Vom Fachmann für Kenner | August 2013


Netzrundfahrt

Wenn wir unser Bewußtsein erst einmal komplett einloggen können, dann wird die Tourismusbranche Siteseeing-Touren anbieten. Wetten?

Karsten Wollny

Slang

Ein etwas größerer Altersunterschied in einer Paarbeziehung kann reizvoll sein: Man lernt voneinander, der Sprachgebrauch wird spielerisch erweitert. Dabei bleibt das neu Gehörte manchmal im ersten Moment rätselhaft, weil sich die Bedeutung oft erst aus dem Kontext erschließt. Und selbst da nicht immer: Wenn, zum Beispiel, die junge Frau nach dem Sex »Krasse Scheiße« ausruft, kann das sowohl den besten bis zu diesem Zeitpunkt erlebten Geschlechtsverkehr charakterisieren als auch den schlechtesten.

Tibor Goerlich

Opas Weisheit

Lieber Lebertran als Lebertransplantation.

Nils Straatmann

Statt Karten

Skatspieler verwenden gerne die Redewendung: »Jetzt habe ich aber in die Kacke gegriffen«, wenn sie unpassende Karten aufnehmen. Ich fröne diesem schönen Kartenspiel online und suchte, nachdem ich die deutschsprachigen Gegner recht gut im Griff hatte, nach internationalen Meriten. Was mir die Suchmaschine allerdings unter »scat games« anbot, das – na, Sie können es ja selbst einmal ausprobieren. So sprichwörtlich hatte ich jedenfalls noch nie reingegriffen.

Helge Möhn

Beauty-Tip

Mit extrem hohen ISO-Werten fotografiert, verschwinden dank Grobkörnung selbst tiefste Gesichtsfurchen.

Valentin Witt

Am Scheideweg

Ich wollte mir die Komposition eines italienischen Avantgardekomponisten anhören, die Gespielin, als hartgesottener Fußballfan, lieber die englische Premier League im Fernsehen sehen. Sie dann so: »Manchmal muß man sich entscheiden: Scelsi oder Chelsea?«

Ulrich Blumenbach

Positives Denken

Anstatt wohlfeiler Entschuldigungen für die diesen Sommer erneut zu erwartenden Ausfälle von Klimaanlagen sollte die Deutsche Bahn von der IT-Branche lernen. Probleme werden dort, unter dem Motto »It‘s not a bug, it‘s a feature«, als Lösung präsentiert. Das Pendant für die Schiene wäre die »Erlebnisreise zum Klimagipfel«.

Nils Pooker

Aufklärung, mitgehört

»Meine Freundin will im Bett immer so komische Sachen machen. Letztens hat sie sich verkehrtherum auf mich gelegt, so daß sie mit dem Mund und ich mit meiner Zunge…«

»Ja, klar, 69 halt.«

»Ich weiß auch nicht, welche Nummer das hat, auf jeden Fall war’s strange.«

Ingo Krämer

Sichere Bank

NSA ist mir schnurz. Trojaner auch, und Phishing erst recht. Denn beim Blick auf mein Konto denkt jeder Hacker sofort: Da war ich doch schon!

Harald Wurst

Im Straßenverkehr

Er fuhr schon in Schlangenlinien neben mir an die Kreuzung und belohnte sich, nachdem er die Haltelinie nur knapp verfehlt hatte, erst mal mit einen Schluck Bier aus der Pulle. Dann passierte das, was schon vielen alkoholisierten Verkehrsteilnehmern nachts an roten Ampeln passiert ist: Sein Kopf sackte langsam aufs Kinn, und er schlief ein. Ich war beeindruckt, brachte mich aber trotzdem in einen sicheren Abstand. Hinter mir fiel er scheppernd und jaulend mitsamt seinem Fahrrad um.

Volker Surmann

Fröhliche Hundegeschichten (XXIV)

Sigmund Freuds »Bemerkungen zum Reinheitsmotiv im Tierreich« gehören zu einer Reihe von Privatvorlesungen, die der Meisterdetektiv vor einem ausgewählten Kreis von Schülern in der Wiener Bierschenke »Zum räudigen Tschuschen« hielt. Freud geht der Frage nach, warum in beinahe allen Kulturen der Hund als das unreine Tier schlechthin gelte, die Katze jedoch als sauber, sie mancherorts gar in den Stand göttlicher Reinheit gehoben werde. Dabei sei doch jedermann bekannt, daß noch der dickste Hund mit geringer Mühe stubenrein gemacht werden könne, wohingegen Katzen an und für sich ein Kroppzeug seien, rechte Drecksstinker, eine Zumutung für alle Sinne, Mäusekadaver, Geschrei bei Nacht, Katzenherpes etcetera. Während Hunde ihre Ausscheidungen selbständig verscharrten, versuchten Katzen mit ihrem manischen Selbst-Gelecke im Gegenteil ständig schmutzig zu bleiben, nämlich voller Schleim und Sabberbakterien. Immerhin scheine das Unbehagen gegen die »Mistviecher« (Freud) sich auf sprachlicher Ebene Luft zu verschaffen, denn die Katze werde in fast allen Sprachen mit dem weiblichen Genitale assoziiert, als Musch, Muschi, Pussy, pipi de chat oder dänisch katzfotzer. Der Hund hingegen verkörpere nicht nur das stramm Phallische, spornstreichs sich streckende, sondern stehe symbolisch auch für Herzensreinheit, denn so ein liebes Hunderl, mei, das sei doch das Herzigste auf der Welt, besonders, wenn man ihm ein Wurstzipferl gegeben habe. Doch allzuoft gebe es gerade keine Wurst; im Gegenteil erhalte grad der kleinste Hund die meisten Prügel, das sei doch die größte Ungerechtigkeit. Dabei sollen Freud dicke Tränen über die Wangen gerollt sein. Letztlich sei es Penisneid, Penisneid der Katzen auf die Männer, soll der Professor dann noch etwas arg sybillinisch gerufen haben, bevor er auf dem Tresen eingeschlafen sei. Lacan konnte die Situation später glücklicherweise klären.

Leo Fischer

Ordnungssinn

Mittlerweile bin ich daran gewöhnt, von meiner Mutter ständig wegen meines mangelnden Ordnungssinns gerügt zu werden. Aber nach meiner telefonisch geäußerten Auskunft, ich würde gerade Unkraut jäten, gefragt zu werden: »Wo? Draußen?« – das geht dann doch zu weit, finde ich.

Christian Strube

Humorkritik

Den Witzbolden, die immer noch fragen, ob man Elmex oder Aronal benutzen soll, wenn man nach durchzechter Nacht morgens ins Bett geht, sei mal eines zwischen die Zähne geknallt: Es gibt nicht nur Aronal und Elmex – es gibt auch Meridol!

Mark-Stefan Tietze

Kurz gesagt

Nach meiner Augenlaser-Behandlung erwarte ich von meinen Freunden nicht die üblichen Komplimente. Ein einfaches: »Oh, du siehst heute aber gut – !« würde genügen.

Julia Baumann

Touché

Kürzlich in der Service-Hotline eines großen deutschen Elektronikmarktes: Ich rief wegen einer defekten Kaffeemaschine an und wußte mir nach fünfzehn quälenden Minuten im Streit über den Unterschied zwischen gesetzlichem Widerrufsrecht und Gewährleistungsrecht nicht mehr anders zu helfen, als darauf hinzuweisen, daß ich Jurist sei und deshalb Bescheid wisse. Die schlagfertige Antwort des Kundenbetreuers: »Und woher wollen Sie wissen, daß ich nicht auch Jurist bin?« Im nachhinein habe ich mich darüber geärgert: So dreist, wie er zuvor gelogen hatte, hätte ich auch von selbst darauf kommen können!

Sebastian Sobota

Sexual Network

Ich finde, Durex sollte auf virales Marketing verzichten.

Manuela Kaindl

Das Geheimnis des Pergaments

Wenn man wissen will, wie in der Antike Pergamentpapier hergestellt wurde, aber nicht genug Muße für die fünfundvierzigminütige Arte-Doku besitzt, leihe man sich ein etwa sechs Jahre altes Kind, setzte es vor den Fernseher und höre sich die Zusammenfassung an: »Also, ich glaube, das besteht einfach aus ’ner ganz platt gehämmerten Ziege.«

Benjamin Bäder

Mein angeberischster Verleser

Laut Adorno muß man Bach zwar verteidigen gegen seine Liebhaber, die ihn, Bach, mit wütender Emphase verehren als absolute Verkörperung vorindividuellen Seinsglücks, just weil sie selbst nix als postindividuelle dekonturierte arme Würstchen und komplette Esel sind mit ihren albernen Bach-Abenden und kultisch kräuterteefeuchten Kontrapunktgottesdiensten, God fuck them all. Trotzdem las ich auf einer Bahnhofanzeigentafel jüngst überaus erfreut, daß mein Zug »ca. 5 Motetten verspätet« sei, obwohl ich mir grad erstens gar nicht die Motetten, sondern die Missae (BWV 233-236) in Herreweghes absolutem Dirigat frohweinend reinzog und obwohl zweitens die Verspätung – die »sechs großen Motetten« dauern total sechsundsechzig Minuten, ergo eine elf – dann fünfundfünfzig Minuten statt fünf betragen hätte! Haben würde! Die ich kompletter Esel aber eben supergern blöd rumstünd, wennjawenn – da indirekt mein Bach dran schuld wär! Statt der bescheuerten Scheißbahn.

Und wären die Motetten nicht in der Tat ein vorindividuell trost-, ja glückbringendes Zeitmaß? »Ein Spiel dauert 8,18182 Motetten«, »Unsere Jüngste ist ja jetzt auch schon 196457«, »…wurde die im Fall Mollath mitverantwortliche bayerische Justizhexe Merk zu einer Gesamtzuchthausstrafe von 4,38 Tera-Motetten verurteilt« – hört sich das nicht schöner und gerechter an als 624 Jahre? Nein?

Doch.

Thomas Gsella

Gefahrenabwägung

Meine Freundin meinte, sie verstehe gar nicht, wieso in den Nachrichten immer so viel von unbemannten Drohnen die Rede sei: Es sei doch logisch, daß Drohnen nur gefährlich seien, wenn sie unbemannt sind. Bemannte Drohnen wären doch irgendwie schwul und damit aus ihrer Sicht absolut harmlos.

Uwe Geishendorf

Doch Diät?

Blusen, Kleider, Röcke und Dessous: egal. Zugenommen hat man erst, wenn man nicht mehr in seine Socken paßt.

Tanja Schmid

Jungbrunnen

Seit ich relativ spät zu Nachwuchs gekommen bin, höre ich ständig, daß man sich mit Kind auch selber wieder jung fühlen werde. Und was soll ich sagen – es stimmt tatsächlich! Wenn ich morgens in unserem Bad stehe, das aufgrund von Zeitmangel und Erschöpfung seit Wochen nicht geputzt wurde, fühle ich mich wieder wie mit Anfang zwanzig in der Studenten-WG.

Carsten Henkst

Vorfahrt

Diese Radler, die bei Rot niemals anhalten, immer rücksichtslos weiterfahren, sich sogar noch lustig machen über die, die tatsächlich stehenbleiben – wissen die denn nicht, welch ein schlechtes Vorbild sie abgeben? Ist doch klar, daß ich nächstes Mal auch ungebremst durchpresche! Mann!

Tina Manske

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella
04.05.2024 Jena, F-Haus Martin Sonneborn mit Sibylle Berg