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Wir haben zu viele Buchstaben!" – Ein Kommentar von Heike Göbel

Unser Alphabet hat sechsundzwanzig Buchstaben. Es wird Zeit, dass wir sie auf den Prüfstand des freien Wettbewerbs stellen und, wenn nötig, ideologiefrei liquidieren. Moment, ich denke kurz nach – ja, es ist nötig. Jahrhundertelang mitgeschleifte Buchstaben wie Q, X und Y spielen keine Rolle auf dem Markt. Jeder, der googeln kann, wird das leicht herausfinden: Zusammen werden sie nicht einmal in einem Zehntelprozent aller Fälle genutzt, während es ein durchschnittlicher Buchstabe in Deutschland auf immerhin 3,7 Prozent bringt.
Nur zehn Buchstaben liegen darüber, sechzehn sind Underperformer. In anderen Ländern hätte man daraus längst Konsequenzen gezogen. Im Norden von Bougainville beispielsweise, einer Insel, die bei Neuguinea liegt, kommen die Menschen mit zwölf Buchstaben aus. Trotzdem kaufen sie ein und haben oft gutes Wetter (die Insel gehört zu den Salomonen, und da steckt immerhin Salomon drin, also Ludwig Erhard). Anders gesagt: Man braucht ja auch nicht alle 32 Zähne, um kauen zu können.
Die meisten Verbraucher in Deutschland entscheiden sich für ein E, ein N, ein I, ein S, R, A, T, D, H oder U. Wenn wir an der Spitze der Entwicklung stehen wollen, müssen wir unser Alphabet verschlanken, uns auf Schlüsselbuchstaben beschränken und sie von der Unternehmens- wie der Erbschaftssteuer befreien. Nur dann werden sie per Trickle-Down-Effekt in den kostspieligen Werkverträgen derjenigen landen, die sich nicht anstrengen. Übermorgen sollte es so weit sein, andernfalls melden Sie sich bitte nicht.
Die drei Umlaute und das ß müssen wir ebenso ersatzlos streichen wie die Armada von Satzzeichen, deren Verwendung auch meinen Kollegen bei der FAZ nicht immer unfallfrei gelingt. Punkt. Sollten die Gewinne sinken, müssen wir mit den Anfangs- und Endbuchstaben eines Wortes auskommen. Ich habe es selber ausprobiert, für den Einkaufszettel reicht es.
Wenn Sie diese Ratschläge nicht von mir wollen, wenden Sie sich bitte an den BDI oder das Ifo-Institut. Es sind gute Ratschläge. Wenn Sie sie nicht befolgen, dürfen Sie bald nicht mehr Auto fahren.
Das verspricht Ihnen
HEI E E
Gunnar Homann