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Völkerball verbieten? Deutschland wehrt sich!

Kanadische Wissenschaftler wollen Völkerball aus dem Schulunterricht verbannen – doch sie haben die Rechnung ohne das deutsche Volk gemacht: Finger weg vom spielerischen Vernichtungskrieg!


Sie haben uns die Prügelstrafe genommen. Sie haben uns "Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?" genommen. Jetzt wollen sie auch noch das letzte, was der deutsche Schulunterricht an Volkskörperertüchtigung zu bieten hat: Völkerball! Jenes so beliebte wie harmlose Spiel, dessen ursprünglicher Gedanke doch lediglich "die Schlacht zwischen zwei Völkern, die sich unter ihren Königen in einem Vernichtungskrieg gegenüberstehen symbolisiert" (Wikipedia).

Verweichlichte kanadische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen wollen im "Dodgeball" – diesen schwächlich klingenden Namen hat man dem Völkerball jenseits des Atlantiks gegeben – nun eine "unterdrückende" und "entmenschlichende" Form von "legalisiertem Mobbing" erkannt haben. Doch die Deutschen, zu denen in diesem Text der Einfachheit halber auch Österreicher gezählt werden, wehren sich mit Tausenden Online-Kommentaren, deren Urheber mit manisch hingetippten Lachtränen-Smiley-Ketten und Dutzenden Ausrufezeichen beweisen, dass Völkerball ihre Psyche in keiner Weise beeinträchtigt hat.

"Das Spiel endete mit der vollständigen Vernichtung eines der beiden Völker." (www.mission-voelkerball.com)

Doch wer steckt hinter der Völkerballverschwörung? "Kurier"-Leser Lukas Joksch ahnt bereits, wer uns Deutschen da an die Bälle will: "Es wird immer lächerlicher, aber von wo kommt's, genau, von da drüben. Uns weis machen wollen, das Spiel sei so böse, aber selber die ganze Welt als Staatsgrenze sehen wollen, um sich zu verteidigen." Drum sollten unsere Kleinen nicht weniger Völkerball spielen, sondern noch viel mehr abhärtende Sportarten im Unterricht durchnehmen, um im Ernstfall gegen die da drüben gewappnet zu sein: Boxen, Schießen, Gelände- und Orientierungsmärsche – am besten schon in der Grundschule.

Einen anderen Drahtzieher respektive vielmehr andere Drahtzieherinnen hat man hingegen auf Twitter ausfindig gemacht: "Selten so einen Schwachsinn gelesen. Sicher eine idee von den Kampffeministinnen, Genderwütigen und linkslinke #Moralapostel", vermutet man hier und weist damit auf eine weitere wichtige Lektion hin, die gerade Mädchen beim geschlechtergemischten Völkerballspiel lernen können: Physisch überlegene Männer jagen dich nach Belieben umher und gewinnen am Ende auch völlig zu Recht dank ihrer gottgegebenen Gewalt. Wie beim Völkerball, so auch in der Rechtsprechung.

Nein, ein Vernichtungskriegsspiel, das die ja ohnehin wieder angesagte Rassenlehre gewissermaßen schon im Namen trägt, lässt sich Deutschland sicher nicht wegnehmen. Schon Turnvater Friedrich Ludwig Jahn, der nicht nur ein großer Sportler, sondern auch ein durchtrainierter Antisemit war, attestierte dem Turnspiel einen "wehrertüchtigenden Charakter". Den hat auch der Realist "FJ_Lentia" im Kommentarbereich von DiePresse.com erkannt: "Wer schwach ist, muss früh lernen, mit seiner Schwäche umzugehen. Völkerball ist ein gutes Mittel hierzu. Tut mir leid, aber das ist die Realität." Und an der will nur was ändern, wer ein – uargh! – pazifistischer Völkerballverräter ist.

"Die abgegrenzten Spielfelder (der Kampfplatz) sind die Territorien. Der Ball ist die Angriffswaffe. Jeder Treffer eines gegnerischen Spielers markiert einen Gefallenen, der aus dem Spielgeschehen ausscheiden muss." (Wikipedia)

Gewohnt kultiviert geht es auch in der Facebook-Kommentarspalte von Deutschlandfunk Nova zu: "Immer zuerst auf die Dicken und dann auf die Mädchen, das war schon so. Und es hat echt Spaß gemacht haha", findet User Michael Nowicki. Bei RTL.de hingegen braucht man gar keinen Kommentarbereich, sondern hat direkt einen Meinungsautor und Völkerball-Aficionado namens Ingo Jacobs zur Hand, der weiß, "dass Schüler, die nicht so sportlich waren, darunter gelitten haben – auch beim Völkerball. Aber hey, das waren dann doch auch die, die in Mathematik oder Physik brillant waren – und in diesen Disziplinen habe ich eher gelitten und die Erfahrung von Niederlage und Schwäche gemacht."

Ganz recht: Einerseits eventuell unschön für Schüler, vom Gegner ins Visier genommen und abgeschossen zu werden, bis Blut fließt, wenngleich auch nur aus der Nase. Aber hey, andererseits müssten tüchtige Doofis wie Ingo Jacobs ohne Völkerball ihren Mathe-Frust anderswo rauslassen. Womöglich mittels eines Amoklaufs. Und das wollen weder wir noch Fritz Huber, der dem "Kurier" drunterkommentiert: "Ja genau nehmen wir uns ein Beispiel am US-Schulsystem – Amoklauf = gleich abschießen mit Waffen, ist doch viel humaner als Völkerball = abschießen mit einem Ball *kopfschüttel*" Es gilt die Faustregel: Wo Völkerball, da kein Amoklauf.

Was auch immer die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Joy Butler, die lange als Lehrerin gearbeitet, mit etlichen Schülerinnen und Schülern gesprochen hat und in Vancouver an der University of British Columbia lehrt, geritten hat, so einen Unsinn über den traditionsreichen Völkerballsport zu erzählen – das deutsche Volk hat ein für alle Mal klargestellt, warum Völkerball gerade für wehrlose Schülerinnen und Schüler so bedeutend ist. Völkerball ist Überlebenstraining. Völkerball macht zäh, flink und hart. Völkerball rettet uns vor den Amokamerikanern. Völkerball zeigt dem Feminismus seine Grenzen auf. "Völkerball" heißt eine Rammstein-Coverband. Wer Völkerball abschafft, schafft Deutschland ab.

Cornelius W.M. Oettle

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Stefan Schlatt, Reproduktionsbiologe an der Uni Münster!

Sie gaben im Zeit-Wissensteil ein ganzseitiges Interview, das wie folgt betitelt wurde: »Der Hoden ist der Kanarienvogel des Mannes«. Eine billige Masche der Zeit, mit einer bizarren Überschrift Neugier zu wecken, das war uns sofort klar. Dennoch wollten wir natürlich wissen, in welchem Zusammenhang Sie das oben Zitierte von sich gaben.

»Der Testosteronspiegel des Mannes geht nur langsam zurück, vor allem, weil er im Alter immer dicker wird und nicht mehr so gesund ist wie mit 25. Dies zeigt sich dann an der Hormonproduktion im Hoden. Bergleute haben früher Kanarienvögel mit unter Tage genommen, die Alarm schlugen, wenn die Luft dünner wurde. Man könnte sagen: Der Hoden ist der Kanarienvogel des Mannes.«

Wo sollen wir anfangen, Schlatt? Der Kanarienvogel diente Bergleuten als Indikator für die sinnlich nicht wahrnehmbare Gefahr der Kohlenmonoxidvergiftung. Diese soll in Ihrer Metapher wohl der niedrige Testosteronspiegel sein, der nicht etwa durch das Übergewicht, sondern nur durch den Hoden zu erkennen ist. Und das geschieht wie, Schlatt? Schlägt der Hoden Alarm, indem er laut zwitschert? Sind die Kanarienvögel unter Tage nicht vielmehr verstummt und tot umgefallen? Und was ist in Ihrer Analogie eigentlich der Käfig für den singenden Hoden?

Fest steht hier im Grunde nur eins: Bei Ihnen piept es gehörig – im Kopf und in der Hose.

Tirili: Titanic

 Huch, Wolodymyr Selenskyj!

Laut Spiegel wollen Sie »überraschend nach Deutschland reisen«. Verständlich, Flugzeug oder Zug werden auf Dauer ja auch langweilig. Interessiert, ob Sie stattdessen einen Tunnel graben, mit einem Zeppelin fliegen oder doch per Faltkanu heranschippern, wünschen Ihnen in jedem Fall eine gute Reise

Ihre Travelguides von Titanic

 Bitte schön, Annika Stechemesser!

Sie sind Klimaforscherin in Potsdam, wurden in der Frankfurter Rundschau am Tag nach den brisanten Landtagswahlen zum Thema »effektiver Klimaschutz« interviewt, und da wir heute auf keinen Fall Witze mit Namen machen wollen, lassen wir das einfach mal so stechen, äh, stehen!

Ganz lieb grüßt Ihre Titanic

 Wenn Sie, Micky Beisenherz,

als Autor des »Dschungelcamps« gedacht hatten, Sie könnten dessen Insass/innen mit einer Scherzfrage aus der Mottenkiste zu der Ihnen genehmen Antwort animieren, dann waren Sie aber so was von schief gewickelt; die RTL-»Legenden« wollten Ihnen nämlich partout nicht den Gefallen tun, auf die Frage, womit sich Ornitholog/innen beschäftigten, einfach und platterdings »mit Vögeln« zu antworten.

Stattdessen kamen: »Was ist das denn?« oder »What the fuck …?«. Dafür zu sorgen, dass so aus Ahnungslosigkeit ein Akt des Widerstands gegen Ihre idiotische Fangfrage wurde, das soll Ihnen, Beisenherz, erst mal jemand nachmachen.

Mit der Ihnen gebührenden Hochachtung: Titanic

 Sie wiederum, André Berghegger,

haben als Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes nach dem Einsturz der Dresdner Carolabrücke eine »Investitionsoffensive für die Infrastruktur« gefordert, da viele Brücken in Deutschland marode seien. Diese Sanierung könnten jedoch Städte und Gemeinden »aus eigener Kraft kaum tragen«, ergänzten Sie. Mit anderen Worten: Es braucht eine Art Brückenfinanzierung?

Fragt Ihre Expertin für mehr oder weniger tragende Pointen Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Aus der militärgeschichtlichen Forschung

Feldjäger sind auch nur Sammler.

Daniel Sibbe

 Zum Sterben hoffentlich zu dämlich

In der Wartezone der Arge in Fürth sitzen zwei Männer um die vierzig. Einer der beiden hält eine aufgeschlagene Tageszeitung so, dass der zweite mitlesen kann. Geduldig blättern sie gemeinsam bis zur Seite mit den Todesanzeigen. »Schau«, sagt der eine, »da ist einer zwei Mal gestorben.« – »Wie kommst du darauf?« – »Lies doch! Derselbe Name in zwei Anzeigen.« – »Tatsächlich! Zwei Mal gestorben. Wie er das wohl geschafft hat?« Eine längere Denkpause setzt ein. »Wahrscheinlich einer wie ich, der nichts auf Anhieb hinkriegt«, schlussfolgert der eine dann. »Ha, das kommt mir bekannt vor!« stimmt der zweite ein. »Meine erste Frau mit den Kindern abgehauen, Führerschein schon drei Mal gemacht. Also zwei Mal wegen Alkohol, und ich weiß gar nicht, wie oft ich schon hier nach einer neuen Arbeit angestanden bin.« – Seufzend: »Hoffentlich kriegen wir wenigstens das mit dem Sterben mal besser hin als der hier …«

Theobald Fuchs

 Jeder kennt ihn

Die Romantrilogie auf der Geburtstagsfeier, das Raclettegerät auf der Taufe, die Gartenfräse zur Beerdigung: Ich bin der Typ in deinem Bekanntenkreis, der dir geliehene Sachen in den unmöglichsten Situationen zurückgibt.

Leo Riegel

 Im Unterzucker

Wenn man sich bei seinem Lieblingsitaliener keine Pizza bestellen kann, weil man nicht alle Vespas auf den Fotos gefunden hat – liegt das dann am nicht bestandenen Turin-Test?

Lara Wagner

 Reality-TV

Bei der Fernsehserie »Die Nanny« gibt es diese eine Szene, in der die Mutter der Nanny, Sylvia Fine, in einem Pariser Restaurant mit dem Kellner kommunizieren will. Da sie kein Französisch spricht, nutzt sie zum Austausch ausschließlich den Text des französischen Kinderliedes »Frère Jacques«: Mit »Frère Jacques« ruft sie den Kellner, mit »Ding-ding-dong« fordert sie einen neuen Kaffee und so weiter. In der Serie klappte das sehr gut, und als Kind fand ich es auch ausgesprochen lustig, war mir allerdings sicher, dass das in der Realität nie funktionieren würde – bis es mir selbst gelang. Das kam so: Im Fitnessstudio wartete ein junger Mann am Tresen vergeblich auf einen Trainer. Vergeblich, weil er die im Tresen eingelassene Klingel nicht betätigt hatte. Nun hatte ich ihn während des Trainings Französisch sprechen hören, sprach allerdings selbst keines. Da ich aber der Einzige war, der sein vergebliches Warten bemerkte, ging ich schließlich hin, zeigte auf die Klingel und sagte »Sonnez les matines! Sonnez les matines!« Er verstand sofort und klingelte ausgiebig. Kurz darauf erschien der Trainer und ließ ihn hinaus. Da soll noch mal einer sagen, Fernsehen würde im Leben nicht helfen.

Karl Franz

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Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
23.10.2024 Karlsruhe, Tollhaus Max Goldt
23.10.2024 Berlin, Walthers Buchladen Katharina Greve
24.10.2024 Stuttgart, Im Wizemann Max Goldt
25.10.2024 Potsdam, Waschhaus-Arena Thomas Gsella