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Kartoffelknödel und Brüllaffe: Warum Tilman Kuban der ideale Vorsitzende der Jungen Union ist

Ein alter Mann ist neuer Vorsitzender der Jungen Union. Tilman Kuban, der stets belfernde Niedersachse mit dem Bügeleisengesicht, zählt 31 Lenze, sieht aus wie ein 46jähriger, der sich schlecht gehalten hat, und ist im Kopf schon 88.

Kuban selbst, der auf Fotos gern seine Ärmel hochkrempelt, weil er sehr stolz auf seine baumstumpfstarken Unterarme ist, beschreibt sich selbst sehr ehrlich und selbstkritisch als "sturmfest und erdverwachsen". Ein träger Mensch, ein Mensch des Stillstands also. Wer die Auftritte des gebürtigen Kirchdorfers beobachtet, dem kommen umgehend noch weitere Begriffe in den Sinn. Es sind Begriffe wie "Leberwurst" und "Säuferleber", aber auch "Kartoffelknödel", "Handtellerschweiß" und "Dorfdisko". Diesen Assoziationen, die Kuban unweigerlich weckt, verdankt er den überraschenden Sieg über seinen Konkurrenten Stefan Gruhner, mit dem die meisten Menschen eher Worte wie "Pflegenotstand", "Ostdeutschland" und "Alpecin" in Verbindung bringen. "Außerdem ist Gruhner schwul und das ist bei uns doch schon Jens Spahn", so ein Besucher des Deutschlandtags der Jungen Union.

Tilman Kuban bei seiner Rede am Deutschlandtag der Jungen Union (kein Symbolfoto)

Als klobiger Brüllaffe, zornfaltiger Schnappatmer und personifiziertes Herzinfarktrisiko ist Kuban genau jener Vollbauer, der Buben und Mädchen der Jungen Union in ihren Träumen hinter die lockende dritte Toilettentür begleitet. Seine Fans in der Partei verbreiten den Hashtag #Kubaner sowie den Slogan "Ich bin ein Kubaner" – Sozialismus ja, aber national muss er sein, so ihr Credo.

Mit dem Charme von Boris Johnson, der Gedankenschnelligkeit von Boris Becker und der Gastfreundlichkeit von Boris Palmer ist Kuban der perfekte Grobklotz für den Vorsitz einer Truppe junger Menschen, die sich auch 2019 gerne noch zum Kegeln und Wehrmachtsliedersingen trifft. Könnte Uli Hoeneß noch einmal 30 sein, allerdings unter der Bedingung, sämtliche Gebrechen des Alters weiterhin mit sich tragen zu müssen – das Resultat wäre Tilman Kuban.

Der junge Uli Hoeneß in alt

Wie Hoeneß interessiert sich auch der neue JU-Schreihals für Steuertricks und Fußball. Im Sportunterricht wurde er immer als Erster gewählt. Nicht aufgrund seiner Fähigkeiten, sondern weil die anderen Kinder Angst vor seinem lauten Organ hatten. Kuban kann nämlich auch sehr laut weinen. Verdingt er sich gerade nicht als Innenverteidiger und leicht zu bestechender Schiedsrichter seines Heimatvereins, so sucht er als Scout des Bundesligisten Hannover 96 nach talentierten Spielern. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Hannover 96 ist in dieser Saison bereits so gut wie abgestiegen.

Tilman Kuban jedoch plant den Aufstieg. Gewaltiger als sein Gebrüll sind nur seine Ziele: So will er sich beispielsweise bedingungslos für die Interessen der jungen Wählerschaft einsetzen und sich auch nicht davon abhalten lassen, dass die #NiemehrCDU gar keine jungen Wähler mehr hat. Der Bundesvorsitzenden seiner Partei, Annegret Kramp-Karrenbauer, drohte er an, die Junge Union werde "sie treiben" (vgl. Gauland, Eberhardt Alexander) und ein unbequemer Begleiter werden, sofern etwa die Unternehmenssteuer nicht reformiert werde – Kuban hat ein Gespür dafür, was die einfachen Leute in diesem Land umtreibt. Und auch sein Vorhaben, Merz als Minister ins Bundeskabinett zu holen, scheiterte bislang einzig und allein daran, dass sich kein Mensch für die Meinung des JU-Vorsitzenden interessiert.

Tilman Kuban ist der natürliche Fressfeind des Wolfes

Noch besser zur JU als die Präsentation seiner Rohrspatzreden passt nur deren Inhalt. Mit tobender Fistelstimme und lichtspiegelnder Stirn verspricht er da schon mal, "bis zur letzten Patrone" zu kämpfen. Denn die Feinde des Konservatismus sind überall: "Toyota-Heinis", kriminelle Clans (ausländische freilich, nicht die Autoindustrie) und der Wolf. Letzteren will Kuban zum Abschuss freigeben, fürchtet er doch, Isegrim könnte ihm eines Tages den Schweinebauch vom Grill schnappen.

Angesichts seines ulkigen Tiradentalents ist es umso bedauerlicher, dass Kuban für die Junge Union kaum Zeit finden wird. Sein aussichtsreicher Listenplatz bringt den Vorzeigedeutschen bei der Europawahl voraussichtlich ins EU-Parlament. Dort wird er dann den gutbezahlten, aber unauffälligen Weg aller Brüsseler Politiker gehen. Dabei hätte man gerne noch viel mehr von ihm gesehen: Wie er schimpft und schreit und spuckt, wie er schwitzt und sich verschluckt, wie ihm bei einem seiner nächsten Anfälle das Gehirn dampfend zu den Ohren herausgeschossen kommt – wir werden es leider nur noch selten erleben.

Cornelius W.M. Oettle

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt