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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Die Reihen fest geschlossen

Jetzt, nach den Septemberwahlen, die umständehalber im März gewesen sind, haben wir ja einen sog. Rechtsruck; aber um die linksliberale Verfaßtheit unseres Staates ist mir nicht bang, solang unsere sich als linksliberal verstehende Tagespresse aus lauter wehrhaften Demokraten besteht.

Der Erlanger „Verein für Sprachpflege e.V“ hat nämlich seine „Sprachwahrer des Jahres“ gekürt, und Marc Felix Serrao hat das, ohne erkennbare Ironie, in seiner Süddeutschen sehr gefreut, dieweil dieser Verein nämlich „wertvolle Arbeit“ leiste: „Platz eins geht an einen Studenten, der trotz angedrohten Notenabzugs auf ,gendersensible’ Sprache verzichtet hat, also Binnen-Is und Gendersterne. Platz zwei geht an den Nigerianer Andrew Onuegbu, der sich bis heute weigert, sein Kieler Lokal ,Zum Mohrenkopf’ umzutaufen. Anders als die meisten autochthonen Experten empfindet er den Begriff ,Mohr’ nicht als rassistisch – was nebenbei die interessante Frage aufwirft, wer eigentlich und mit welcher Legitimation in diesem Land die Grenzen des Sagbaren zieht. Schließlich Platz drei: Sarah Connor. Die Sängerin hat ihr erstes Album auf deutsch veröffentlicht, ,Muttersprache’, was nach ,Sexy as Hell’ und ,Naughty but Nice’ ein echter Stilwechsel ist. Ein mutiger dazu.“ Folgt der erwartbare Verweis auf Connors Hymnenunfall („Brüh im Glanze“ usw.), aber Häme ist nicht angebracht: „Elf Jahre später beweist Sarah Connors Ehrung, daß man Sprache noch so sehr malträtieren, gendern oder korrigieren kann: Wer sich besinnt und wieder gut zu ihr ist, den empfängt sie mit offenen Armen.“ So wie die Volksgemeinschaft eben auch, der sich auch der (hoffentlich nicht allzu artfremde) Serrao mit der Blindheit andient, den Connorschen Stilwechsel für etwas anderes zu halten als bereits eine Reaktion auf die mehr oder mindere fröhliche Faschisierung gerade in der Populärkultur.

„Worte können sein wie winzige Arsendosen: sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“ Klemperer, 1947

Derlei ist ja eben nicht völkische Avantgarde, sondern Mainstream, der mit einem Riefenstahlschen Albumtitel wie „Muttersprache“ bereits bedient sein will. Derselbe Mainstream, der sich von Frauen, Lesben und anderen Juden nicht mehr die Grenze des Sagbaren diktieren lassen mag, und wenn irgendein Kohn sein Lokal gern „Brunnenvergifter“ nennt, dann ist das in einem Land, das die Grenzen des Sag- als auch Machbaren dereinst in unerhörter Weise neu gezogen hat, natürlich Privatsache und jedenfalls beispielhaft.

Ich möchte nicht „IdiotInnen“ schreiben müssen. Das ist aber nicht sowohl ein politischer als ein ästhetischer Vorbehalt, und noch weniger möchte ich von Sprachwahrern belobigt werden, die das unstillbare Ressentiment der Mehrheit gegenüber dem Fremden bedienen. Da lachen mich so überlegene, „moderne Patrioten“ (die SZ neulich) wie der Serrao natürlich aus, aber trotzdem: So fängt das an, genau so. Und wenn es irgendwann wieder einmal soweit gewesen sein wird, machen genau diese Biedermänner große Augen: Gezündelt? Wir? Von dem Aberwitz abgesehen, daß sich ausgerechnet in der Phrasenorgel SZ einer für die malträtierte Muttersprache verwendet: hier bringt sich die Mehrheit in Stellung. Und es ist tatsächlich die Mehrheit, denn die Sprachpreise werden nicht von irgendeiner Jury vergeben, sondern von den Lesern der Vereinszeitung Deutsche Sprachwelt. Und nicht allein im Süden ist man einverstanden: „Ebenfalls ausgezeichnet wurden der Berliner Student Sebastian Zidek – er kämpft gegen Genderwahn – und Sängerin Sarah Connor. Sie begeistert mit deutschen Texten auf ihrem neuen Album“ (shz.de, „Nachrichten aus Schleswig-Holstein und der Welt“).

Und so es des Kieler Gastronomen Onuegbu gutes Recht ist, „Mohr“ für harmlos (oder selbstironisch) zu halten, gibt es eine halbe Million Afrodeutsche, die lieber Menschen als Mohren sind und es vermutlich präferieren, daß Leute wie ich, wenn es schon sonst keiner tut, die Grenze des Sagbaren ziehen, als daß es der nächstbeste „Beistrichjunge“ (Gremliza) tut, der für das legitime Recht der Mehrheit streitet, die Minderheit so zu nennen, wie es der Mehrheit paßt.

Auf gut muttersprachlich: fürs Recht auf Gewalt.




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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg