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"Die Testergebnisse kommen morgen, ich bin ein positiver Mensch…" – Reiserückkehrer berichten

Was sind eigentlich Reiserückkehrer, wie denken und fühlen sie? TITANIC lässt sie zu Wort kommen

"Wenn jemand eine Reise tut, so kann er sich unterwegs mit SARS-CoV-2 infizieren und muss deshalb bei der Rückkehr auf das Virus getestet werden und gegebenenfalls in Quarantäne. Der berühmte Satz des leider Gottes bereits 1815 an Schnupfen verstorbenen Dichters Matthias Claudius-Therme ist in aller Munde, allein: Niemand spricht ihn aus, wegen der Aerosole. Aber die Gedanken sind frei, auch unter Merkel. Ich fliege morgen von München nach Ingolstadt. Ein Inlandsflug, gewiss. Aber ich habe Zugangst, verfüge über ein laminiertes Attest. Die Maske trage ich mit Gleichmut und Zivilcourage, melde entsprechende Verstöße konsequent der zuständigen Behörde. Ich habe eine mit Ventil, so schütze ich nur mich selbst, nicht aber meine Umwelt. Würden alle so vorgehen, wäre niemand in Gefahr. Ich reise gerne und oft in fremde Kulturen und kehre stets ebenso gerne wieder zurück, bin als Reiserückkehrer sozusagen ein Wiederholungstäter, hier das zugehörige Augenzwinkern. Der Maghreb hat viel zu bieten, aber daheim in Pullach sind die Straßen gekehrt. Hier stimmt die Infrastruktur, ein geiles Gefühl. Die Mentalität ist auch vorhanden, die hast du im Mezzogiorno nicht unter jedem Olivenbaum. Wie Kimmich 90 Minuten marschiert, ist Weltklasse. Die Testergebnisse kommen morgen, ich bin ein positiver Mensch, der negative Ergebnisse erwartet, ein Paradox mit Augenzwinkern, nicht wahr?"
Florian Feisthuber aus Pullach im Isartal

"Ich komme zurück von einer langen Reise. Mein Weg ist noch nicht zu Ende, aber manchmal ist es einfach Zeit, innezuhalten und wahrzunehmen, wie die Erde zu uns spricht. Ich lausche ihrem Herzschlag, rieche ihren angenehm fauligen Atem. Die Natur ist der Kreislauf allen Lebens. Ich hatte auf der Reise manchmal Kreislaufbeschwerden, bin dann geradeaus meinen Weg weitergegangen und es wurde besser. Ich war nicht allein auf meiner Reise, war mit meiner Seele verbunden, das war ein großes Geschenk. Ich bekam es am Tag vor Reiseantritt zum Geburtstag, da lag es unterm Weihnachtsbaum, ich habe ja am Tag der heiligen Wintersonnenwende das gleißend helle Licht der Welt erblickt. Es war ein langer Weg des Lernens und des Loslassens und der Entsagung und des Trauerns und der Liebe und der Erfüllung und der überwundenen Ängste und der spannenden Begegnungen und der teuren Tarife. Am Ende hat es mich 2,5 Millionen Sterntaler gekostet, aber so ein spiritueller Meister muss ja auch seine Miete zahlen und den Zweitwagen und das College für die Kinder. Jetzt bin ich wieder auf einer Reise, und zwar von Terminal A zu Terminal Y im Frankfurter Flughafen. Dort sollen alle Rückkehrer auf das Virus getestet werden. Ich selbst brauche eigentlich keinen Test, bin ja durch den Anti-Corona-Tee von Götz Werner ausreichend immunisiert. Aber so ein Rachenabstrich ist ja ein Stück weit auch eine Achtsamkeitsübung, das empfinde ich als unheimlich spannend. Und der Staat bezahlt's. Danke, Merkel, du heilige Devi, du bist wie Durga!"
Adelheid Lakshmidt aus Kronberg im Taunus

"Ich habe den Doppelmord nicht begangen. Heute ist der schönste Tag meines Lebens, ich bin so froh und dankbar. Corona, was soll das sein? Was will man mir hier wieder in die Schuhe schieben? Bitte geben Sie mir etwas Ruhe, um hier anzukommen. Ich will jetzt erstmal Urlaub machen, durch's Land reisen und meine Unterstützer besuchen. Welche Abstandsregeln? Ich bin vollständig rehabilitiert, darf mich frei bewegen und mich allen Menschen nähern. Und warum soll ich eine Maske tragen? So wie Hannibal Lecter? Geht das schon wieder los? Folks, ich bin un-schul-dig! Ich bin zwar nicht begnadigt worden, aber ich kann es nicht gewesen sein. Das sieht Markus Lanz übrigens genauso, ich habe bei ihm alles ausführlich dargelegt. Und der hat mich nun auch aufgeklärt in Sachen Corona, er spricht ja täglich mit den wichtigsten Experten Dr. Streeck und Dr. Lauterbach. Ich durfte drüben manchmal Kabelfernsehen gucken und mochte Lauterbach im "Schattenmann" oder auch in "Männer" an der Seite von Uwe Ochsenknecht. Bewundernswert, dass er sich weitergebildet hat und jetzt als Gesundheitsexperte beim SPD arbeitet, was immer das ist. Jedenfalls sagte Markus, dass SARS-CoV-2 ein Virus ist, das im chinesischen Wuhan seinen Ursprung hat und im Jahr 2020 eine weltweite Pandemie mit zahlreichen Opfern ausgelöst hat. Da war ich natürlich beruhigt, denn ich saß ja noch im Gefängnis, als alles losging und bin auch in diesem Fall unschuldig. Ich wundere mich nur über diesen Monolog, denn heute ist der 17. Dezember 2019, und ich kehre von einer langen, langen Reise zurück. Leute, denkt unbedingt an die AHA-Regeln!"
Jens Söring aus Virginia, USA

"Also, in der Mitte waren so Stühle aufgebaut. Dann wurde Musik angemacht (irgendwas von Chair) und wir mussten immer im Kreis um diese Stühle herumlaufen. Plötzlich ging die Musik aus (es war irgendwas von Chair), und jeder musste sich auf einen der freien Stühle setzen. Es war aber leider ein Stuhl weniger aufgebaut, als es Reisende gab, wohl ein Versehen des Veranstalters. Deshalb fand immer, wenn die Musik (es klang ziemlich nach Chair) verstummte, eine Person keinen Platz und wurde von der Reise ausgeschlossen. Sowas geht ja gar nicht, Betonung auf "gar". Und so ging es immer weiter. Komischerweise war auch weiterhin immer genau ein Stuhl zu wenig da, obwohl unsere Reisegruppe ja schon mächtig dezimiert war. Wir verstehen das alles überhaupt nicht, sind irritiert & erstaunt. Wir hatten im Reisebüro Prank Tours einen Kurztrip nach Jerusalem gebucht und freuten uns schon wie Chuzpe, wollten den Tempelberg besteigen (unser erster Siebenhunderter) und endlich die Klagemauer einreißen; wer Mauern baut, kann keine Brücken schlagen. Aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Wie Sie an unserer humorvollen, etwas bräsigen Art erkennen, sehen wir das Positive an der ganzen Sache: Wir werden kostenlos auf das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 getestet, dürfen zusätzlich den Idiotentest absolvieren. Strong enough, believe in love, lalalalala (Autotune-Effekt) …
Franz-Josef und Anneliese Schmitz aus Neunkirchen-Seelscheid

"Die Rückkehr war wirklich hart, aber Sie haben's ja gesehen. Hätte der verdammte Bär sich an die Abstandsregeln gehalten, wäre ich unversehrt geblieben, aber ich verstehe, dass man solche Szenen reinschreiben muss. Trotzdem haben sie mir damit einen Bärendienst erwiesen, denn solche Schmerzen wünsche ich meinem größten Feind nicht, naja, eigentlich doch, Brad Pitt hätte es verdient. Bei promiflash.de steht "Brad Pitt und Leonardo DiCaprio: Feindschaft statt Freundschaft!", und die erfinden das ja nicht einfach. Als Fitzgerald dann Hawk erstochen hat, wurde er mein Todfeind und Brad war rehabilitiert; zu einem Mord an meinem Sohn wäre er niemals fähig, er würde ihn höchstens entführen und Angelina bringen, aber sind die überhaupt noch zusammen? Zum Glück hab ich dann den Pawnee-Indianer getroffen, der hat mir echt das Leben gerettet. Wissen Sie, wie man eine Schwitzhütte baut? Ich jedenfalls nicht, ich bin ein Filmstar, kann nicht mal alleine einen Mund-Nasen-Schutz anlegen. So, den Rest der Geschichte kennen Sie ja, ich muss jetzt zum Test. Mr. Karl-Josef Laumann (die Dreharbeiten fanden ja größtenteils in Hürth-Kalscheuren statt) wird mir gleich mit einem Wattestäbchen tief im Rachen herumstochern. Ich habe große Angst.
Leonardo DiCaprio aus "The Revenant", USA

David Schuh

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick