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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Uncool Germania

Man soll Benjamins Wort von der Katastrophe, die im Immer-so-weiter bestehe, ja nicht totzitieren; aber daß es stimmt, wissen der geschätzte Leser, die geschätzte Leserin ja. Wie lang ist das her, daß Verf. sich zum erstenmal (und schon damals aus hervorragenden Gründen) über das deutsche Berlin- und Hauptstadtgegrunze beschwert hat, und den Stern hat es einmal nicht gekümmert („Die Magie unserer Hauptstadt“, 2011), und jetzt kümmert es ihn wieder nicht: „Berlin, die coolste Hauptstadt der Welt“.

Um Gottes willen.

Daß wir uns verstehen: „Berlin, die coolste Stadt der Welt“ ist zwar auch Quatsch, wäre aber politisch unverdächtig, denn etwas cool oder uncool finden ist ja erst mal nicht verboten. Einen Regierungssitz, und sei’s über den Umweg des Cool, zum Weltmittelpunkt auszurufen ist allerdings ein volkscharakterlicher Defekt, und zwar der zentrale alte jenes „tiefbehinderten Landes“ (Botho Strauß schon 1984), das die Sache mit der Weltgeltung, dem Weltniveau, dem Wesen, an dem zu genesen sei, nicht und nicht aus der Birne kriegt. Der britische Schriftsteller Robert Harris läßt in seinem dystopisch-kontrafaktischen Thriller „Vaterland“ die Hauptfigur März mit seinem Sohn an einer Stadtrundfahrt durch die Reichshauptstadt teilnehmen: „,Nachdem wir den Triumphbogen verlassen haben, kommen wir in das mittlere Stück der Siegesallee. Die Allee wurde von Reichsminister Albert Speer entworfen und 1957 fertiggestellt. Sie ist 123 Meter breit und 5,6 Kilometer lang. Sie ist sowohl breiter als auch zweieinhalbmal länger als die Champs-Elysées in Paris.‘ – Höher, länger, größer, breiter, teurer … Selbst nach dem Sieg, dachte März, hat Deutschland einen Minderwertigkeitskomplex. Nichts stand für sich selbst. Alles mußte mit dem verglichen werden, was das Ausland hat.“ Mit dem Sieg wurde es bekanntermaßen nichts, aber bald war man wieder Exportweltmeister, Fußballweltmeister und Weltmeister im Aufrechnen, Auschwitzbedauern und Israelkritisieren, und Gremlizas Vorschlag, daß die Deutschen, nach allem, was sie mit vereinten Kräften angerichtet hatten, doch einfach mal das Maul halten könnten, blieb natürlich ungehört.

„Wodurch ist Deutschland groß als durch eine bewundernswürdige Volkskultur, die alle Teile des Reiches gleichmäßig durchdrungen hat? ... Gesetzt, wir hätten in Deutschland seit Jahrhunderten nur die beiden Residenzstädte Wien und Berlin oder gar nur eine, da möchte ich doch sehen, wie es um die deutsche Kultur stände.“ Goethe, 1828

Also haben sie jetzt nicht einfach nur eine beliebte, weil u.a. günstige Hauptstadt, sondern die coolste Hauptstadt der Welt, und das alles, während das Land unverdrossen immer uncooler wird: Vom „Discofox-Delirium einer Nation“ sprach, eine sog. Gala des sog. deutschen Comedypreises rezensierend, die SZ, bezugnehmend auf die wahren Worte der Moderatorin Kebekus, die Helene Fischer trefflich als „den Teufel“ ausmalte und die gute Frage stellte: „Wie kommen die jungen Leute darauf, Schlager zu hören? Gibt es keine Drogen mehr?“ Außer Landlust, Funktionskleidung und Fernsehen mit Hel. Fischer?

Und natürlich Berlin, die Welthauptstadt des Supercool, die das liberal verbrämte neugroßdeutsche Spießertum wettmachen soll, welches beim nämlichen Comedypreisabend die als Schauspielerin geführte A. Frier illustrierte, indem sie sich bei ihrem Ehemann fernsehöffentlich so bedankte: „Vielen Dank für den geilen Sex mit dir!“ So furchterregend locker sind die Landsleute nämlich, so zähnefletschend daseinsfroh und immer bereit, sich nicht für den Nabel der Welt zu halten. Aber den allercoolsten, den schönsten, den besten Nabel, den haben sie halt schon.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick