Inhalt der Printausgabe

November 2002


Briefe von drüben


IMMER WIEDER WORD ES FÜR UNS HIER ZUR BELASTUNG, WENN SATIRISCHE TEXTE ODER IDEEN NICHT AUF EINEN
kleinen Geheimbund von rund 60000 irren Käufern beschränkt bleiben, sondern ihren Weg finden in andere Medien.

Martin Sonneborn, Chefredakteur
Martin Sonneborn,
Chefredakteur
Und obwohl wir nach jahrelangen Beschimpfungen durch Bild-, Zeit- oder Morgenpost-Leser einiges gewöhnt sind, haben uns die Reaktionen auf die Ausgabe des bis dahin seriösen Züricher Magazins Das Magazin, die wir kürzlich inhaltlich zu gestalten hatten, auf das schwerste getroffen:

Ab in den Müll. Ich fühlte mich nicht einmal provoziert!
Christian Sutter


Absolut peinlich, nicht einmal das Papier wert. Deutsche raus, die Schweiz den Schweizern!
Anonym


Hi, ich konsumiere oft und gerne Satire. Satire, die mir paßt und wann ich will. Ihre infantile Nummer ohne Pfiff und Unterhaltungswert hat es mir leichter gemacht, in Zukunft auf den Tagi zu verzichten!
Karl Walter


Sie publizieren Boulevardjournalismus der übelsten Sorte unter dem Deckmantel der Satire.
Mirjam Fackler, Zürich


Humor und Ironie sind bei mir grenzenlos, doch was Sie sich mit der Ausgabe von "Titanic" geleistet haben, ist eine Verarschung der gesamten Leserschaft ohnegleichen. Ich habe in diesem "Misthaufen" nach einer Perle gesucht, aber keine gefunden!
Gusty Hess, Zürich


Wie diese "Satiriker" einfach schamlos alles über den Haufen ziehen!
K. Heusser, Winterthur


Was haben wir - die Leserschaft des "Magazins" - verbrochen, daß Sie uns so verarschen?
Leo Zehnder, Kloten


Blatter nackt
In diesem Magazin stecken 56 Millionen Tote!



Lustig, witzig, ironisch? Dahinter (TITANIC-Anzeige mit Titel 7/2002: "Schrecklicher Verdacht: War Hitler Antisemit?") stecken 6 Millionen von den Deutschen und diesem Mann ermordete Juden. Dazu nochmals über 50 Millionen Tote. Immer noch lustig, witzig, ironisch?
Anonym


Mit solchen Reaktionen war zu rechnen; wir können damit umgehen, seitdem wir das Ritzel an unserem Redaktions-Schredder frisiert haben. Aber es kamen auch Beleidigungen, die Spuren hinterlassen:

Dies ist mein erster Leserbrief, seit es mich gibt (1956). Einfach genial! Die Ausgabe grenzt an die Hochblüte, welche der "Nebelspalter" in der Glanzzeit seiner Existenz hatte…
Dieter Hirt, Langenthal


Am Samstag dieser Frust! Ich bin stinksauer auf die Schnapsidee, Sie haben mir die ganze Woche versaut. Finden Sie es lustig, ein aufgelöstes Kreuzworträtsel zu veröffentlichen?!
Hilde Yip, Bösingen


Am meisten betrübt aber hat uns die Tatsache, daß auch Herr Meier, Pförtner des Tamedia-Verlages, mit in die Sache hineingezogen wurde:

Es gab bis jetzt 7 Anrufe betreffs Magazin, die bis auf einen ein positives Echo ertönen ließen. Es kamen aber viele Leute vorbei, die die 16 aufklappbaren Seiten nicht fanden, wie auf der Frontseite erwähnt. Entweder es war generell nicht drin oder man versteht was anderes darunter. Mit freundlichem Gruß, H. Meier

Falls Sie sich selbst ein Bild machen möchten, gegen Einsendung von 2 Euro in Briefmarken schicken wir Ihnen gerne so einen Misthaufen zu (auf Wunsch ohne Pfiff).

Herzlichst, Ihr Martin Sonneborn





Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg