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Interview mit einem Eishai

Unter allen Wirbeltieren erreicht der Eis- oder Grönlandhai mit bis zu 500 Jahren das höchste Alter. Noch ist wenig über diese höchst eigentümlichen Fische bekannt, außer dass sie extrem alt werden können. Erst mit stolzen 150 Lenzen werden sie überhaupt geschlechtsreif – die meisten Menschen haben ihren letzten Sex da längst hinter sich. Was bewegt diese im Schneckentempo durch arktische Gewässer streifenden Räuber noch, außer ihrer Schwanzflosse? TITANIC traf einen knapp 400jährigen Eishai zum Interview.


TITANIC: Hi, Eishai!

Eishai: Eisiges Hi auch Ihnen!

TITANIC: Sie sind ja nun schon im fortgeschrittenen Seniorenalter, wie erleben Sie die Umbrüche unserer Zeit?

Eishai: Zunächst einmal: Ich bevorzuge die Bezeichnung „Ice-Ager“, noch bin ich nicht vom uralten Eishaieisen ...

TITANIC: Nicht?

Eishai: Der Freund eines Bekannten von mir ist über 1000 Jahre alt geworden, das sind mehr als 7000 Seehundjahre.

TITANIC: Erstaunlich!

Eishai: Ach, das war keine Kunst, der hat gelebt wie ein Eisket. Nicht getrunken, nicht geraucht, tägliche Bewegung im Freien und immer nur Fisch, Fisch, Fisch gefressen. Außerdem ist Zeit relativ, das hat neulich sogar Albert Eishai ausgerechnet. Wissen Sie, im Laufe der Jahrhunderte entwickelt man eine gewisse Gleichgültigkeit hinsichtlich der Geschehnisse und Entwicklungen. Ich betrachte mich da im besten Sinne als konservativ.

TITANIC: Dann ist Friedrich Merz Ihr Favorit für den CDU-Vorsitz?

Eishai: So konservativ bin ich dann auch wieder nicht, immerhin wurde ich in der Frühen Neuzeit sozialisiert!

TITANIC: Themen wie Geschlechtergerechtigkeit oder Umweltschutz liegen Ihnen am Eishaiherzen?

Eishai: Kein bisschen, aber im Unterschied zu Herrn Merz halte ich die Gleichberechtigung aller Geschlechter für ein spannendes Experiment, das ich zu meinen Lebzeiten gerne noch verwirklicht sähe. Also in den nächsten zehn bis zwanzig Dekaden.

TITANIC: Bedeutet der Klimawandel denn keine Bedrohung für Sie?

Eishai: Mein Leben war lang und eisig. Unendliche Jahre habe ich mich durch die trüben Fluten des Atlantiks gewälzt, immer auf der Suche nach Fisch, Robbenfleisch oder einem über Bord gegangenen Seemann. Etwas Behaglichkeit käme mir auf meine alten Tage gerade recht.

TITANIC: Ist das nicht etwas kurzsichtig gedacht?

Eishai: Auf meinen Augen haben Ruderfußkrebse ihr Lager aufgeschlagen, wissen Sie eigentlich, wie schmerzhaft ...

TITANIC: Verzeihung ...

Eishai: Außerdem bin ich immer noch ein Hai, mein Gehirn ist ungefähr so groß wie eine Walnuss.

TITANIC: Also würden Sie Armin Laschet als Parteichef der CDU bevorzugen?

Eishai: Ich habe zwar ein kleines Gehirn, aber ich habe eines.

TITANIC: Dann bekommt Norbert Röttgen Ihre Stimme?

Eishai: Herr Röttgen scheint mir ein gewitzter Kerl zu sein, frisch und voller guter Ideen. Jedenfalls verglichen mit einem Stück Hákarl, dieser auch als „Gammelhai“ bekannten isländischen Spezialität aus verröttgetem, Pardon, verrottetem Eishai. Leider nimmt die CDU bislang keine andere Spezies als Schweine in ihre Partei auf, die Abstimmung wird ohne mich stattfinden müssen. 

TITANIC: Woher wissen Sie überhaupt derartig viel über deutsche Politik?

Eishai: Ich lese viel im Internet, schaue Nachrichten, höre Podcasts. Mein Seitenlinienorgan erlaubt mir, Funkwellen noch in einer Verdünnung von eins zu einer Milliarde aus mehreren hundert Kilometern Entfernung zu empfangen. Oder was glauben Sie, wie wir uns hier gerade unterhalten?

TITANIC: Äh, ja.

Eishai: Inzwischen kommt ja fast nur noch Hip-Hop im Fernsehen, da bin ich von früher weiß Gott Besseres gewohnt. Ludwig der XIV. hat damals ein Programm gemacht, dass einem Hören und Sehen verging! Deswegen bin ich heute weitgehend blind.

TITANIC: Liegt das nicht eher an Ihrem Augenkrebs?

Eishai: Erinnern Sie mich nicht daran! Den habe ich bekommen, als ich das erste Mal Eishai Newton gegenüberstand. Beim Anblick dieser Visage hätten Sie sich auch was in die Augäpfel geschoben, soviel kann ich Ihnen versichern!

TITANIC: Etwas oberflächlich, finden Sie nicht?

Eishai: Ich kann es mir leisten, üblicherweise bewege ich mich in Tiefen, wo die Sonne nicht scheint. Wie Robert Habeck übrigens.

TITANIC: Letzte Frage: Was halten Sie von den Anti-Corona-Maßnahmen der Regierung?

Eishai: Überhaupt nichts! Ich glaube nicht daran, dass irgendetwas existiert, das ich nicht sehen kann, also auch keine Viren oder sonst irgend etwas.

TITANIC: Eine Maske sollte man doch aber tragen, wenigstens unter dem Kinn ...

Eishai: Ok, Boomer!

Valentin Witt

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg