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Verhungernde Lokaljournalisten und Schweigen zur besten Sendezeit – Der Hackerangriff auf die Funke-Mediengruppe

Die Funke-Mediengruppe (bekannt aus Rundfunke und Fernsehen) ist Ziel eines Hackerangriffs geworden, deswegen erscheinen ihre Titel momentan in reduziertem Umfang. TITANIC hat alle (126936034) Produkte der Gruppe gesichtet, um den Lesern die wichtigsten Änderungen präsentieren zu können.

Für Das Goldene Blatt – die Bravo für die Frau ab 60 – ist die Reduzierung eine Erleichterung, wie die Pressesprecherin des Heftes erzählt: "Ich soll von den Redakteuren ein großes Dankeschön an die Hacker ausrichten! Es entlastet sie ungemein, sich weniger Artikel ausdenken zu müssen. Deswegen sind sie mittlerweile sogar froh, dass das Passwort zum Redaktionssystem 'Krieg den Palästen!123' geknackt wurde." Die Ausdünnung des Magazins hat aber auch negative Konsequenzen: Die Geburtenraten des europäischen Adels sinken drastisch. Der Grund: Die Barone und Ladys sind nicht mehr so unter Druck, sich fortzupflanzen, wenn die deutsche Zeitschrift nicht jede Woche erlogene Schwangerschaften verkündet. Um die neu gewonnene Freizeit angemessen zu nutzen, trifft sich das Blaue Blut nun regelmäßig zu den schönsten Orgien. Der Nachwuchs wurde im Waisenhaus abgegeben, das bekommt ja gerade eh niemand mit.

Auch die Radiosender der Mediengruppe sind von dem Hackerangriff betroffen und müssen nun 80% ihrer Sendezeit Musik ausstrahlen. Vor der Attacke lag diese Zahl bei 95%. Da die Hacker jedoch große Teile der Musikdatenbanken verschlüsselt haben, konnte Ed Sheerans "Shape Of You" seit Stunden nicht mehr gespielt werden. Das Ergebnis: Peinliches Schweigen zur besten Sendezeit, hektisch gefolgt von diesem anderen Ed-Sheeran-Song.

Die Regionalzeitungen trifft die Einschränkung hart. Letzte Woche konnte ein Bericht über die erste Quartalssitzung der Industrie- und Handelskammer wegen Platzmangel nicht gedruckt werden, worauf die Berichterstattung zu lokalen Pressekonferenzen vorläufig eingestellt wurde. Mit drastischen Folgen: Tausende Lokalreporter klagen über Unterernährung, da die Verpflegung mit Schnittchen fehlt. Sie jammern allerdings nur leise, um die Kollegen nicht zu wecken, die durch den Wegfall von Gratiskaffee in komatöse Zustände gefallen sind. Die Redaktionen überlegen fieberhaft, ob diese Entwicklung bedeutet, dass sie ihren Journalisten nun Gehälter auszahlen müssen.

Für die Hörzu war es keine Herausforderung, ihren Umfang zu verringern: "Wir haben einfach das Fernsehprogramm der Dritten komplett gestrichen, das sind eh unnötig viele", verrät Redaktionspraktikant Tobi. Und bis jetzt ist es auch niemandem aufgefallen. Wegen dieses Erfolgserlebnisses spielt die Redaktion mit dem Gedanken, die Verleihung der Goldenen Kamera einfach mal ausfallen zu lassen, und zu gucken, wer es merkt. Mit etwas Glück werden so Beträge in Milliardenhöhe gespart, die genutzt werden können, um in den Regionalzeitungen Kaffeemaschinen aufzustellen. 

Wegen der offensichtlichen Vorteile (Ressourcen- und Zeitersparnis, weniger Rückenprobleme für die Postboten) überlegen nun auch andere Medienhäuser, den Umfang ihrer Ausgaben zu reduzieren. So überlegt Bild beispielsweise, einfach jeden Tag fünf unzensierte Unfallfotos Minderjähriger an alle deutschen Haushalte zu schicken. Langfristig wird allerdings auch diese Entwicklung den Tod der Printbranche nicht aufhalten können. Und das ist doch auch schon was wert.

 

Laura Brinkmann

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt