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"Ich fühlte mich beschnitten!"

Diskriminierender Vorfall: Am 24. Januar veröffentlichte die Nachrichtenagentur AP ein Gruppenbild mit namhaften Klimaaktivistinnen in Davos. Dabei abgeschnitten: Vanessa Nakete aus Uganda. Nach Protesten ließ AP verlauten, dass "keine böse Absicht" dahinter stecke und der Eingriff lediglich aus "bildkompositorischen Gründen" entstanden sei. Neueste Recherchen zeigen: Auch andere bedeutende Fotografien wurden sorglos manipuliert und nach Gusto zurechtgeschnippelt …

Schmerzhafte Beschneidung

Dieses viel beachtete Foto vom 30. CDU-Parteitag visualisiert: Die Zukunft der Union ist weiblich. "Das wüsst ich aber", mault Friedrich Merz, der selber neben dem "Plaudertrüppchen" stand und sich als "Opfer der Zensur" sieht, seinen bissigen Humor jedoch nicht verliert: "Den einzigen Eingriff, den ich okay finde, ist der in meiner Unterhose!" Seither twittert der Geschasste über #frauenfilz, #basenwirtschaft, #nurweilichkeinemöpsehabe und #verdammterpenis.

Intervention im 63. Stock

Das berühmte Foto "Men at Lunch" wurde 1932 beim Bau des Rockefeller Center aufgenommen. Was kaum einer weiß: Auftraggeber und Bauleiter John D. Rockefeller persönlich hat mit Natron, weißem Essig und einem Löffelchen Schwefel auf dem Fotopapier ein wenig "Whitefacing" betrieben, wie er Jahre später verschmitzt gestand. "It looks better", begründete er seinen Schritt: "Of course I'm racist. Helloo, my ancestors are German."

 

Fashion-Victim

Das ikonische Gruppenfoto des Libyen-Gipfels versammelt alle Mächtigen der Welt. Fast. Inzwischen kam heraus: Auch Kim Jong-un war zugegen. Pressesprecher Steffen Seibert gab kund, man habe nichts gegen Herrn Kim persönlich, der Eingriff sei lediglich aus "Stilgründen" vorgenommen worden. "Nur weil mein Anzug nicht der neuesten Mode aus London und Paris entspricht", ächzte der namhafte Diktator auf Tiktok. 

Sie nannten sie Baby

Wer kennt sie nicht, die kultigen RAF-Fahndungsfotos, die in den Siebzigerjahren an jeder Bankfiliale, jedem Kinderladen hingen. Was kaum einer weiß: Ursprünglich war auch Erika Steinbach (Deckname: "Baby") mit unter den Rebellen. Auf die Fahndungsplakate haben es der irre Blick und das Horrorlächeln jedoch nicht geschafft, um die Bundesbürger nicht zu verstören. 

Kalkül im Kalten Krieg

Als Neil Armstrong 1969 den Mond betrat, wähnte er sich allein. Bis er ein freudiges Wuffwuff aus dem Maule von Laika vernahm, die 1957 mit der "Sputnik 2" ins All geschossen worden war und seither als verschollen galt. Die mitterweile betagte Mischlingsdame und der Weltraumheld verstanden sich prächtig, doch die Nasa erntfernte die freundliche Fellnase später von sämtlichen Aufnahmen, um zu verschleiern, dass der erste Erdenbürger auf dem Mond eine Kommunistin war. Erst jetzt wurde der zensierte Fotoschnipsel zur Freude der Russen gefunden.

Falsche Fahrt voraus

Warum das Antlitz des dritten Mitfahrers nie gezeigt wurde, entscheide der Betrachter selbst. Mit dem Originalfoto konfrontiert, äußert sich Joseph Ratzinger vielsagend: "Jedes Gottesschaf darf auch mal Sünder sein …

Leo Riegel, Ella Carina Werner

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Mmmh, Futterparadies Frankfurt a. M.!

Du spielst in einem Feinschmecker-Ranking, das die Dichte der Michelin-Sterne-Restaurants großer Städte verglichen hat, international ganz oben mit: »Laut einer Studie des renommierten Gourmet-Magazins Chef’s Pencil teilen sich in der hessischen Metropole 77 307 Einwohner ein Sterne-Restaurant.«

Aber, mal ehrlich, Frankfurt: Sind das dann überhaupt noch echte Gourmet-Tempel für uns anspruchsvolle Genießer/innen? Wird dort wirklich noch köstlichste Haute Cuisine der allerersten Kajüte serviert?

Uns klingt das nämlich viel eher nach monströsen Werkskantinen mit übelster Massenabfertigung!

Rümpft blasiert die Nase: die Kombüsenbesatzung der Titanic

 Gemischte Gefühle, Tiefkühlkosthersteller »Biopolar«,

kamen in uns auf, als wir nach dem Einkauf Deinen Firmennamen auf der Kühltüte lasen. Nun kann es ja sein, dass wir als notorisch depressive Satiriker/innen immer gleich an die kühlen Seiten des Lebens denken, aber die Marktforschungsergebnisse würden uns interessieren, die suggerieren, dass Dein Name positive und appetitanregende Assoziationen in der Kundschaft hervorruft!

Deine Flutschfinger von Titanic

 Also echt, Hollywood-Schauspieler Kevin Bacon!

»Wie wäre es eigentlich, wenn mich niemand kennen würde?« Unter diesem Motto verbrachten Sie mit falschen Zähnen, künstlicher Nase und fingerdicken Brillengläsern einen Tag in einem Einkaufszentrum nahe Los Angeles, um Ihre Erfahrungen als Nobody anschließend in der Vanity Fair breitzutreten.

Die Leute hätten sich einfach an Ihnen vorbeigedrängelt, und niemand habe »Ich liebe Dich!« zu Ihnen gesagt. Als Sie dann auch noch in der Schlange stehen mussten, um »einen verdammten Kaffee zu kaufen«, sei Ihnen schlagartig bewusst geworden: »Das ist scheiße. Ich will wieder berühmt sein.«

Das ist doch mal eine Erkenntnis, Bacon! Aber war der Grund für Ihre Aktion am Ende nicht doch ein anderer? Hatten Sie vielleicht einfach nur Angst, in die Mall zu gehen und als vermeintlicher Superstar von völlig gleichgültigen Kalifornier/innen nicht erkannt zu werden?

Fand Sie nicht umsonst in »Unsichtbare Gefahr« am besten: Titanic

 Du wiederum, »Spiegel«,

bleibst in der NBA, der Basketball-Profiliga der Männer in den USA, am Ball und berichtest über die Vertragsverlängerung des Superstars LeBron James. »Neuer Lakers-Vertrag – LeBron James verzichtet offenbar auf Spitzengehalt«, vermeldest Du aufgeregt.

Entsetzt, Spiegel, müssen wir feststellen, dass unsere Vorstellung von einem guten Einkommen offenbar um einiges weiter von der Deiner Redakteur/innen entfernt ist als bislang gedacht. Andere Angebote hin oder her: 93 Millionen Euro für zwei Jahre Bällewerfen hätten wir jetzt schon unter »Spitzengehalt« eingeordnet. Reichtum ist wohl tatsächlich eine Frage der Perspektive.

Arm, aber sexy: Titanic

 Lieber Jörg Metes (5.1.1959–16.6.2024),

Lieber Jörg Metes (5.1.1959–16.6.2024),

Du warst der jüngste TITANIC-Chefredakteur aller Zeiten. Du warst der Einzige, der jemals eine klare Vorstellung davon hatte, wie das ideale Heft aussehen musste, und hast immer sehr darunter gelitten, dass sich Deine Utopie nur unzureichend umsetzen ließ. Aus Mangel an Zeit und an Mitarbeiter/innen, die bereit waren, sich Nächte um die Ohren zu schlagen, nur um die perfekte Titelunterzeile oder das richtige Satzzeichen am Ende des Beitrags auf Seite 34 zu finden.

Legendär der Beginn Deiner satirischen Tätigkeit, als Du Dich keineswegs über einen Abdruck Deiner Einsendung freutest, sondern Robert Gernhardt und Bernd Eilert dafür beschimpftest, dass sie minimale Änderungen an Deinem Text vorgenommen hatten. Das wurde als Bewerbungsschreiben zur Kenntnis genommen, und Du warst eingestellt. Unter Deiner Regentschaft begann die Blütezeit des Fotoromans, Manfred Deix, Walter Moers und Michael Sowa wurden ins Blatt gehievt, und manch einer erinnert sich noch mit Tränen in den Augen daran, wie er mal mit Dir eine Rudi-Carrell-Puppe vor dem iranischen Konsulat verbrannt hat.

Nach TITANIC hast Du viele, die ihr Glück weder fassen konnten noch verdient hatten, mit Spitzenwitzen versorgt und dem ersten deutschen Late-Night-Gastgeber Thomas Gottschalk humortechnisch auf die Sprünge geholfen. Und dass River Café, eine deutsche Talkshow, die live aus New York kam, nur drei Folgen erlebte, lag bestimmt nicht an Deinen Texten. Auf Spiegel online hieltest Du als ratloser Auslandskorrespondent E. Bewarzer Dein Kinn in die Kamera, und gemeinsam mit Tex Rubinowitz hast Du das Genre des Listenbuches vielleicht sogar erfunden, auf jeden Fall aber end- und mustergültig definiert, und zwar unter dem Titel: »Die sexuellen Phantasien der Kohlmeisen«. Und diese eine Geschichte, wo ein Psychiater in ein Möbelhaus geht, um eine neue Couch zu kaufen, und der Verkäufer probeliegen muss, wo stand die noch mal? Ach, in der TITANIC? Sollte eigentlich in jedem Lesebuch zu finden sein!

Uns ist natürlich bewusst, dass Du auch diesen Brief, wie so viele andere, lieber selber geschrieben und redigiert hättest – aber umständehalber mussten wir das diesmal leider selbst übernehmen.

In Liebe, Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Verabschiedungsrituale

Wie sich verabschieden in größerer Runde, ohne dass es ewig dauert? Ich halte es so: Anstatt einen unhöflichen »Polnischen« zu machen, klopfe ich auf den Tisch und sage: »Ich klopf mal, ne?«. Weil mir das dann doch etwas unwürdig erscheint, klopfe ich im Anschluss noch mal bei jeder Person einzeln. Dann umarme ich alle noch mal, zumindest die, die ich gut kenne. Den Rest küsse ich vor lauter Verunsicherung auf den Mund, manchmal auch mit Zunge. Nach gut zwanzig Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und ich verpasse meine Bahn.

Leo Riegel

 Unübliche Gentrifizierung

Zu Beginn war ich sehr irritiert, als mich der Vermieter kurz vor meinem Auszug aufforderte, die Bohr- und Dübellöcher in den Wänden auf keinen Fall zu füllen bzw. zu schließen. Erst recht, als er mich zusätzlich darum bat, weitere Löcher zu bohren. Spätestens, als ein paar Tage darauf Handwerkerinnen begannen, kiloweise Holzschnitzel und Tannenzapfen auf meinen Böden zu verteilen, wurde mir jedoch klar: Aus meiner Wohnung wird ein Insektenhotel!

Ronnie Zumbühl

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

 Beim Aufräumen in der Küche

Zu mir selbst: Nicht nur Roger Willemsen fehlt. Auch der Korkenzieher.

Uwe Becker

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster