illegal gewesen, sagt mein Geschi-Lehrer, da finde ich es nur ok, dass sie abtritt. Fair Play ist meine Devise."

Isabelle, 17

"Politik ist ja kein Wunschkonzert, ich weiß, aber wenn ich mir ausmalen könnte, wie die Welt von morgen aussieht, dann würde ich sagen: friedlich, tolerant und gerecht. Es wird Zeit, dass Köpfe rollen!"

Cem, 14

"Outfittechnisch geht Merkel gar nicht klar, brauchen wir nicht drüber reden. Pastell, wie sie es bevorzugt für ihre Anzüge wählt, läuft höchstens noch als Highlight. Im Pony oder so. Beißt sich aber meist mit den Standard-Insta-Filtern. Ist für Boomer eben Neuland, aber wer bin ich, hier über Äußerlichkeiten eines Menschen zu urteilen wie so ein Hundesohn. Angela Merkel hatte eine Amtszeit, durch die sie den Vergleich mit Kohl, Brandt oder den andern Dudes von früher null scheuen muss. Ich meine: Globalisierung, Digitalisierung, dann voll rein in den Klimawandel, während im Hintergrund eine weltweite Pandemie sich breit macht und die Grundfesten unserer liberalen Demokratie auf den Prüfstand stellt. Hab' zwar nur die Hälfte davon mitbekommen, aber das war schon echt krass. #wearemerkel"

Yung Lush, 19

"Mein Name ist Armi–, ich meine Arnim Schattel, aber meine Bros nennen mich nur Yung Lush. Mit Politik hab nichts am Hut, echt nada, dafür rappe ich. Über mein Leben, und darüber, wie ich aufgewachsen bin. Dank der CDU unter Führung einer weisen wie wegweisenden Angela Merkel. In einem Land voll Wohlstand und Chancengerechtigkeit, wenn man sich nur ein bisschen anstrengt und nicht gerade ein armer Loser ist, yo. Weil ich möchte, dass es so bleibt, appelliere ich an dieser Stelle an die Jungwähler: Wählt schwarz, alles andere führt straight nach Moskau oder in die grüne Diktatur, Fellas. Pace!"


Fabian Lichter

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Vermeintlich smooth, Vichy,

bewirbst Du Deine Feuchtigkeitscreme mit dem Slogan »I got 100 problems, but dry skin ain’t one«. Dass Du »99 problems«, wie im Originalsong von Jay-Z, vermutlich nicht sagen durftest: geschenkt. Wir fragen uns allerdings: Wenn man inklusive trockener Haut 101 Probleme hat, sollte man dann wirklich an dieser Stelle ansetzen?

Grübelt spröde

Deine Titanic

 Also wirklich, Metallica-Bassist Robert Trujillo!

Im Rahmen Ihres 20. Ehejubiläums wandten Sie sich in einem Instagram-Post an Ihre Ehefrau Chloe und bedankten sich bei ihr für »Motivation, Kreativität und eine superstarke Arbeitsmoral«. Das erscheint uns jetzt aber doch ein wenig unromantisch, ja geradezu bürokratisch.

Fällt Ihnen denn gar nichts anderes zum 20jährigen ein? Wir sind uns sicher, Ihre Frau hätte sich bestimmt gefreut, wenn Sie ihr mehr Urlaubstage, eine Dienstreise oder wenigstens eine Begrünung der Arbeitsfläche angeboten hätten!

Nur einige Ideen von

Ihrer Beziehungsratgeberin von Titanic

 So sieht’s aus, Kai Wegner (CDU)!

Über ein Jahr schon arbeiten Sie als Berlins Regierender Bürgermeister daran, in der deutschen Hauptstadt für Zucht und Ordnung zu sorgen. Längst könnten Magnetschwebebahnen und Flugtaxis über die eingezäunten (oder wie Ihre Verwaltung sie nennt: befriedeten) Parkanlagen der Metropole hinweggleiten – würden sich nicht irgendwelche grünen Bezirksbürgermeister/innen und Initiativen dem Fortschritt in den Weg stellten.

Jetzt weihen Sie den RBB in die Machtfantasien ein, die Sie in schwachen Momenten überkommen: »Ich würde mir manchmal wünschen, ich sage heute: ›Morgen passiert das.‹« Aber: »Aber: Dass wir demokratische Strukturen, Prozesse haben, wo einer nicht allein alles sofort entscheiden kann, ist, glaube ich, schon ganz gut.«

So und nicht anders, Wegner, klingt ein flammendes Plädoyer für die Demokratie aus dem Munde eines leidenschaftlichen Demokraten. Glauben wir. Vielleicht.

Ganz gute Grüße von Titanic

 Good Lord, Russell Brand!

Good Lord, Russell Brand!

Nach Ausflügen in den Buddhismus, in die Transzendentale Meditation und ins Schwurbelmilieu machen Sie seit einer Weile einen auf Christ. Auf Ihrem Youtube-Kanal zeigen Sie sich mit Kreuz und Bibel, beten den Rosenkranz und salbadern über Ihre neuesten spirituellen Epiphanien. Jetzt haben Sie sich sogar in der Themse taufen lassen!

»Sterben und wiedergeboren werden … eine Gelegenheit, die Vergangenheit hinter sich zu lassen«, das erhofften Sie sich von dem Akt laut einer Videobotschaft auf X. Falls Sie mit »the past« auf die gegen Sie erhobenen Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs anspielen, dann haben wir schlechte Nachrichten für Sie: Um sich von derartigen Assoziationen zu lösen, ist die christliche Kirche ein denkbar schlechter Verein.

Mit allen Wassern gewaschen: Titanic

 Nanu, John Malkovich!

Da kamen Sie tatsächlich in die Hansestadt Bremen geflogen – und warum? Um den Filmpreis »Goldener Mops« entgegenzunehmen.

Haben wir da etwas nicht mitbekommen und der ist neuerdings ähnlich bedeutend wie die Ehrungen in Cannes und Venedig zusammen? Oder warum reist ein Hollywoodstar an die Weser, um dem Oberbürgermeister die Hand zu schütteln, eine Hundetrophäe in die Luft zu recken und am Ende der Gala ein Werder-Bremen-Trikot überreicht zu bekommen? Seltsam!

Doch Ihr alter Weggefährte Volker Schlöndorff lieferte in seiner Laudatio zum Glück eine allumfassende Erklärung: »Der Mops ist genau das Tier, was zu Malkovich passt. Wir haben oft Ferien zusammen gemacht im Haus einer Freundin in der Toskana, die hat vier oder fünf Möpse, die immer wieder über den John rüber krabbelten und ihn vollpinkelten.«

Dann ist das Rätsel ja gelöst, Malkovich, und der ganze Hergang kein bisschen merkwürdig!

Gratuliert Ihnen mopsfidel: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bräunungstagebuch 2017

Normalerweise kennt meine Haut nur drei Farbtöne: Glasnudel, Aschenbecher und Hummer. Zu meinem 37. wollte ich mal was Verrücktes machen und kaufte mir eine Flasche Bräunungscreme. Weil ich diese grandiose Idee im wärmsten August seit Beginn des Klimawandels hatte, kam ich von der Creme bald übel ins Schwitzen. Da saß ich nun auf der Couch, mit macchiatobraunem Leib und leuchtend gelbem Bart, triefend und hechelnd mit offenem Hemd, wie der sehr späte Jürgen Drews. Mein Verlangen nach Abenteuer war danach jedenfalls gestillt.

Dominik Wachsmann

 Frage an die bovine Orthopädie

Haben Buckelrinder überhaupt eine Chance, je die Haltungsform »Premium« zu erreichen?

Torsten Gaitzsch

 Alte Grabräuber-Weisheit

Das letzte Hemd hat keine Taschen und man kann ins Grab nichts mitnehmen. Was man aber sehr wohl kann: aus dem richtigen Grab viel herausholen.

Jürgen Miedl

 Ehe-Aus

Die hohe Scheidungsrate zeigt doch, dass so gut wie jeder Mensch hassenswert ist, wenn man ihn nur lange und gut genug kennt.

Dorthe Landschulz

 Neuer Schüttelreim

Soeben in fünf Minuten erzwungener Wartezeit vor dem Limette-Minze-Mandarine-Aufguss die ausführliche Saunaordnung meines Stadtteilschwimmbades an der Wand studiert. In dem peniblen Regelwerk unter anderem erfahren, dass in den Räumlichkeiten neben Wäschewaschen und anzüglichen Bemerkungen auch Kratzen und »Schweißschaben« verboten sind, was immer das sein mag. Sofort Gedichtidee gehabt: »Wer denkt sich ein Wort aus wie Schweißschaben? / Das waren bestimmt diese« – na, ihr könnt es euch ja denken.

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.06.2024 Düsseldorf, Goethe-Museum Hans Traxler: »Traxler zeichnet Goethe«
21.06.2024 Husum, Speicher Max Goldt
23.06.2024 Kiel, Schauspielhaus Max Goldt
18.08.2024 Aschaffenburg, Kunsthalle Jesuitenkirche Greser & Lenz: »Homo sapiens raus!«