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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Jahrestage

Zum Tatort kehrt der Täter gern zurück, und trotzdem mag er erschrecken, dass das auch schon wieder vier Jahre und ein halbes her ist: dass ich dem ZDF und seiner Moderatorin Slomka applaudierte dafür, den 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald unter fast völliger Auslassung des Adjektivs „deutsch“ begangen zu haben, was auch gar nicht nötig war, denn die „Hölle der Nazi-Barbarei“ und eine hübsch abstrakte „Bestialität“ – Kernfrage: „Wie konnten Menschen das Menschen antun?“ – sorgten dafür, dass es schlimm gewesen war, sehr schlimm, weil Menschen Bestien sind und Barbarei.

Immerhin ist es so, dass mein wöchentliches Wirken mitunter nicht ohne Folgen bleibt und am 1.9.2019 der Nachrichtentext zur 80. Wiederkehr des Beginns des Zweiten Weltkriegs völlig anders ging, nämlich ohne Blendgranaten: Der deutsche Überfall, der deutsche Krieg, das erste deutsche Kriegsverbrechen (nämlich die unbewaffnete Grenzstadt Wiełun in Schutt und Asche zu legen), und déformation professionelle, sofort argwöhnisch zu werden; und nämlich gar nicht für möglich zu halten, dass hier wer was gelernt haben sollte. (Im Journalismus hat es, solange ich ihn beobachte, genau einen Fortschritt gegeben: dass sie kaum mehr „vorprogrammieren“ sagen. Darauf sind sie dann freilich derart stolz, dass sie sofort 1000 neue Dummheiten machen.)

Möglich bleibt es, dass endlich Einsicht waltet; möglich aber auch, dass das öffentlich-rechtliche Nachrichtenfernsehen bloß seinen Bundespräsidenten auf Vergebungstour begleitet hat. Er hat sich entschuldigt, um Verzeihung gebeten, sogar auf polnisch, fair enough; Geld, Reparationen, Entschädigung gibt es weiterhin nicht. Die Bundesregierung steht nämlich auf dem Standpunkt, dieser Drops sei gelutscht, in Polen haben sie immer mal wieder die gegenteilige Ansicht, juristisch sind wohl beide Ansichten vertretbar.

„Nie wieder, nie wieder, nie wieder – bis zum nächsten Mal“ Ulla Meinecke, 1985

Da schadet es nicht, auf ein Konto einzuzahlen, das man hernach belasten kann, ohne dass es zur Belastung wird. „Nie wieder“, das meinen sie natürlich auch, aber wenn sie es ohnehin meinen, können sie es auch auf polnisch sagen, was einen guten Eindruck macht und den Ball, käme er mal wieder diesseits zu liegen, zurückspielte: Da haben wir guten Deutschen uns so schön entschuldigt, und die Polen denken immer nur ans Geld! Sonst, wenn niemand nervt, haben die Nazis, die Nazis und dreimal die Nazis Juden ermordet und Polinnen versklavt und Warschau dem Erdboden gleichgemacht, aber kaum hat man Angst, dass es doch noch teuer werden könnte, gibt man lieber doch zu, was zuzugeben gleich zweimal nichts kostet, denn die Deutschen, die damals alle Nazis waren, sind tot, und die Deutschen, die sich für das Nazisein der Nazis jahrzehntelang kostenlos entschuldigt haben, sind das beliebteste Volk der Welt, und die Deutschen, die heute noch oder wieder Nazis sind, haben endlich wieder eine Massenpartei, die zu wählen den Vorteil hat, dass, wer sie wählt, nur als Protestwähler gilt und nicht als Nazi.

Wir haben den Weltkrieg, wie jeder weiß, ja noch gewonnen, und zwar nicht trotz, sondern wegen der Nazis, deren Verbrechen hierzulande so phantastisch gut und wirkungsvoll aufgearbeitet worden sind. Dass, sind die potentiell heiklen Jahrestage um, wieder von ihnen die Rede sein wird, ist also einfach nur Dankbarkeit.




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Briefe an die Leser

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt