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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Ein Beitrag zur Moral

Der Unterhaltungskonzern Apple hat im vergangenen Quartal mehr als 18 Milliarden Dollar verdient, wozu der Morgenzeitung immerhin diese eine gescheite Zeile eingefallen ist: „Das ist mehr, als dem deutschen Gesundheits- oder Bildungsministerium in einem ganzen Jahr zur Verfügung steht.“ Alles andere, ich nehme es vorweg, war dann der bewährte freiheitlich-demokratisch kritische Quatsch, in dem’s mal wieder um die unternehmerische „Verantwortung“ ging: „Nun ist es nicht so, daß sich die Technologiekonzerne dieser Verantwortung völlig verweigern würden. Apple versucht, die Arbeitsbedingungen in chinesischen Fabriken zu verbessern; Google investiert in Solarparks; Intel setzt auf Rohstoffe aus dem Kongo, an denen keine Bürgerkriegspartei verdient. Aber die Konzerne tun dies nicht, weil sie menschenwürdige Arbeit, die Schonung der Umwelt oder Frieden für einen Wert an sich erachten. Sie tun es, weil China ein wichtiger Absatzmarkt ist und sie somit dafür sorgen müssen, daß sich die Menschen dort all das glitzernde Technikspielzeug auch leisten können. Sie tun es, weil der Datenaustausch in einer vernetzten Welt viel Strom frißt. Und weil sie verläßliche Rohstoffquellen brauchen. Kurzum: Sie engagieren sich aus strategischem Kalkül, nicht aus einer moralischen und gesellschaftlichen Verantwortung heraus.“

„Ach, der Tugend schöne Werke,/ Gerne möcht ich sie erwischen./ Doch ich merke, doch ich merke,/ Immer kommt mir was dazwischen.“ Wilhelm Busch, 1874

Es hat, so darf man annehmen, die Kollegin viele Jahre Studium gekostet, die zeitgenössische „Wirtschaftswelt“ (Thomas Gsella) derart zu durchschauen, weshalb die Erkenntnisse auch mit einem Gestus vorgetragen werden dürfen, als werde hier das Ei des Kolumbus verspeist, was eine Leserschaft, deren Bedarf an Moral die Einsichtswilligkeit in kapitalistische Axiome jederzeit übersteigt, allemal ästimiert. Deren erstes (und am stursten ignoriertes) ist, daß es sich mit Staat und Wirtschaft eben nicht so verhält, daß die Wirtschaft irgendwie für Staat und Gesellschaft da ist und sich also auch einmal erkenntlich zeigen oder wenigstens Fairneß walten lassen müsse. Umgekehrt ist der (kapitalistische) Staat für die Wirtschaft da, mehr noch, er ist recht eigentlich die Wirtschaft, nämlich das Kapital, das sich seinen Staat hält: die „Diktatur der Bourgeoisie“ (Gremliza). Diese diktatorische Bourgeoisie subventioniert, zum Beispiel, aus Steuermitteln, zu welchen Unternehmensgewinne immer weniger beitragen, eine Handyfabrik, damit Nokia „Arbeitsplätze schafft“, und kaum hat Nokia die Subvention bilanzenfreundlich verfrühstückt, schließt Nokia das Werk wieder, und die Arbeitsplätze gehen zum Teufel, und während sozialliberale Preßbeauftrage jammern, das habe mit Moral nichts mehr zu tun, schreibt eine Frankfurter Angestellte der Bourgeoisie ins bourgeoise Blatt, so gehe nun einmal Marktwirtschaft, und da hat sie freilich recht.

Und rechter jedenfalls als ihre süddeutsche Kollegin. „Müßten die Unternehmen der Gesellschaft, in der sie ihr Geld verdienen, nicht etwas zurückgeben?“ Die beste aller dummen (und verdummenden) Fragen, wo eine kapitalistische Gesellschaft den Unternehmen, die in ihr Geld verdienen, doch nun einmal ausgeliefert ist und wo die Frage doch eigentlich wäre, wie pervers es sei, daß Gesellschaft bei der Ökonomie um Suppe anstehen muß. „Es wäre naiv, darauf zu hoffen, daß die Unternehmen von sich aus jenen gesellschaftlichen Beitrag leisten, den ihre üppigen Gewinne eigentlich erfordern. Man muß ihnen diesen Beitrag abverlangen.“ Was, den von derselben Zeitung erst neulich verteidigten weltweiten Steuerwettbewerb unterstellt, evtl. noch ein Stückchen naiver ist. Wo nicht gar so dämlich wie das Sprüchlein vom kritischen Kunden, vor dem Apple bekanntlich quartalsweise zittert.




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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg