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In der Höhle des Pandas
Wie weit darf Menschenverachtung gehen? Die Umweltschutzorganisation WWF schreckt diesbezüglich laut Buzzfeed nicht einmal vor Mord zurück. In einem zehn Punkte umfassenden Listicle hatte die Seite unter Einbindung nerdiger Gifs die schwersten Verbrechen dokumentiert, in die der WWF verwickelt sein soll, darunter Waffenhandel, Folter, Vergewaltigungen und eben Mord. Das scheint so gar nicht zu dem niedlichen Logo der Stiftung zu passen. Verbirgt sich hinter der Pandamaske tatsächlich eine so hässliche Fratze wie bei Cro? Klarheit soll ein Besuch bei den Tierschützern bringen, dort, wo sie ihre Pläne aushecken, im Schweizer Ort Gland unweit des Genfersees.
"Junger Mann, einmal kurz stehengeblieben oder ich schieße!" begrüßt ein im Umgang mit Menschen ungeübt wirkender Jüngling mit angelegtem Schnellfeuergewehr in der Einfahrtsstraße der WWF-Zentrale. Nicht einmal hier lassen einem die Fundraiser Frieden! Doch es gilt keine Zeit zu verlieren, denn Zeit ist Geld; Geld, das für die Rettung des Planeten angeblich so dringend benötigt wird, wie auch der Anquatscher zugeben muss. Enttäuscht weist er uns den Weg zum "Journalisteneingang".
Über eine schmale, geländerlose Hängebrücke geht es auf die andere Seite des krokodilverseuchten Wassergrabens, der das Gebäude umgibt und laut rotierender Infotafel in der Brückenmitte CO2-neutral wirtschaften lässt. Bilder auf der Fassade erinnern kritische Eindringlinge an die zahlreichen Spezies, die dank des WWF (bislang) gerettet werden konnten: Panda, Tiger, Elefantenspitzmaus, Springteufel, Dieselfahrer, Carsten Maschmeyer, Bettwanzen – um nur einige zu nennen.
Wider Erwarten ist am Empfang eine lange Schlange. Gerade vertilgt sie den Rezeptionisten, nur die veganen Schuhe schauen noch aus dem Maul der Python. "Monty hatte gerade ein Hüngerli", lacht Pflegerin Paula, während sie routiniert eine Sterbeurkunde fälscht. "Er heißt so, weil es immer so lustig aussieht, wenn er einen Mann wegschmaust. Kennen Sie das Leben des Brian? Das steckt Monty gerade im Hals, genau mein Humor!" Ein Mensch, so scheint es, ist hier nichts wert, wenn keine Spenden fließen. Hastig kaufen wir im Besuchershop eine Packung Handgranaten und werfen das Rückgeld in die bereitstehende Sammelbüchse der Marke Heckler & Koch.
Eindrücklich: Der WWF hat schon so manche Spezies vor dem Aussterben gerettet
Gegenüber öffnet sich die Fahrstuhltür. Zwei Ranger in katzenförmigen Exoskeletten springen heraus und verkünden, "der Chef" wolle sich nun "Zeit für die menschlichen Besucher nehmen, ja miau!" Erste Zweifel beschleichen uns wie die sanften und doch potentiell tödlichen Pranken eines satten Löwen, während wir von den Rangern in den Fahrstuhl gefickt werden: Geht hier wirklich alles mit rechten Dingen zu? Wer ist "der Chef"? Werden wir dem Generaldirektor oder dem Präsidenten mit unseren Fragen auf die Pelle rücken dürfen?
"Hi, ich bin Bambi", begrüßt uns ein sprechender Panda. "Nur immer herein in die gute Stube! Darf's etwas sein? Knöcheltee, Fingerfood, Musik von Reinhold Beckmann? Kleiner Spaß, hier gibt es natürlich nichts gratis, außer die Musik von Beckmann, wenn Sie frech werden." Ob Einschüchterungsversuche zu den gängigen Methoden des WWF zählen, fragen wir schlagfertig und bekommen als Antwort kurz die einfühlsame Stimme Beckmanns ins Rückenmark vibriert. Das hier ist kein Spaß.
Freundlich aber distanziert erklärt uns Bambi nun, dass es bei allem um das Wohl der Tiere gehe, sehr niedlicher Tiere wie z.B. Pandas. Natürlich sei eine Riesenorganisation wie der WWF nicht frei von Fehlern. Dennoch dürfe nicht aus dem Blick tapsen, dass es insgesamt um das Wohl sehr niedlicher Wuscheltiere gehe. Umweltschutz finanziere sich nun einmal nicht von selbst, die Einnahmen durch Fundraising auf der Straße genügten gerade, das Fundraising auf der Straße zu finanzieren. Um an die nötigen Mittel zu kommen, müsse man eben erfinderisch werden. Plünderungen etwa seien eine natürliche Überlebensstrategie, wie sie auch im Tierreich beobachtet werden könne. Als oberste Priorität des WWF gelte dabei, nie alles auf einmal zu nehmen, sondern nur soviel, wie für den nächsten Überfall benötigt werde. Ein goldiges Blinzeln lang schaut Bambi aus dem Fenster und schweigt. Dann rückt er näher an den Tisch, winkt uns ebenfalls heran. Verschwörerisch raunt er: "Wussten Sie, dass der Pandabär die einzige Spezies ist, die standardmäßig eine Sonnenbrille trägt?"
Die Audienz ist vorüber, Bambi nimmt die Sonnenbrille ab. Wie konnten wir so blind sein, er ist gar kein Panda, sondern ein Eisbär! Noch während wir schreiben, beginnt er uns von hinten aufzufressen. Nein, die Menschenverachtung beim WWF kennt wahrlich keine Greaaaaaaaar
Valentin Witt