Artikel

Hitlers Schnappi ist tot – Die Initiative "Alligator für Deutschland"

Im Alter von geschätzten 84 Jahren verstarb Saturn, der älteste Alligator des Moskauer Zoos. Nahezu unbeachtet ging diese Meldung vor ein paar Wochen um die Welt. Unbeachtet? Nicht von allen. Franz von Barth, tierpolitischer Sprecher der AfD und Gründungsmitglied der Initiative „Alligator für Deutschland“, zeigt sich tief betroffen von der Meldung.

Viele Jahre lang hatte der Rheinländer versucht, Saturn zurück nach Deutschland zu bringen. Denn Saturn war nicht nur irgendein altes Echsentier. Saturn kam nach dem Zweiten Weltkrieg als Teil der Reparationszahlungen aus Deutschland in die Sowjetunion. Rohstoffe, Arbeiter, ganze Maschinen, Fabriken, ja sogar eine Kleinstadt wurden als Wiedergutmachung für die von Deutschland verursachten Kriegsschäden in die Sowjetunion gebracht, auf der langen Liste der Güter standen außerdem 171 Katzen, 88 Meerschweinchen, 70 Goldhamster und – ein Alligator. „Saturn muss jetzt endlich nach Hause kommen“, sagt von Barth auf dem Weg zum Moskauer Zoo.

Seit mehr als zehn Jahren setzt sich die AfD (nicht die Partei, sondern die von von Barth gegründete Initiative) dafür ein, dass Saturn nach Deutschland zurückkommt. Es sei schon etwas unpraktisch, meint von Barth, dass die AfD und die AfD die gleiche Abkürzung haben. Auch wenn es rein personell einige Überschneidungen gibt. So seien etwa fast alle Mitglieder der Tierrechtsinitiative auch Parteimitglieder. Aber schon im Logo wird der Unterschied zwischen den beiden Körperschaften deutlich. Statt des bekannten roten phallischen Pfeils der Partei ist auf dem Logo der Tierrechtsbewegung ein rotes Krokodil unter dem AfD-Schriftzug zu sehen. Was viele auch nicht wissen: Die Initiative zur Befreiung des Alligators ist ein halbes Jahr früher als die Partei gegründet worden. Denn Saturn war nicht einfach nur ein Zootier, sondern zugleich der älteste und letzte noch lebende deutsche Kriegsgefangene in Russland. Seine Heimat, ein Gehege im Berliner Zoo, durfte er nicht wiedersehen. Dort hatte er gelebt, bis er 1943 während eines Bombenangriffs der Alliierten aus seinem Käfig ausbrach und in den Untergrund ging. Ein britischer Soldat spürte ihn 1946 in der Berliner Kanalisation auf und nahm ihn fest.

Dass Saturn Nazi war, wurde von einigen Historikern immer wieder vermutet, richtig bewiesen werden konnte allerdings nichts. Es gibt nur ein Foto, auf dem man ihn zusammen mit Adolf Hitler sieht. Saturn selbst schwieg, ein Parteiausweis oder ein Mitgliedsantrag fand sich nie – verschollen in den Kriegs- und Nachkriegswirren. Seine Flucht aus dem Berliner Zoo deuten einige sogar als Flucht vor den Nazis. So auch Franz von Barth. „Nur weil jemand das Liebslingstier Hitlers war, heißt das ja nicht, dass er gleich Nazi war. Und der Alligator auch nicht“, sagt er. In Moskau lebte Saturn sich nach seiner Verschleppung schnell ein, gerüchteweise half er dem sowjetischen Geheimdienst KBG bei der Arbeit. Wladimir Respirowitsch, sein Wärter und langjähriger Wegbegleiter, den wir im Moskauer Zoo treffen, kann das bestätigen. „Jaja, Saturn fraß ab und zu den einen oder anderen Dissidenten. Manchmal half er auch bei Verhören. Nur in den letzten Jahren nicht mehr, da war sein Gebiss nicht mehr so gut. Und er aß auch lieber Hühnchen als Menschenfleisch.“ Dass er mit dem ehemaligen KGB-Offizier Wladimir „Wlad“ Putin befreundet gewesen sein soll, möchte der Wärter nicht bestätigen, auch wenn es ein Foto geben soll, das Saturn zusammen mit Putin zeigt. „Diese Tiere haben keine Freunde“, sagt Respirowitsch und fügt hinzu: „Und Alligatoren auch nicht.“

Wie dem auch sei. Saturn ist nun tot und fast sieht es so aus, als käme AfD- und AfD-Mann von Barth mit seiner Bitte zu spät. Wladimir Respirowitsch  schüttelt den Kopf, als wir mit ihm vor dem Reptilienhaus des Moskauer Zoos stehen. Dass die Deutschen Saturn wiederhaben wollten, sei ihm bekannt, sagt er. „Aber wir können unsere toten Tiere ja hier nicht monatelang aufbewahren, nur weil die noch irgendjemand wiederhaben will. Die Wahrheit ist, dass tote Zootiere an andere Zootiere verfüttert werden.“ Saturn sei eine Ausnahme, sein Fleisch, das in vielen Ländern als Delikatesse gilt, wurde an das Moskauer Butyrka-Gefängnis geliefert, wo es vor zwei Wochen Borschtsch mit Alligator-Geschnetzeltem gab. Die zumeist politischen Häftlinge wird es gefreut haben, zumal Saturn früher ja einige ihrer Vorgänger verspeist hat. So schließt sich der Kreis. 

Franz von Barth hingegen ist nach einem Gespräch, das er unter vier Augen mit dem Zoowärter im Keller des Reptilienhauses führt, dennoch guter Hoffnung, wenigstens die schuppige Alligatorenhaut und das Skelett Saturns bekommen zu können, beides lagere derzeit in einem Kühlraum des Zoos. In Deutschland will die Initiative AfD alles fachmännisch präparieren lassen. Dann könnte Saturn ins Naturkundemuseum nach Berlin kommen. „Oder ins Foyer der Parteizentrale“, sagt von Barth. „Mit groß aufgerissenem Maul.“

Michael-André Werner

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Zur klebefreudigen »Letzten Generation«, Dr. Irene Mihalic,

Erste Parlamentarische Geschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, fiel Ihnen ein: »Mit ihrem elitären und selbstgerechten Protest bewirkt die ›Letzte Generation‹ das Gegenteil dessen, was wir in der aktuellen Lage bräuchten, nämlich eine breite Bewegung in der Gesellschaft, für konsequente Klimaschutzpolitik.«

Aber wäre es nicht eigentlich Ihr Job, für eine solche Bewegung zu sorgen? Oder sind Sie ganz elitär daran gewöhnt, andere für sich arbeiten zu lassen? Dann macht das Rummäkeln am Ergebnis aber schnell einen recht selbstgerechten Eindruck, und der kann ziemlich lange an einem kleben bleiben.

Wollte Ihnen das nur mal sagen:

Ihre breite Bewegung von der Titanic

 Merhaba, Berichterstatter/innen!

Wie die türkischen Wahlen ausgegangen sind, das konntet Ihr uns zu Redaktionsschluss noch nicht mitteilen; wohl aber, auf welche Weise Erdoğan seinen Gegenkandidaten Kemal Kılıçdaroğlu sowie dessen fortgeschrittenes Alter (74) während des Wahlkampfes lächerlich zu machen pflegte: »mit der veralteten Anrede ›Bay Kemal‹ (Herr Kemal)«. Niedlich, dieser Despoten-Ageismus. Auch wenn Erdoğans Exkurs ins Alt-Osmanische, den uns der Tagesspiegel hier nahebringen wollte, laut FAZ eher einer ins Neu-Englische war: »Der türkische Präsident nennt ihn«, Kılıçdaroğlu, »am liebsten ›Bye-bye-Kemal‹.«

Aber, Türkei-Berichterstatter/innen, mal ehrlich: Ist es nicht viel wahrscheinlicher, dass Erdoğan seinen Herausforderer schlicht als bestechlich brandmarken wollte (»Buy Kemal«)? Ihn als Krämerseele verspotten, als Betreiber einer provinziellen deutschen Spelunke (»Bei Kemal«)? Als »Bay-Kemal«, der den ganzen Tag am Strand von Antalya faulenzt? Als »By-Kemal«, der bald einen »By«-Pass braucht, als Tattergreis, der Nahrung nur noch in Matschform zu sich nehmen kann (»Brei-Kemal«)?

Erwägt doch, liebe Berichterstatter/innen, erst mal all diese Möglichkeiten und gebt byezeiten Bayscheid Eurer Titanic

 Huhu, Schwarzblauer Ölkäfer!

Du breitest Dich gerade fleißig aus im Lande, enthältst aber leider eine Menge des Giftstoffs Cantharidin, die, wie unsere Medien nicht müde werden zu warnen, ausreichen würde, um einen erwachsenen Menschen zu töten.

Wir möchten dagegen Dich warnen, nämlich davor, dass bald Robert Habeck oder Annalena Baerbock bei Dir anklopfen und um Dein Öl betteln könnten. Dass Rohstoffe aus toxischen Quellen oder von sonstwie bedenklichen Zulieferern stammen, hat uns Deutsche schließlich noch nie von lukrativen Deals abgehalten.

Kabarettistische Grüße von den Mistkäfern auf der Titanic

 Ei Gude, Boris Rhein (CDU),

Ei Gude, Boris Rhein (CDU),

ständig vergessen wir, dass Sie ja hessischer und somit »unser« Ministerpräsident sind, und das immerhin schon seit einem guten Jahr! Es kann halt nicht jeder das Charisma eines Volker Bouffier haben, gell?

Immerhin hat ein großes Bunte-Interview uns nun an Sie erinnert. Dort plauderten Sie erwartungsgemäß aus dem Nähkästchen, wie bei der Frage, ob die erste Begegnung mit Ihrer Frau Liebe auf den ersten Blick gewesen sei: »Nein. Sie hielt mich für einen stockkonservativen JU-Fuzzi, mir hat sie zu grün gedacht, weil sie gegen die Atomversuche der Franzosen in der Südsee war.« Wie bitte? Ihre Frau war dagegen, idyllische Pazifik-Atolle in die Luft zu jagen? Haha, was für eine Hippie-Tante haben Sie sich denn da angelacht, Rheini?

Später im Interview wurde es dann sogar noch politisch. Zum Thema Migration fanden Sie: »Jeder, der uns hilft und unsere Werte akzeptiert, ist hier herzlich willkommen. Manche Migranten babbeln Frankfurterisch wie ich. Einige sogar besser.« Soso! Das sind also »unsere Werte«, ja? Wie gut jemand »Aschebäschä« sagen und mit Badesalz-Zitaten um sich werfen kann?

Bleibt zu hoffen, dass Sie nicht herausfinden, dass unsere Redaktion hauptsächlich aus unangepassten (Nieder-)Sachsen, Franken und NRWlerinnen besteht.

Wird sonst womöglich von Ihnen persönlich abgeschoben: Titanic

 Sorgen, Alexander Poitz (Gewerkschaft der Polizei),

machen Sie sich wegen des 49-Euro-Tickets. Denn »wo mehr Menschen sind, findet auch mehr Kriminalität statt«.

Klar, Menschen, die kein Auto fahren, sind suspekt, und dass die Anwesenheit von Personen die statistische Wahrscheinlichkeit für Straftaten erhöht, ist nicht von der Hand zu weisen.

Wir denken daher, dass Sie uns zustimmen, wenn wir feststellen: Wo mehr Polizist/innen sind, finden sich auch mehr Nazis.

Mit kalter Mathematik: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Body Positivity

Kürzlich habe ich von einem Mordfall in einem Fitnesscenter gelesen. Stolz schaute ich an mir herunter und kam zum Befund: Mein Körper ist mein Tempel Alibi.

Ronnie Zumbühl

 Der Kult-Comic aus dem Kreißsaal:

»Asterix und Obstetrix«

Fabio Kühnemuth

 Autobiografie

Ich fahre seit dreißig Jahren Auto. Mehr kann ich dazu leider nicht sagen. Es ist ein laufendes Verfahren.

Luz Laky

 Aus dem Kochbuch des Flexikannibalen

Lehrers Kind und Pfarrers Vieh
Gebraten: gern.
Gedünstet? Nie!

Mark-Stefan Tietze

 Suche Produktionsfirma

Das ZDF hat meine Idee »1,2 oder 2 – das tendenziöse Kinderquiz« leider abgelehnt.

Rick Nikolaizig

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Hans Zippert: "Aus dem Leben eines plötzlichen Herztoten", signiertJahrelang lag TITANIC-Urgestein Hans Zippert in der Sonne herum und ließ Eidechsen auf sich kriechen. Dann wurde er plötzlich Deutschlands umtriebigster Kolumnist. Viele fragen sich: Wie hat er das bloß verkraftet? Die Antwort gibt dieses "Tagebuch eines Tagebuchschreibers": gar nicht. Von Burnout-, Schlaganfall- und Nahtoderfahrungen berichtet Zippert in seinem bislang persönlichsten Werk – mal augenzwinkernd, mal mit einer guten Portion Schalk in den Herzkranzgefäßen. Nie war man als Leser dem Tod so nahe!Wenzel Storch: "Die Filme" (gebundene Ausgabe)
Renommierte Filmkritiker beschreiben ihn als "Terry Gilliam auf Speed", als "Buñuel ohne Stützräder": Der Extremfilmer Wenzel Storch macht extrem irre Streifen mit extrem kleinen Budget, die er in extrem kurzer Zeit abdreht – sein letzter Film wurde in nur zwölf Jahren sendefähig. Storchs abendfüllende Blockbuster "Der Glanz dieser Tage", "Sommer der Liebe" und "Die Reise ins Glück" können beim unvorbereiteten Publikum Persönlichkeitstörungen, Kopfschmerz und spontane Erleuchtung hervorrufen. In diesem liebevoll gestalteten Prachtband wird das cineastische Gesamtwerk von "Deutschlands bestem Regisseur" (TITANIC) in unzähligen Interviews, Fotos und Textschnipseln aufbereitet.
Zweijahres-Abo: 117,80 EURSonneborn/Gsella/Schmitt:  "Titanic BoyGroup Greatest Hits"
20 Jahre Krawall für Deutschland
Sie bringen zusammen gut 150 Jahre auf die Waage und seit zwanzig Jahren die Bühnen der Republik zum Beben: Thomas Gsella, Oliver Maria Schmitt und Martin Sonneborn sind die TITANIC BoyGroup. In diesem Jubiläumswälzer können Sie die Höhepunkte aus dem Schaffen der umtriebigen Ex-Chefredakteure noch einmal nachlesen. Die schonungslosesten Aktionsberichte, die mitgeschnittensten Terrortelefonate, die nachdenklichsten Gedichte und die intimsten Einblicke in den SMS-Speicher der drei Satire-Zombies – das und mehr auf 333 Seiten (z.T. in Großschrift)!
Titanic unterwegs
08.06.2023 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
08.06.2023 München, Gasteig HP8 Rudi Hurzlmeier: »Hurzlmeier Zeichnerei«
10.06.2023 München, Gasteig HP8 Rudi Hurzlmeier mit Oliver Ottitsch
11.06.2023 München, Gasteig HP8 Rudi Hurzlmeier: »Hurzlmeier Zeichnerei«