Das singende, klingende Nichts
Vierzehn Variationen über Durs Grünbein von Gerhard Henschel
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Nach dem 11. September indessen ist auch Durs Grünbeins Welt eine andere geworden. "Ich habe den Phantomschmerz bis in die Zähne gespürt", berichtet der Dichter auf der Suhrkamp-Homepage, und auch vom Spiegel hat er sich eine Zeitdiagnose entlocken lassen: "Die anderen Augen, mit denen wir seither Bücher lesen, sind unsere eigenen. Wir selbst sind dieselben als Andere." Aber was bedeutet das für die Biowirtschaft, die doch immerhin eines der Steckenpferde des Dichters ist? Und was lernen wir daraus über die Imagination? Ist nicht im Grunde fast jede Imagination ihrer Herkunft nach zugleich eine Invagination? Nach Grünbein verhält es sich damit folgendermaßen: "Jede Imagination, die ins Unabsehbare reicht, ist ihrer Herkunft nach zugleich eine Invagination - Einstülpung eines Gewebes im Verlauf der Embryogenese (der Physis oder des Denkens), Kräuselung einer eben noch glatten und gespannten Oberfläche, Faltung und Fältelung in immer feineren Graden, infinitesimal." Schon gut. So genau hatten wir es nun auch wieder nicht wissen wollen.

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