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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Polnische Wirtschaft

Selten genug, daß ein Kommentar in den „Tagesthemen“ etwas Substantielles mitteilt, statt bloß in dümmstem Phrasendeutsch das Allererwartbarste zu stapeln. Aber da Ausnahmen die Regel bestätigen, fiel dem Brüsseler Korrespondenten Krause – auch sonst, soweit ich sehe, keiner der üblichen Verdächtigen – zur polnischen Freiheitsrolle rückwärts der schöne Merksatz ein, Demokratie sei, wenn die Öffentlichkeit stets Bescheid wisse und alles im Rahmen der Verfassung geschehe. Also gehe das, was die polnische Rechts-Regierung gerade veranstalte, gegen den demokratischen Geist Europas usf.

Tatsächlich benahmen sich die Damen und Herren in Warschau bislang lehrbuchhaft, wenn sie sich Angriffe linker ausländischer Volksfeinde auf die nationale Souveränität verbaten und erst einmal die Europafahnen hinterm Pult der Pressekonferenz durch polnische ersetzten; und auch wenn man weiß, wie wenig weit her es diesseits der Oder mit Kontrolle von Macht und Geld (bekanntlich dasselbe) ist, so funktioniert die Herrschaftssicherung durchs gemeinsame Klasseninteresse doch so geräuschlos, daß man Handstreiche wie den polnischen wider die Verfassungsgerichtsbarkeit und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schon aus ästhetischen Gründen für degoutant zu halten geneigt ist.

„Noch ist Polen nicht verloren, / Solange wir leben. / Das, was fremde Übermacht uns raubte, / Werden wir mit dem Schwert wiedergewinnen.“ Józef Wybicki, 1797 

Freilich herrscht die Klasse, um zum Hasen im Pfeffer vorzudringen, in Polen nicht ganz so unumschränkt wie hierzulande und stellte im vergangenen Frühjahr sogar die Welt fest, „daß die polnische Wirtschaft im wesentlichen Werkbank des Westens ist, und zwar gerade Deutschlands. Große Konzerne wie Volkswagen haben Werke in Polen, Automobilzulieferer wie Bosch oder der Chemieriese BASF produzieren ebenfalls. Polen ist einer der größten Standorte für die Fertigung von Kühlschränken und Waschmaschinen. Insgesamt 6000 deutsche Unternehmen sind dort ansässig. So groß ist die Abhängigkeit, daß die polnischen Exporte nach Deutschland stocken, sobald die deutschen Ausfuhren nach China mal nicht so gut laufen.“

Und die Karawane ist im Begriff weiterzuziehen: „Allmählich sind die Löhne so stark gestiegen, daß sich die Verlagerung aus Deutschland kaum noch lohnt. Seit 2000 haben sich die Arbeitskosten in Polen verdoppelt. Sie sind zwar immer noch günstiger als im Durchschnitt der Währungsunion, aber doch deutlich teurer als in Rumänien, Ungarn oder Bulgarien. Arbeitsintensive Fertigungszweige, etwa die Herstellung von Kabelbäumen, sind daher in diese Länder abgewandert.“ Deshalb, so Springers Fazit, müsse sich Polen „neu erfinden“ und nämlich, nachdem 70 Milliarden Euro aus Brüsseler Töpfen ins Land geflossen seien, endlich die nötigen „Reformen“ auf den Weg bringen: „Sowohl die Fluglinie Lot als auch die staatlichen Bergbaugesellschaften schreiben Verluste. ,Doch viele Menschen“, wird der Chef der Deutschen Bank in Polen zitiert, „sind nach den Zeiten des Umbruchs reformmüde und wollen nicht mehr so viele Veränderungen.’“

Und wählen, wo Abhängigkeit besteht und Veränderung als so bedrohlich empfunden wird wie in den wankenden Mittelschichten des Westens auch, dann eben AfD oder das katholische polnische Pendant, und daß die PiS, wie der Demokratiefreund und runde Optimist Krause formulierte, sich die Wahl „erschlichen“ habe, stimmt sowenig, wie daß die AfD-Kundschaft bloß zu Protestzwecken abstimmt. Faschismus – und z.B. das geht in der so vorschriftsmäßig laufenden, prima kontrollierten fdGO regelmäßig unter – ist Kapitalismus, der in der Krise autoritär wird. Im dominanten Westteil von Deutsch-Europa stört es die Mehrheit ja schon, wenn Habenichtse ins Land kommen; und was aber wäre, gehörte die Deutsche Bank den Polen und produzierte ein polnischer Konzern ein paar zehntausend deutsche Arbeitslose, weil Fertigungszweige nach Kambodscha wandern, wäre bloß dann eine schöne Phantasie, wenn’s, nach den Lehren der Geschichte, nicht eine so unschöne wäre.




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Briefe an die Leser

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg