Newsticker

Nur diese Kategorie anzeigen:Gärtners Sonntagsfrühstück Eintrag teilenEintrag per Email versenden Mit Facebook-Freunden teilen Twittern mit Google+ teilen

Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Gute Unterhaltung

Es gibt, meldet die Morgenzeitung, nicht nur zuviel Fernsehkrimi, es gibt auch immer mehr davon, aus der Krimiwelle sei längst ein „Tsunami“ geworden: „Neben dem Tatort, der inzwischen 40 Sonntage jährlich zum Totensonntag macht, hält sich das Erste noch den Donnerstag fix frei für Täter und Opfer. Das ZDF ermittelt samstags, montags und freitags zur Prime Time, sendet morgens alte und dienstagabends neue Folgen der Rosenheim-Cops und hat inzwischen in beinahe jeder mittelgroßen Kleinstadt eine Sonderkommission laufen.“ Die Sender, heißt es weiter, können sich darauf berufen, daß die Leute wirklich soviel Krimi wollen, Nachfrage und Angebot, und da an dieser Stelle keine Zeit für kultursoziologische Doktorarbeiten ist, versuchen wir’s in Kürze: Die Welt ist kriminell, und noch der simpelste Krimi spiegelt das und hebt es, mindestens „für den Moment“ (Claus Kleber), auf, in der Lösung natürlich und/oder im Gag. Der jüngste Tatort aus Münster, eine, wie zu lesen war, stur nach Schema gestrickte Pointenrevue, muß wohl einen Quotenrekord erzielt haben, und wer das deprimierend findet, der kaufe sich Rainer Werner Fassbinders frisch auf DVD renovierte „Familienserie“ von 1972/73, „Acht Stunden sind kein Tag“, in der es, wenn auch partiell etwas hölzern, um so verrückte Sachen wie Solidarität am Arbeitsplatz, fehlende Kindergartenplätze, Mietwucher oder Abhängigkeit in der Ehe geht. Und nicht darum, wer gestern um wieviel Uhr wo gewesen ist.

Was das nun, Szenenwechsel pur, mit dem neunjährigen Gymnasium zu tun hat, das Bayern, nach jahrelangem wutbürgerlichem Gezeter, jetzt re-installiert? Was mit der u.a. in Berliner Grundschulen gepflegten Lernmethode „Schreiben nach Gehör“: „Di foirwer retete eine oile aus dem Stal“, die, Späßchen des Weltgeistes, in der FAZ ein „empörter Gymnasiallehrer“ namens Rainer Werner für Schwachsinn und eine „Zumutung“ hält, vermutlich sogar mit Recht? Was mit der grundschulischen Abschaffung der klassischen Schreibschrift zugunsten einer „Grundschrift“ aus Druckbuchstaben, die, wie die foirwer auch, das Lernen erleichtern soll, zumal ja eh kein Aas mehr mit der Hand schreibt und die „Digitalisierung“ der Schulen allerorts promotet wird? Was mit den ständig wechselnden Säuen, die da durchs Bildungsdorf gejagt werden, ohne daß man dem wirklichen Desiderat, der Schule für alle, die keine Sortiermaschine in höherem (d.i. niederem, d.i. DAX-) Interesse wäre, auch nur ein Schrittchen näher käme? Weil man’s halt auch gar nicht will?  

„Zeichen, Farben, es ist / ein Spiel, ich bin bedenklich, / es möchte nicht enden / gerecht.“ Bobrowski, 1961

Der Krimi, wie er Tag für Tag stumm wegkonsumiert wird, erklärt nichts; täte er’s, würde er nicht als die Maschine zur Komplexitätsreduktion geliebt, die er ist. Er vereinfacht, was sich, ohne zu lügen, nicht vereinfachen läßt. Er verkleistert nicht nur die Wirklichkeit, er verkleistert noch die Fähigkeit, sie zu erkennen. Ähnlich dient das perennierende Bildungsbrimborium der Ablenkung, denn daß Schule, wiederum in aller Kürze, eine fürs Kind – für alle Kinder – und nicht die Konkurrenzinteressen von juste milieu und BDI sein müßte, läßt sich nicht dadurch herbeiflunkern, daß man die Rechtschreibung vereinfacht, das Gymnasium erst verkürzt und dann wieder versoftet oder sonst eins der ewigen „Angebote“ macht, wo das, was wirklich anzubieten wäre, doch vorenthalten wird.

Steil, vulgärdialektisch gedacht? Mag sein. Aber seit Wochen laden im örtlichen Kindergarten die Grundschulen per Aushang zu „Schnuppertagen“ und „Hospitanzen“, und zwar fürs Schuljahr 2018/19, mit Bio-Essen hier und Projekt-Tamtam da, und im Tatort heute abend geht es um Flüchtlinge. Also, nicht eigentlich um Flüchtlinge, denn „der Sonntagabendkrimi ist nun mal ein Unterhaltungsformat“ (SZ). Und die Schule der Leistungsgesellschaft eben nicht.




Eintrag versenden Newstickereintrag versenden…
Felder mit einem * müssen ausgefüllt werden.

optionale Mitteilung an den Empfänger:

E-Mail-Adresse des Absenders*:

E-Mail-Adresse des Empfängers*
(mehrere Adressen durch Semikolon trennen, max. 10):

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt