Humorkritik
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Untoter Kinski

Seit dem vergangenen Jahr wird der Herr Kinski wieder mächtig hofiert. Unbekannte Gedichte kommen als schwergewichtiger Band in die Bücherregale, eine Doppel-CD mit der außergewöhnlichen Lesung "Jesus Christus Erlöser" von 1971 in der Berliner Deutschlandhalle macht die Runde. Auf dem Album hörte ich einen Kinski, der sich die Seele aus dem Leib keift, stinkwütend chargiert und so manchen Zuschauer und eingeschleusten Kirchenherren mit der Peitsche bearbeiten möchte. Irgendwann wurde es dem Schauspieler dann wohl zuviel, und er begann sich mit dem Publikum zu prügeln.
Diese Lesung wurde nun von den Kinski-Erben zur allgemeinen Erheiterung freigegeben. Natürlich stürzten sich sofort einige Plattenaufleger, Alleinunterhalter, DJs und Remixer im Auftrag der Plattenfirma BMG auf das Material, um es angemessen zu verwursteln. Schon die ersten Töne lassen Schreckliches erahnen: Technobrei, angereichert mit willkürlichen Kinski-Zitaten, stellten meine feinnervigen Hörorgane auf eine harte Probe. Ob nun der Kinderschreck Sasha, die lustig benamsten Talla 2XLC, Sleepwalker oder Yanou, jeder versuchte sich an den schnell im Gedächtnis haftenbleibenden Zeilen: "Sorgt zuerst für die Liebe" und "Ich will Euch lebendig machen". Es wurden verschiedene Regler bedient, Keyboards zum Einsatz gebracht und allerhand Hebel für helle und grelle Piepstöne bedient. Kinski hätte die ganze Riege der Leichenfledderer als, ich zitiere, "eitriges, verficktes Gesindel" bezeichnet.
Nach diesem Streß mußte ich mich bei einem guten Buch etwas erholen. Ich griff, wie so oft, zur wohl schönsten Kinski-Parodie, die es seit dem Jahr 1994 gibt. Im leider zu Staub zerfallenen Greizer Verlag "Weißer Stein" erschien als Taschenbuch "Die letzte Stunde des Herrn K." des geschätzten Kollegen Christian Schmidt. Wer das einige Zeilen zuvor beschriebene Album "The Kinski Files" (BMG) besitzt und es mit Hammer und Sichel zerkleinert, bekommt von mir die erwähnte Geschichte als Kopie zur Verfügung gestellt. Frisch-auf, ans Werk!


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