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20 Jahre Wikipedia – Wie der Brockhaus, nur online!

Wikipedia (bekannt aus dem Lehrersatz "Wikipedia ist keine Quelle fürs Referat, Sportsfreund!") wird 20! Damit ist man in manchen Ländern schon lange volljährig, in anderen noch gar nicht. Das ist nur ein Beispiel für die vielen verrückten Fakten, die man auf der Webseite nachlesen kann. Zum Geburtstag wirft TITANIC einen Blick in die Geschichte des Nachschlagewerkes.

Die Erde, irgendwann in den 50ern: Das Internet, zukünftige Heimat von Morddrohungen und Katzenvideos, wird erfunden. Kaum ein Download später geht 2001 die Wikipedia an den Start. Von nun an kann man hier nachschlagen, was ein Download ist, und dass das Internet natürlich nicht in den 50ern erfunden wurde. Wikipedialeser wissen mehr.

Das neue Projekt sticht heraus: Im Gegensatz zu allen anderen Seiten im Internet entsteht Wikipedia nicht, um Bilder nackter Frauen zu zeigen oder zu bewerten, sondern um die sogenannte Schwarmintelligenz zu nutzen. Das Prinzip: Jemand, der Ahnung hat, schreibt etwas, das von anderen überprüft, umgeschrieben und dann veröffentlicht wird. An der Uni bekommt man für sowas einen Doktortitel, im Internet einen Spendenaufruf.  

Im Laufe der Nuller Jahre (in Binärcode 0001100011100er Jahre) gewann Wikipedia immer mehr an Bedeutung. Schon im Jahre 2003 stießen die ersten Menschen zufällig auf die Webseite und gaben Suchbegriffe ein, darunter allgemeine wie "Proteinbiosynthese", "Hitler" und "Britney Spears Füße", aber auch absurdere, die die enorme Bandbreite des bereits Dutzende Artikel umfassenden Nachschlagewerks zeigten: "Brandenburgische Geschichte 1817–1823", "Byzantinische Papierschöpftechniken" und "Entnazifizierung Deutschland".

Nach der Finanzkrise 2008 stiegen die Nutzerzahlen der Wikipedia stark an, da viele Menschen sich wegen plötzlicher Obdachlosigkeit von ihren alten Enzyklopädien trennen mussten. Weil sie auch viel mehr Freizeit hatten, schrieben immer mehr Leute ehrenamtlich Artikel. Nun entstanden Klassiker wie "Elton Johns Brillensammlung", "Filme mit starker weiblicher Hauptfigur" und "Filme mit starker weiblicher Hauptfigur mit großen Brüsten". 

Große Aufregung um das Projekt gab es 2015: Ein Digital Native, der versuchte, herauszufinden, was der Brockhaus ist, wurde von einem sich plötzlich entrollenden Spendenbanner erschlagen. Trotz dieses Rückschlags hält Wikipedia weiter an ihrem großen Plan fest: Nicht kommerziell sein und trotzdem irgendwie finanziert werden. Der Fall blieb zum Glück nur eine kleine Fußnote im Quellenverzeichnis der Geschichte.

Und heute? Heute umfasst Wikipedia so viele Einträge, dass man sogar nachschlagen kann, ob "Und heute?" als Einleitung eines Absatzes langweilig ist (Antwort der Webseite: "ja", keine Einträge im Diskussionsforum). Doch auch Wikipedia muss mit der Zeit gehen. Und überlegt, in Zukunft unterschiedliche Seiten anzubieten, auf denen Nutzer je nach politischer Einstellung in ihr Weltbild passende Fakten geliefert bekommen. Vielleicht ist das aber auch nur eine Idee im Kopf eines Kabarettisten, der seine nächste Bühnennummer plant. Wir werden es wohl nie erfahren. Außer es steht bald auf Wikipedia.

Laura Brinkmann

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg