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Slack, Skype und Pornhub: Die Weihnachtsfeier in Corona-Zeiten

Sich mit abgestandenem Glühwein betrinken, beim Wichteln im Kollegenkreis seinen Müll loswerden, mit dem nackten Hintern auf dem Kopierer sitzen – das war einmal. Wegen Corona müssen Unternehmen, Vereine und Verbände lernen, digital zu feiern. Doch wie sehen die Pläne für die Weihnachtsfeier 2020 konkret aus? TITANIC hat nachgefragt.

Polizei

Ständig neue Vorschriften und Bestimmungen machen auch der Polizei Hamburg zu schaffen. Ben, der die Fete für die Ordnungsmacht organisiert, berichtet: "Bisher gab‘s immer eine große Location, da ging voll die Post ab, mit Pfefferspray, Schlagstöcken und Räumpanzer. Aber diesmal geht das natürlich nicht." Deshalb machte er sich auf die Suche nach digitalen Angeboten. Und siehe da: "Die Beamten in anderen Bundesländern haben großartige Ideen", lobt Ben. Anregungen fand er unter anderem in Hessen und Nordrhein-Westfalen. Freudestrahlend verkündet er: "Auf unserer Weihnachtsfeier wird es viele lustige Chats und interessante Abfragen an Polizeicomputern geben – ich freu mich schon!"

Tönnies

Das Unternehmen Tönnies-Fleisch in Rheda-Wiedenbrück hat sich nach eigenen Angaben "etwas ganz Besonderes" für die Mitarbeiter ausgedacht: Sie dürfen sich jeweils zu zehnt vor ein (desinfiziertes!) I-Pad setzen und in einer Videokonferenz an einem Quiz teilnehmen. "Clemens Tönnies höchstpersönlich stellt die Fragen", sagt ein Firmensprecher. Wer zum Beispiel errät, wie viele Subsubsubunternehmen gerade in der Fleischbranche tätig sind, gewinnt einen zwanzigminütigen Sonderurlaub in Gütersloh (via Google Maps). "Und wer beim Quiz am schlechtesten abschneidet, muss zur Strafe ein Spiel von Schalke 04 im Livestream verfolgen", teilt der Sprecher mit.

DFB

Apropos Fußball: "Im vergangenen Jahr war die gesamte Nationalmannschaft bei Oliver Bierhoff zu Gast – zum Glück ist das diesmal nicht möglich", erzählt Bundestrainer Jogi Löw. "Ich lade stattdessen alle Nationalspieler ein, mir den ganzen Abend per Zoom beim Tischkickern zuzuschauen; selbstverständlich werden dabei alle Hygieneregeln eingehalten", versichert Löw. Vor dem Spiel müssen zum Beispiel alle Tischkicker-Figuren einen Corona-Test vorlegen. "Und zwischen die Figuren stelle ich Spuckschutzwände aus Plexiglas auf", sagt der Saubermann. Ebenfalls wichtig: Wer sich während der Partie im Schritt befummeln möchte, muss sich vorher die Hose desinfizieren.

"Bild"-Zeitung

"Bei uns läuft die gesamte Weihnachtsfeier digital über Slack, Skype, Werkenntwen und Pornhub", erzählt "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt. Im Mittelpunkt stehen Online-Escape-Spiele. Verschiedene Teams sollen dabei gemeinsam knifflige Rätsel lösen, zum Beispiel: Zu welcher Hunderasse gehört mein Chef? In einem anderen Spiel müssen die Teilnehmer in die Rolle von Franz Josef Wagner schlüpfen und mit 2,5 Promille innerhalb von fünf Minuten eine neue Kolumne schreiben. "Das wird fantastisch", sagt Reichelt.

CSU

Zum derzeitigen Party-Programm der CSU sagt Parteichef Markus Söder: "Auch die CSU macht eine Videokonferenz. Zu Beginn des Digi-Events – so nennen wir das in Bayern – sage ich ein paar Worte zur Begrüßung. Dann gibt's eine Rede von mir, in der ich auf alles eingehe, was mich derzeit beschäftigt. Anschließend blicke ich auf das Jahr zurück. Danach spreche ich über die Erfolge der CSU in Bayern und im Bund. An dieser Stelle sind 20 Minuten Applaus eingeplant. Und zum krönenden Abschluss berichte ich von meinen persönlichen Erfolgen in diesem Jahr. Hier gibt’s dann 60 Minuten Applaus. Das wird ein grandioser Abend!"

FDP

Für die FDP ändert sich wegen der Corona-Pandemie derweil eher wenig. "Ich habe mich schon vor Wochen selbst ins Borchardt eingeladen – dabei bleibt es", erklärt Christian Lindner. Das Ganze will er dann live auf Tiktok, Snapchat und Elitepartner übertragen. "Dabei verrate ich auch, mit wem ich in den vergangenen Wochen den Tag begonnen habe, hehe …" Doch das Wichtigste auf Weihnachtsfeiern seien für ihn nach wie vor Küsse und Umarmungen. "Und darauf will ich auch in Corona-Zeiten nicht verzichten", lässt das liberale Feierbiest wissen. Deshalb werde er sich den ganzen Abend selbst küssen und umarmen, "und zwar ohne Sicherheitsabstand und Maske".

Dimitri Taube

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg