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"Der Tod ist nicht das Ende – zumindest nicht für die Immobilien"

In Deutschland vertiefen Erbschaften die Grube zwischen Arm und Reich. Nach einer neuen Studie des DIW geht fast die Hälfte aller Hinterlassenschaften an die wohlhabendsten zehn Prozent. Nachlassexperte Dr. R. Pschleicher verrät im notariell beglaubigten TITANIC-Talk, wie man richtig Anteil nimmt (an Vermögen). 

TITANIC: Herr Doktor Pschleicher, Sie gelten als absoluter Experte in Erbangelegenheiten. 

R. Pschleicher: Ich will hier kein Six-Feet-Understatement betreiben: Ja, ich weiß, wo es in den letzten Dingen langgeht – nach unten, an Seilen hinabgelassen in ein feuchtes Erdloch. Da kommt auch gleich mein erster Tipp: Realistisch bleiben! Man darf sich beim Vermachen nichts vormachen.

Sie haben selbst ein Vermögen geerbt. Erzählen Sie uns etwas darüber.

Seit Tausenden von Jahren wird in meiner Familie zweierlei weitergegeben: enorme Besitztümer und ein hoher Haaransatz. Meinen materiellen Reichtum kann man in direkter Linie bis in die Steinzeit zurückverfolgen. Einer meiner Vorfahren vererbte damals durch ein komplexes Stiftungskonstrukt den Eckzahn eines Säbelzahntigers – alles am Finanzamt vorbei. Daher rührt übrigens ursprünglich der Begriff Stiftzahn. Mit diesem kleinen Wertgegenstand fing alles an und heute bin ich Multimillionärbe. 

Andere stehen da weniger auf der Sonnenseite des Sterbens. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kritisiert, dass Erbschaften die absolute Vermögensungleichheit in Deutschland weiter verschärfen. 

Ach, lassen Sie mich doch in letzter Ruhe mit dieser Klageweiberei! Bei so einem privaten Thema sollten sich Wissenschaft und Politik heraushalten. Wenn ein Angehöriger stirbt, denkt man sich nur: Schmerz, lass nach! Ein Nachlass hilft womöglich dabei. Und hat es nicht auch etwas Tröstliches: Der Tod ist nicht das Ende – zumindest nicht für die Immobilien.

Aber diese Vermögen werden als Schenkungen ja oft schon vor dem Ableben des Familienmitgliedes weitergegeben. 

Das stimmt und macht vieles einfacher. In der Szene sagen wir: Mit dem Blut in den Adern gefrieren auch schnell die Konten. Schenkungen bieten dagegen lebendige Gestaltungsmöglichkeiten. Man kann etwa alle zehn Jahre Freibeträge nutzen, dadurch Steuern sparen und dann bereits Gras über die Sache wachsen lassen, bevor der Angehörige in selbiges beißt.

Forscher schlagen allerdings vor, diese Fristen für Freibeträge abzuschaffen. Und der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert eine stärkere Besteuerung von Betriebsvermögen durch die Erbschaftssteuer. Wäre das nicht gerechter? 

Schauen Sie: Der Tod ist gerecht, er holt alle. Dann darf doch wenigstens das Finanzamt etwas lockerer sein. Und als Vermögender nicht alle Möglichkeiten auszuschöpfen, wäre eine echte Erbsünde! Ich sage immer: Man darf sich nicht durch den Staat am Hinterlassen hindern lassen. (lacht)

Die DIW-Studie zeigt darüber hinaus, dass die regionale Herkunft eine Rolle spielt. Es gibt ein Ost-West-Gefälle. Ist das denn fair?   

Das ist eben das Erbe des Sozialismus. Es ist ja nur logisch: Wird ein Habenichts zum Hattenichts muss man die Hoffnung auf ein gutes Erbe begraben. 

Was wäre dann Ihre Lösung für das Problem der ungleichen Verteilung bei Erbschaften?

Man muss an die Eigenverantwortlichkeit appellieren. Jeder ist für sein eigenes Testament zuständig. Da heißt es: Ärmel hochkrempeln, aktiv werden und versuchen, im nächsten Leben in eine reiche Familie hineingeboren zu werden! Dieser finale Rat soll mein Interview-Vermächtnis sein. 

Dafür sind wir ewig dankbar. Auf Wiedersehen! 

Leben Sie wohl – und sterben Sie wohlhabend!

Jürgen Miedl

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
02.05.2024 Dresden, Schauburg Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
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