Inhalt der Printausgabe

Februar 2004


Der Große Verheugen
Die Beitrittsländer im Überblick


Die Osterweiterung der EU - zu Opas Zeiten hieß so was noch "Rußlandfeldzug" - ist so etwas wie das Lebenswerk von EU-Erweiterungskommissar Günther Verheugen. Sein Ziel: Alle Länder, die er kennt, dürfen nach und nach der EU beitreten, außer DomRep, weil sie ihm da mal in einem Straßencafé Falschgeld rausgegeben haben. Und Frankreich, weil die immer Ver'eugen sagen, aber das ist ja schon drin. Den Anfang machen am 1. Mai zehn Staaten aus der näheren Umgebung, darunter einige, von denen bisher kaum einer je gehört hat. Aber, soviel ist klar: Das Europäische Haus gehört seinen Erbauern. Und das wird auch so bleiben: Im Hauptflügel wohnen wir. Aber wissen will man schon, wer da demnächst in den Dienstbotentrakt einzieht! Also haben wir uns einmal die Referenzen angeschaut.

 
Polen
Die europaweite Übernahme der polnischen Methoden der Agrarproduktion könnte zwei große Probleme auf einen Schlag lösen: das der Überproduktion und das der Überbevölkerung. Noch immer ist das Land aber von den Folgen der jahrzehntelangen kommunistischen Mißwirtschaft schwer gezeichnet. Ganz besonders schlimm betroffen ist die polnische Sprache: Viel zu vielen Konsonanten stehen nur ganz wenige Vokale gegenüber, wie etwa in Szczeczin und bei Walbrzych - Worte, die, wenn sie gesprochen werden, bei Nichtpolen leicht den Eindruck erwecken, man beabsichtige sie zu bespucken. Oder bei Grzscrzp - einem Wort, das es im Polnischen zwar vermutlich nicht gibt, aber sehr wohl geben könnte. Eine der wenigen Ausnahmen mit ausgewogener Vokal-Konsonanten-Relation ist urlop = Urlaub, neben "Pause" (poln. urlop), "krank" (poln. urlop) und "Lech Walesa" (poln. urlop) das wichtigste Wort dieser facettenreichen Sprache.
Verlassen können wir uns auf die Armee unseres östlichen Nachbarn, wie deren "Auslandseinsatz" (poln. urlop) im Irak zeigt: Nirgendwo ist die Mobilität der Saddam-Anhänger so stark eingeschränkt wie in der polnisch besetzten Zone, wo schon nach zwei Wochen an sämtlichen Fahrzeugen die Reifen fehlten. Na ja.
 
Ungarn
Eine echte Bereicherung für die EU sind vor allem die Budapester Taxifahrer, die auf dem Weg zum 800 Meter entfernten Hotel fünfmal die Donau überqueren. Und das zum Preis eines einfachen Space-Shuttle-Fluges. Sehr hübsch auch die Damen vor den Hotels. Selbst ein "No, thanks, I'm married!" wird als Vertragsabschluß gewertet.
 
Tschechien
Früher zeichnete sich das Land an der "Moldau" (B. Smetana) durch einen bunten Mix aus: deutsche Gründlichkeit neben jüdischer Kultur und tschechischer Gemietlichkeit. Heute haben sie nur noch die Gemietlichkeit. Aber wenigstens sind die Tschechen gut zu erkennen: Die Männer sehen alle aus wie der brave Soldat Schweijk oder wie Martina Navratilova, die Frauen wie Karel Gott.
 
Slowakei
auch Slowakien; siehe -->Slowenien.
 
Zypern
Keine Ahnung, was man mit den männlichen Bewohnern, den Zyprioten, anfangen soll. Die weiblichen dagegen, die Zypressen, könnten bei uns zur Aufforstung eingesetzt werden. Beim Einpflanzen bitte beachten: Die Haare gehören nach oben!
 
Slowenien
Gehört nach neuesten Forschungsergebnissen doch nicht zu Kärnten/Österreich und damit nicht zu Deutschland. Wieso eigentlich nicht? Siehe auch -->Slowakei.
 
Malta
An Malta sollte man einfach eine Schiffsschraube dran-montieren und es mit EU-Mitteln auf einer südkoreanischen Werft zum Kreuzfahrtschiff umbauen lassen. Vor allem -deutsche Pensionäre werden die Weitläufigkeit der "MS Malta" zu schätzen wissen - dem einzigen Schiff der Welt, auf dem man auf Singvögel schießen und osteuropäisches Personal bei der Schwarzarbeit (poln. urlop) treffen kann.
 
Estland
Die einheimische Bevölkerung ist dafür bekannt, daß sie sich ohne erkennbaren Grund plötzlich unter freiem Himmel zum Absingen der Nationalhymne zusammenrottet. Danach wird das Brot knapp oder es beginnt zu regnen.
 
Lettland
Die Letten behandeln die dort ansässigen Russen so, wie diese früher die Letten behandelt haben. Lichtblick: Einzelnen Exemplaren assimilierter Russen soll es demnächst gestattet werden, einen Letten nach dem Weg oder nach der Uhrzeit zu fragen. Bewähren sie sich, dürfen sie nach einer nur wenige Jahre währenden Übergangszeit vielleicht auch bald wieder eigene Uhren und Stadtpläne besitzen.
 
Litauen
Die litauischen Wodkavorkommen im Schelfgebiet der Ostsee sind die größten Europas. Spitze ist auch die Verbrechensrate. Wer etwas über ein geplantes Verbrechen weiß, kann den Polizeichef der Hauptstadt Vilnius himself anrufen - er sorgt persönlich dafür, daß seine Leute dann gerade woanders zu tun haben. Tröstlich: Sie selbst werden da vermutlich niemals hinkommen. Weniger tröstlich: Ihre Wertsachen schon.


Robert Niemann





Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg