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Geschenkeguide für Kurzentschlossene

Oh je, oh je! Da ist es ja schon wieder: Weihnachten. Und? Haben Sie schon alle Geschenke? Nein? Zum Glück gibt es dafür jetzt Abhilfe: Der Endjahresgeschenkservice für Lustlose und Ferzweifelte (ELF) samt Versandservice für Kurzentschlossene hat individuell zugeschnittene Geschenkideen für die ganze Familie parat.

 

Facebook-Fan Tante Frieda

Jeder hat diese Tante, die man nur einmal im Jahr sieht, und zwar zu Weihnachten. Wirklich kennen wir sie alle nur über Facebook, wo sie peinliche Sinnsprüche, verwackelte Digitalkamerafotos und sinnlose Widerspruchserklärungen gegen die neuen Nutzungsbedingungen teilt. Und natürlich aus der Whatsapp-Familiengruppe, in die sie ihre Facebookposts reinkopiert und gelegentlich noch vordesignte Oster- und Neujahrsgrüße in Gimp-2001-Chique hochlädt. Aber was schenkt man der Frau hinter dem Profilbild? ELF weiß weiter: Das analoge Facebooktagebuch hat alles, was das spätdigitalisierte Herz begehrt. Für Leute, die von der blauen Wunderwelt aus "Zu Verschenken"-Gruppen, "Candy Crush"-Highscore-Vergleichen und Flughafen-Standortmarkierungen nicht genug bekommen können, bietet das patentierte Facebooktagebuch die Möglichkeit, privatere Gedanken festzuhalten, die für eine breite Öffentlichkeit aus Arbeitskolleginnen und Lehrern der eigenen Kinder vielleicht ein bisschen zu pikant sind. ROFL! Mit vorformulierten Sätzen garantiert das Tagebuch absolute Facebookatmosphäre. So beginnt jede neue Seite mit "Liebes Tagebuch, heute ist mir wieder was TOTAL Verrücktes passiert …" oder "Hey Schwarmintelligenz! Ratet mal, wer ein kleines Problem hat …". Besonders stolz sind die Entwickler auf die "Ich kenne jemanden, der jemanden kennt"-Seiten, wo die glückliche Beschenkte nicht nur Fotos aller ihrer nahen und entfernteren Freunde und Bekannten einkleben kann, sondern auch gleich vier Seiten Platz hat für VIP-Fotos mit Angelo Kelly und Co. Einfach dufte!

(Gibt es auch im Stayfriends-Design)

Nazi-Neffe Nils

Ja, ja, es ist schon nicht immer einfach mit einem Nazi in der Familie.  Klar, da sind zum einen die etwas unangenehmen Unterhaltungen am Frühstückstisch ("Wo warst du Silvester?") und die glatzköpfigen Freunde, die im Keller den Umsturz des Rechtsstaats planen, aber die wirkliche Herausforderung ist ja die Frage nach dem Weihnachtsgeschenk. Wir alle wollen unserem geliebten Familiennazi eine Freude machen, ohne dabei verfassungsfeindlich zu werden. Worüber freut sich jemand, der gerne Kinder an der Grenze erschießen würde? Was schenkt man einem Hitler-Fan, wenn Dieter Nuhr dieses Jahr kein neues Buch geschrieben hat? "Mein Kampf" hat er ja sicher schon. Die Antwort ist so simpel wie genial: ein vegetarisches Kochbuch. Das verspricht den gewissen Führer-Flair, während es zugleich angenehm unpolitisch ist. Mit Rechten zu kochen ist ja dann doch schöner, als mit Rechten zu reden. Außerdem sind alle Rezepte garantiert saisonal und regional in Deutschland nachzukochen – da freuen sich Blut und Boden

Konsumkritische Cousine Caro

"Tzz! Weihnachten, dieser kapitalistische und konsumverherrlichende Scheiß hat doch nichts mit Nächstenliebe zu tun!" Kommt Ihnen das bekannt vor? Na klar, wenn Sie jemanden unter 25 in der Familie haben. Anstrengend. Aber ein bisschen traurig wäre der Jungspund schon auch, wenn es am Ende gar kein Geschenk gibt. Da kommt man als Angehöriger natürlich schnell in die Bredouille, denn was kaufen für jemanden, der nichts mehr kaufen möchte? Geschenk ja, aber Konsum nein – uff! Leute, die des Strickens nicht mächtig sind, können sich glücklicherweise wie immer auf Jochen Schweizer verlassen, mit dem ELF seit mehreren Jahren eine höchst fruchtbare Zusammenarbeit genießt. Der Jochen-Schweizer-Gutschein für bewussten Diebstahl vereint Aktivismus und Weihnachtsstimmung, wie es sich eine systemkritische Sechzehnjährige nur wünschen kann. In einem ausführlichen Beipack-Leitfaden kann sich die Beschenkte anhand verschiedener Merkmale, die ihre beklaute Kleidungs- oder Kosmetik-Kette erfüllen soll, für ihre perfekte Zielfiliale entscheiden. Zur Auswahl stehen verrückte Konzern-Eigenschaften wie etwa "abgebrannte Fabriken in Bangladesch", "nur offiziell keine Kinderarbeit", "Ölkrisenverursacher", "Betriebsratsverbot für das Verkaufspersonal" oder natürlich "sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz". Ist die Firma ausgewählt, kann auch schon losgeklaut werden. So wird der gemeinsame Einkauf zu einem ganz besonderen Erlebnis, ganz ohne Konsum und mit noch mehr gutem Gewissen. Und das alles für nur 119,99 Euro! (Anwaltskosten nicht enthalten)

Diesel-Daddy Dieter

Oh nein, Dieter ist wieder mit seiner dicken Karre angerollt und hat die Spielstraße zugeparkt!  Aber der Mann, der seinen SUV mit Stickern wie "Diesel und stolz drauf", "Boomer Life" oder "Das einzig Gute an Schweden ist Ikea" schmückt, will auch beschenkt werden. So verlangt es das Gesetz der Straße. Doch es ist schwer zu glauben, dass in so einem verbitterten Kurzarmhemdenträger noch ein Fünkchen Freude steckt. Zum Glück hat ELF auch hier zielgruppenkonforme und lösungsorientierte Analysen angestellt und ist zu einem Ergebnis gekommen, das gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: Mit dem XXL-Matchbox-Auto-Set für frustrierte Ü-50er wird Dieter zurückgeschickt in eine simplere Zeit, wo Mann noch Mann, Frau noch Frau und Auto noch geil war. Wenn die Bescherung klug an den Anfang des Weihnachtsabends gelegt wird, hat der angereiste Autonarr den ganzen Abend ein Funkeln in den Augen – und Zeit, seine neuen Spielautos auszuprobieren, die extra etwas größer sind als Kinderspielzeug, sodass die steifen Raucherfinger sie auch komfortabel bedienen können. ELF empfiehlt, das hauseigene Kombi-Angebot wahrzunehmen, und gleich einen Auto-Spielteppich dazu zu bestellen, damit die Fantasie von den oft etwas schlichteren Gemütern auch ordentlich angeregt wird. Und wenn Dieter mit Brumm-Brumm-Spielen beschäftigt ist, müssen sich die Erwachsenen am Essenstisch nicht das Geschimpfe über Greta Thunberg anhören, sondern können sich wie gewohnt über Ausländer streiten.

Antonia Stille

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg