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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Selbstverständlich

Also, es fängt damit an, daß in Bangladesch Menschen, die für westliche Konsumbürger Kleidung zusammennähen, zu Hunderten verbrennen, weil ihre Arbeit nichts kostet. Dann gibt es einen sog. Aufschrei, im Westen und in Bangladesch. Dann soll alles besser werden. Und dann sind wir westlichen Konsumbürger natürlich überrascht, daß irgendwann in der Zeitung steht, der engagierte deutsche Entwicklungshilfeminister Müller sei mit dem Vorhaben, per „Bündnis für nachhaltige Textilien“ alles besser zu machen, einigermaßen gescheitert: „So gibt es nach einem halben Jahr Vorarbeit eigentlich nur Verlierer. Müller hat ein Bündnis, bei dem kaum einer mitmacht. Für die Textilarbeiter in Bangladesch, Vietnam oder Kambodscha ändert sich nichts. Und jene Unternehmen, die dem Bündnis fernbleiben, müssen sich vorwerfen lassen, aus der Katastrophe in der bangladeschischen Textilfabrik Rana Plaza nichts gelernt zu haben. ,Wir reden hier eigentlich über Selbstverständlichkeiten’, sagt Christiane Schnura, Koordinatorin der Clean Clothes Campaign. ,Es müßte doch selbstverständlich sein, daß eine Näherin von ihrer Arbeit leben kann.’“

„Eigentlich wissen es alle.“ Ja, Panik, 2013

Wo wir schon bei den Selbstverständlichkeiten sind: Es müßte doch selbstverständlich sein zu wissen, daß es einmal einen Weltmarkt gibt und zum anderen eine Näherin, und daß diese gegen jenen nicht die mindeste Chance hat, so ernst es die, die ihr helfen wollen, auch meinen mögen. Denn die Helfer sind zu dritt oder hundert, aber der Weltmarkt ist der Weltmarkt ist der Weltmarkt, und der ist groß und lebt vom Wettbewerb, der immer auch ein Wettbewerb der Lohnkosten ist: „Nach Ansicht von Asia Floor Wage, einem Bündnis asiatischer Gewerkschaften und NGOs, müßte der gesetzliche Mindestlohn in Indonesien verdreifacht, in Kambodscha vervierfacht und in Bangladesch sogar verfünffacht werden. Umgelegt auf ein Kleidungsstück wären selbst dies jedoch nur Mehrkosten von einigen Cent für den Käufer der Produkte.“ Aber Preiswettbewerb ist Preiswettbewerb, das ändert, wenn die Empirie irgendwas besagt, auch der sog. kritische Verbraucher nicht: „Viele Fabriken sind dazu übergegangen, Aufträge selbst wiederum auszulagern, um im harten Preiswettbewerb bestehen zu können … [Es] besteht die große Gefahr, daß die Textilindustrie mit ihren Fabriken weiterzieht, wenn die Kosten für Löhne und Sicherheit in Bangladesch einseitig steigen. In der Branche kursieren Überlegungen, Arbeit nach Afrika auszulagern. Äthiopien hält sich schon bereit.“

Daß also der Weltmarkt irgend etwas aus Katastrophen in Billiglohnländern lerne, können wir ausschließen; was wir hingegen lernen, ist, daß sich Kapitalismus und Ausbeutung nicht trennen lassen, und wer „Ausbeutung“ für einen linken Kampfbegriff hält, der muß sich halt einen anderen, schöneren ausdenken. Es ist nun einmal so: Im Kapitalismus bieten die einen ihre Arbeit an, und die anderen kaufen sie. Solange es mehr Anbieter als Nachfrager gibt, sind die Preise niedrig, nicht nur als Lohn, sondern auch für ein Menschenleben. Es gibt nun aber netto immer mehr Nachfrager als Anbieter, weil der Kapitalismus, zweitens, Besitzer und Nichtbesitzer kennt, und die Nichtbesitzer nur ihre Arbeitskraft zu verkaufen haben. Weil sie nur ihre Arbeitskraft zu verkaufen haben, werden sie (in aller Regel) nicht zu Besitzern und müssen also auch im weiteren ihre Arbeitskraft verkaufen. Das tun sie zu Marktbedingungen, und alles geht von vorne los.

Trotzdem macht Entwicklungshilfeminister Müller Druck, „um kein Jota will er von seinen Plänen ablassen. ,Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Tod durch Chemikalien, das muß aufhören’, sagt er. ,Das ist nicht verhandelbar.’“

Und wird deshalb auch nicht verhandelt.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg