Inhalt der Printausgabe

Dezember 2003


Scharfe Geschenke


Lieber Titanic-Leser,

In der November-Ausgabe haben wir an dieser Stelle unseren Entschluss bekanntgegeben, fortan genauso korrupt zu agieren wie andere Magazine auch. Für die hochwertigen Produkte namhafter Hersteller, die wir uns gewünscht haben (TITANIC 11/2003), versprachen wir ungeniert Propaganda im Heft zu machen, sofern man sie uns nur kostenlos zur Verfügung stellen würde. Zwei Wochen später hat sich diese Entscheidung bereits ausgezahlt.

Martin Sonneborn
Martin Sonneborn
Natürlich erhalten auch wir von TITANIC Gelder, damit Produktnamen entsprechend plaziert werden. So bezahlt uns etwa die Tabakindustrie jeden Monat erhebliche Summen für das unauffällige Einbinden ganzseitiger Zigarettenwerbung. Und um größere Beträge geht es auch jedesmal, wenn wir ohne direkten Auftrag in einer selbstgestalteten Anzeige Markennamen wie Focus, McDonald's, Bundespräsident Rau oder Vodafone öffentlichkeitswirksam präsentieren.

Soeben hat die Firma aixTeMa (Aachen) die Lieferung des DIN-A3 Scanners der Marke Heidelberg-Linotype angekündigt, den sich die Zeichner Greser & Lenz erbeten hatten. Das äußerst unmoralische Versprechen der beiden, im Gegenzug den Firmennamen "preisend und augenfällig" in ihre Zeichnungen zu integrieren und damit "höchste Herrschaftselitekreise zu erreichen", hat offenbar seinen Zweck erfüllt. Auch die PR-Agentur InterAKTIV PLUS (Frankfurt a.M.) freut sich sehr, uns "im Auftrag der Marke TABASCO eine lebenslange Ration Pfeffersauce in Form einer großen Gallon-Flasche (3,8 Liter) anbieten zu können, verbunden mit einigen ausgewählten TABASCO-Spezialitäten: die TABASCO-Pfeffersaucen(der rote Klassiker, die milde grüne Variante und die sehr scharfe Habanero-Sauce, nicht in Deutschland im Handel), TABASCO-Gelee (sehr lecker!), Jelly Bean Bonbons, TABASCO-Lutscher, Cheez-Its Cracker, allerlei TABASCO-Devotionalien wie Poloshirts, Kappen, Tassen, Schürze und obendrauf die neue ›Drinks mit TABASCO‹-Broschüre samt einem wunderschönen Barmixer-Set aus Shaker und Zubehör."
Ein schöner Erfolg, wenn auch der Wert eines Product Placements in TITANIC von der Redaktion offenbar geringfügig höher eingeschätzt wird als von der Firma TABASCO. (Über eine Einladung der Redakteure zum Firmensitz nach Louisiana wird derzeit noch verhandelt.)

Hello Louisiana: TITANIC heißt jetzt TABASCO

Fast noch ein wenig überraschender ist das Angebot von Sascha Dornhoefer, Dipl.-Psych., Research Project Management, Psychology Dept., Cognitive Science Lab, Dresden University of Technology. Für die lobende Erwähnung seiner Homepage verspricht er "die einzige Widmung in meiner in etwa 5 Monaten im Buchhandel erscheinenden Dissertationsschrift ›Veränderungsblindheit in statischer und dynamischer Umgebung‹: Für Martin Sonneborn." Auch wenn das Angebot leicht studentisch-schwammig formuliert ist ("in etwa 5 Monaten..."): man kann es kaum ausschlagen. Tolle Homepage, das: http://www.neuemassenproduktion.de. Und zur Sicherheit noch mal: http://www.neuemassenproduktion.de? Toll!

Herzlichst, Ihr Martin Sonneborn



PS: Selbstverständlich geht die Aktion weiter: Geschenke bitte an die Redaktionsadresse. Wir finden alles super!




Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

 Bild.de!

»Springer hatte im Januar bundesweit für Entsetzen gesorgt«, zwischentiteltest Du mit einem Mal überraschend selbstreferenziell. Und schriebst weiter: »Nach der Enthüllung des Potsdamer ›Remigrations‹-Treffens von AfD-Politikern und Rechtsextremisten postete Springer: ›Wir werden Ausländer zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimnis. Das ist ein Versprechen.‹« Und: »In Jüterbog wetterte Springer jetzt gegen ›dahergelaufene Messermänner‹ und ›Geld für Radwege in Peru‹«.

Dass es in dem Artikel gar nicht um Dich bzw. den hinter Dir stehenden Arschverlag geht, sondern lediglich der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer zitiert wird, fällt da kaum auf!

Zumindest nicht Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg